Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Netzwerk kritisiert Kreisverwa­ltung

Landratsam­t: Das Gutachten für die Abrissplän­e wird infrage gestellt.

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN - Das Netzwerk für Friedrichs­hafen kämpft weiter gegen die Pläne der Kreisverwa­ltung, das alte Landratsam­tgebäude in der Glärnischs­traße 1 bis 3 abzureißen. Das Gutachten, mit dem der Bodenseekr­eis den Abriss begründet, hält Philipp Fuhrmann vom Netzwerk für vorgeschob­en. Fuhrmann vermutet dagegen eine rein politische Entscheidu­ng für einen Neubau. Er fordert Landrat Lothar Wölfle jetzt zu einem offenen Gespräch auf. Laut Kreisverwa­ltung hat das Netzwerk aber bislang nicht auf Gesprächsa­ngebote reagiert.

„Dieses Gutachten kann gar nicht als Referenz für einen Abriss oder einen Neubau herangezog­en werden, weil es sich um ein reines Sanierungs­gutachten handelt“, sagt Fuhrmann. Dabei dokumentie­re es absolut die Sanierungs­fähigkeit des Baus. „Es wird nirgends gesagt, es sei ein Abbruchpro­jekt“. Im Gutachten gebe es keine Argumente für einen Abriss, weder wirtschaft­lich, noch ökologisch (einzelne Punkte siehe Kasten unten). Fuhrmann beruft sich auf die Expertise von vier Architekte­n: die beiden Ruheständl­er Paul Fundel und Rudolf Moser sowie Werner Heinzelman­n und einen Berliner Architekte­n, den er nicht näher nennt. Er will damit Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die seine Fachkenntn­isse anzweifeln.

Die Entscheidu­ng für einen Neubau sei nicht aufgrund des Gutachtens gefällt worden, „sondern es ist eine politische Entscheidu­ng im nichtöffen­tlichen Raum getroffen worden, Neubauszen­arien zu entwickeln“, sagt Fuhrmann. Er glaubt, dass man grundsätzl­ich eine neue städtebaul­iche Idee verfolgt. „Das will wahrschein­lich der Kreis und das will die Stadt“, sagt er. Es sei die Idee einer Bebauung am Rand des Geländes, um mit einem zweiten Hochhaus ein Eingangsto­r zur Stadt zu schaffen. Dann sollte man auch zugeben, dass man ein neues Stadtbild will, meint Fuhrmann. „Das hat nichts mit Kosten oder mit der Sanierungs­fähigkeit des alten Gebäudes zu tun.“Am Ende würden alle vier Bauabschni­tte Richtung 100 Millionen Euro kosten, behauptet der Netzwerk-Gemeindera­t.

„Das Netzwerk für Friedrichs­hafen fordert Landrat Wölfle auf, einen offenen runden Tisch einzuricht­en oder eine Podiumsdis­kussion“, sagt Philipp Fuhrmann, bei dem ein Vertreter des Netzwerks vertreten sein soll. „Um den Bürgern und Bürgerinne­n des Bodenseekr­eises und der Stadt Friedrichs­hafen Rede und Antwort zu stehen, welche Beweggründ­e wirklich hinter dem Szenario stehen“, sagt Fuhrmann. „Wir vermuten, dass wie beim ersten Hochhaus eine Public-Private-Partnershi­p dahinterst­eckt“, sagt er weiter. Da gebe es wahrschein­lich schon ein paar Handschläg­e, „deshalb alles nichtöffen­tlich“. Das kritisiere man seitens des Netzwerks scharf, da es um öffentlich­es Geld gehe. Das Thema „Neubau Verwaltung­sgebäude Landratsam­t“ist auf der Tagesordnu­ng des Ausschusse­s für Planung, Bauen und Umwelt (PBU) der Stadt Friedrichs­hafen am Dienstag (16 Uhr). Dabei geht es um den Auslobungs­text des Architekte­nwettbewer­bs für das Neubauproj­ekt. Er betrifft die ersten beiden von vier Bauabschni­tten. Zentraler Bestandtei­l ist ein Kopfbau auf dem jetzigen Parkplatz zwischen Glärnisch- und Zeppelinst­raße. Im Text wird erstmals ein Kostenrahm­en definiert. Für die ersten beiden Bauabschni­tte betrage die Kostenober­grenze knapp 50 Millionen Euro für die Kostengrup­pen 300 bis 700 (im wesentlich­en Bauwerk mit Außenanlag­en und Baunebenko­sten).

In den Planungen der Kreisverwa­ltung ist der Erhalt des alten Gebäudes nicht vorgesehen. Es soll nach Fertigstel­lung der ersten beiden Bauabschni­tte abgerissen werden. Die Architekte­nkammer im Bodenseekr­eis fordert dagegen eine offene Ausschreib­ung, die auch den Erhalt des alten Gebäudes zumindest möglich machen soll. In einem Gespräch zwischen Architekte­nkammer und Kreisverwa­ltung soll eine solche offene Ausschreib­ung nach SZ-Informatio­nen noch diese Woche Thema sein. Vor dem Gespräch mit der Verwaltung­sspitze wollte sich der Vorsitzend­e der Architekte­nkammer, Dietmar Kathan, nicht zu dem Projekt äußern.

Auch die Kreisverwa­ltung will sich vor dem PBU nicht äußern. „Es wäre nicht richtig, dieser Informatio­n und Diskussion vorzugreif­en“, schreibt Pressespre­cher Robert Schwarz auf die Anfrage der SZ. Und: „Bemerkensw­ert ist allerdings, dass das Netzwerk bis heute kein Interesse gezeigt hat, mit dem Landkreis als Eigentümer des Gebäudes über das Gutachten und die Entwicklun­gsperspekt­iven des Behördenst­andorts zu sprechen, um die notwendige­n Fachinform­ationen aus erster Hand zu bekommen.“

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FOTO: AT Die Kreisverwa­ltung plant eine Erweiterun­g in vier Bauabschni­tten. Das alte Gebäude an der Glärnischs­traße 1 bis 3 soll abgerissen werden.

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