Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
OB gibt sich kämpferisch
Streit um Zeppelin-Stiftung prägt die Neujahrsansprache von Andreas Brand im GZH
FRIEDRICHSHAFEN - Mit ihrer jüngsten Millionenklage haben die Herren Albrecht und Frederic von Brandenstein-Zeppelin das Fass für Oberbürgermeister Andreas Brand offenbar endgültig zum Überlaufen gebracht. Drei Tage vor der ersten Gerichtsverhandlung im seit Jahren schwelenden Streit um die ZeppelinStiftung präsentierte sich der OB beim Jahresempfang im GZH im Kampfmodus. Zu Verbalattacken ließ er sich zwar nicht hinreißen, dass es in ihm brodelte, war aber deutlich zu spüren.
„Fehlt Ihnen was in der Rede?“Als Andreas Brand sich im rappelvollen Hugo-Eckener-Saal mit dieser Frage an seine Zuhörer wandte, war ihm natürlich bewusst, dass er dafür Gelächter kassieren würde. Über Klimaschutz hatte er gesprochen, über Mobilität, Wirtschaft und Bildung. Über Sicherheit und übers Klinikum. Über eines allerdings nicht: den Streit um die Zeppelin-Stiftung. Das Thema, das ihn derzeit am meisten beschäftigt, hob sich der OB für den Schluss seiner Rede auf. Wie sehr es ihn aufwühlt, war schon allein daran zu erkennen, dass er lauter und schneller sprach als zuvor.
Dass nach seiner Überzeugung nicht nur der Übergang der ZeppelinStiftung an die Stadt Friedrichshafen im Jahr 1947 rechtens war, sondern auch die Stiftungsmittel seither korrekt und im Sinne des Stiftungsgründers
eingesetzt worden sind, daran hat Andreas Brand in den vergangenen Jahren nie auch nur den geringsten Zweifel aufkommen lassen. Mit öffentlicher Kritik an den Klägern hielt sich der OB bislang aber eher zurück. Am Sonntag nutzte er nun den in Friedrichshafen größtmöglichen öffentlichen Rahmen dafür.
Wobei er manches nicht kommentierte, sondern für sich sprechen ließ – etwa als er aus der jüngsten Pressemitteilung von Albrecht von Brandenstein-Zeppelin zitierte. Darin hatte dieser zu verstehen gegeben, dass sich die Verantwortlichen in Friedrichshafen fragen lassen müssten, wieviele Menschen, die vom Hungerstod
bedroht seien, weltweit mit den Geldern der Zeppelin-Stiftung hätten gerettet werden können. „Ich überlasse es Ihrem Urteil, das einzuordnen“, so der OB, der den Klägern außerdem vorwarf, wiederholt falsche Behauptungen aufgestellt zu haben. Und Brand machte klar, dass sich die Stadt auf keine Vergleichsgespräche einlassen werde – zumal sich die Gegenseite an keine Vergleiche aus der Vergangenheit gebunden fühle. Die Zielvorgabe für die Auseinandersetzung ist klar: Die Zeppelin-Stiftung soll bleiben wo und was sie ist.
Optimistisch zeigte sich das Stadtoberhaupt in Bezug auf die Entwicklung der Stiftungsunternehmen. Zeppelin
profitiere von der sehr guten Baukonjunktur, ZF stelle sich aktiv den Herausforderungen im Wandel der Automobilindustrie – „mit eigener Kraft, mit exzellenten Ideen und Produkten, mit klugen, richtigen und zeitlich guten Zukäufen“, stellte Brand fest. Eine Formulierung, die sich als kleine Spitze in Richtung des ehemaligen ZF-Vorstandsvorsitzenden Stefan Sommer interpretieren lässt. Der musste bekanntlich wegen der von ihm angestrebten Übernahme des Bremsenherstellers Wabco gehen – die sein Nachfolger WolfHenning Scheider wenige Jahre später dann doch noch durchzog.
In Anbetracht der Aktualität und der Bedeutung des Stiftungsstreits bekamen andere Themen in der Neujahrsansprache des Oberbürgermeisters nicht ganz so viel Raum wie es vielleicht ohne diesen Streit der Fall gewesen wäre. Zum Klimaschutz gab Brand die Devise aus, planvoll und nicht in Panik zu handeln – mit einem zusätzlichen Budget von 100 Euro pro Jahr und Einwohner. Zum Thema Mobilität stellte der OB fest, dass der Bau der neuen B 31 im Plan liege, über eine vorzeitige Teilfreigabe im Sommer aber noch nicht entschieden sei. Und auch beim großen Streitthema Liebherr-Erweiterung beziehungsweise Teilrodung des Seewalds steht eine Entscheidung noch aus. Dazu stellte der OB fest, dass es „kein Entweder-Oder zwischen Ökologie und Wirtschaft“geben dürfe. Ziel müsse sein, beides in Einklang zu bringen.