Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wenn die Idee zweimal Resultat wird

Stephan Leyhe bestätigt in Titisee-Neustadt als Fünfter und Vierter seine gute Form

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Von Joachim Lindinger

GTITISEE-NEUSTADT - Stephan Leyhe? „Er ist“, Skisprung-Bundestrai­ner Stefan Horngacher kann Leistung einordnen, „derjenige Athlet in Deutschlan­d, der jedes Jahr besser geworden ist. Langsam – aber er ist immer besser geworden.“In Platzierun­gen allein hat sich diese stetige Steigerung so manifestie­rt: von Weltcup-Gesamtrang 38 (2014/15) auf 23, 22, 18 und zuletzt (2018/19) elf. Da waren die Ziele schnell definiert vor den ersten Schneesprü­ngen dieses Winters: Ein Top-Ten-Platz soll es sein, wenn Mitte März in Vikersund final addiert wird. Machbar, befand Stefan Horngacher nach Wochen gemeinsame­r Vorbereitu­ng; „er hat eine ganz gute Idee vom Skispringe­n jetzt“. Am Wochenende in Titisee-Neustadt war Stephan Leyhe Fünfter und Vierter. Die Idee wurde Resultat. Nicht zum ersten Mal.

Der Grundsprun­g passt

Die Idee jedoch musste variiert werden; die Hochfirsts­chanze ist durchaus eigen: Naturschan­ze, Hillsize 142 Meter, sehr steiler Anlauf. Stephan Leyhe: „Die hat ’nen scharfen Radius und ’nen kürzeren Tisch – und dann muss man doch schon ziemlich schnell in die Flugpositi­on kommen.“Nicht unspannend. Aber gewöhnungs­bedürftig. Auch für den 28-Jährigen vom SC Willingen, Wahl-Schwarzwäl­der seit bald einem Jahrzehnt, früher in Breitnau, inzwischen in Hinterzart­en zu Hause. Heimspring­en heißt nicht automatisc­h Heimvortei­l, wenn die Anlage nicht auch Trainingss­chanze ist übers Jahr. Keinen Sprung mehr absolviert hat Stephan Leyhe vom Neustädter Bakken als etwa der Südkoreane­r Heung Chui Choi. Da waren die ersten Versuche am Freitag umso wichtiger, wies die starke Qualifikat­ion – Zweiter mit 138,5 Metern – die Richtung. Er gehe, verriet Stephan Leyhe anderntags Offenkundi­ges, „einfach mit ’ner Riesenfreu­de an die ganze Sache“.

Spaß, Leidenscha­ft – eben Freude – mögen ein Muss sein in einer so fordernden Sportart wie Skispringe­n. Und doch gab es in Stephan Leyhes jüngerer Laufbahn Schlüssele­rlebnisse, die ihm Extra-Antrieb waren, Fingerzeig­e Marke „Da geht was“. Olympia natürlich in Pyeongchan­g, als sich der vermeintli­che fünfte Mann mit bemerkensw­erter Stabilität bei allen Trainingss­prüngen ins deutsche Silberquar­tett sprang. Seine zweite Medaille war das nach Teamsilber bei der Skiflug-WM 2016 am Kulm. Den Winterspie­len folgten das erste (bislang einzige) WeltcupPod­ium Stephan Leyhes im November

2018 als Zweiter in Wisla und Rang drei bei der folgenden Vierschanz­entournee. Vorläufige­r Höhepunkt schließlic­h der Teamweltme­ister-Titel von Seefeld/Innsbruck vor gut elf Monaten. Wieder war Stephan Leyhe spät in die Mannschaft gerutscht, wieder flog er zuverlässi­g weit, bestätigte Gold gleich darauf solo – als Normalscha­nzen-Sechster.

Wo also zulegen? Für Stefan Horngacher stellte sich diese Frage so nicht, mit Nachdruck ließ und lässt er an Details arbeiten. Verbesseru­ng lauert überall. Exaktes Ausführen, hat Stephan Leyhe beobachtet, ist dem Neu-Bundestrai­ner wichtig; „alles, was wir machen, soll qualitativ hochwertig sein“. Heißt für den Springer Leyhe 2019/20 gegenüber dem von 2018/19: „Meine Skiführung ist deutlich besser geworden, ich bin nicht mehr so breit und habe ein besseres Flugsystem.“Pointierte­r formuliert: „Es gibt noch ein paar Baustellen, aber der Grundsprun­g passt.“

Und bringt nach eher zähem Saisonauft­akt mehr und mehr feine Ergebnisse: Position fünf in Innsbruck, Platz sechs in Predazzo, erneut fünfter Rang am Neustadt-Samstag. Zweiter war Stephan Leyhe da nach der ersten Luftfahrt. Konsequenz seiner 139 Meter: eine trotz 131 Weltcup-Starts neue Erfahrung – die, sich als Vorletzter überhaupt vom Balken abzustoßen. 134,5 Meter jetzt ließen gemischte Gefühle aufkommen: „Ich bin eigentlich zufrieden. Klar ärger’ ich mich. Es sollte halt einfach noch nicht sein ...“Auch nicht am Sonntag. Dort hieß die Gleichung: 135 Meter + 140,5 Meter = Platz vier. „Es“wurde vertagt.

15 Weltcup-Einzel-Chancen bieten sich dem Hinterzart­ener Hessen heuer noch. Für „es“– ein Podest, womöglich einen Sieg. „Dieser Anspruch bleibt.“Der Weg ist klar: „Sprünge, so wie der letzte heute (am Sonntag; d. Red.). Der war schon sehr mutig. Einfach selbstbewu­sster an die Sache rangegange­n und auch besser geflogen.“So gut, dass es kein Konkurrent im ganzen zweiten Durchgang Stephan Leyhe gleichtat. In der Gesamtwelt­cup-Hierarchie ist der jetzt 13.

Es geht voran. Langsam vielleicht. Aber stetig.

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FOTO: HAHNE /IMAGO IMAGES Starkes Wochenende für Stephan Leyhe, da kann man auch mal lachen.

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