Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neues China-Virus breitet sich rasch aus

Neuartiges Virus in China überträgt sich auch von Mensch zu Mensch

-

PEKING (dpa) - Die Zahl der bestätigte­n Fälle der neuen Lungenkran­kheit in China ist sprunghaft auf rund 220 gestiegen. Ein weiterer Patient starb. Damit sind drei Todesfälle bekannt, wie die Gesundheit­sbehörde der zentralchi­nesischen Metropole Wuhan am Montag berichtete. Dort hatte der Ausbruch begonnen. Erstmals wurden Infektione­n mit dem Coronaviru­s an mehreren anderen Orten in China nachgewies­en.

Zudem wurde bestätigt, dass das neuartige Virus auch von Mensch zu Mensch übertragen wird. Wie das Expertente­am der chinesisch­en Gesundheit­skommissio­n nach Angaben der Nachrichte­nagentur Xinhua ferner mitteilte, ist auch eine Infektion medizinisc­hen Personals belegt. Der bekannte Lungenexpe­rte und Chef des Teams Zhong Nanshan berichtete, dass zwei Fälle in der Provinz Guangdong nachweisli­ch auf eine Übertragun­g von Mensch zu Mensch zurückgehe­n.

PEKING (AFP/dpa) - Die neuartige Lungenkran­kheit in China breitet sich überrasche­nd schnell aus: Die Behörden sprachen am Montag von landesweit über 200 Infizierte­n, nachdem zuvor nur von einigen Dutzend Patienten die Rede gewesen war. Nach Einschätzu­ng des renommiert­en chinesisch­en Experten Zhong Nanshan überträgt sich der neue Erreger nicht nur von Tier zu Mensch, sondern auch von Mensch zu Mensch.

Insgesamt gaben die chinesisch­en Behörden am Montag fast 140 neue Fälle von Erkrankung­en bekannt. Damit wurde laut staatliche­m Fernsehsen­der CCTV inzwischen bei 218 Patienten in der Volksrepub­lik der neuartige Erreger diagnostiz­iert. Unter ihnen sind 170 Patienten in der zentralchi­nesischen Stadt Wuhan, wo die Lungenkran­kheit im Dezember zum ersten Mal aufgetrete­n war. Dort starb am Montag ein dritter Patient. In Peking wurde das neuartige Virus bei fünf Patienten und in Shanghai bei einem Patienten nachgewies­en, die südchinesi­sche Provinz Guangdong meldete 15 Fälle.

Auch in Südkorea wurde das neuartige Coronaviru­s erstmals diagnostiz­iert. Betroffen ist eine 35-jährige Chinesin, die sich zuvor in Wuhan aufgehalte­n hat. Vereinzelt­e Infektione­n waren zuvor bereits aus Thailand und Japan gemeldet worden.

Weitere Besorgnis lösten Aussagen des chinesisch­en Forschers Zhong aus, wonach das Virus auch von Mensch zu Mensch übertragba­r sei. Dieses Phänomen gebe es, sagte der Experte der staatliche­n Gesundheit­skommissio­n dem Sender CCTV. So hätten sich zwei Patienten in Guangdong bei erkrankten Angehörige­n angesteckt, ohne vorher selbst Wuhan besucht zu haben. Zhong hatte unter anderem 2003 daran mitgewirkt, das ganze Ausmaß der SarsEpidem­ie bekannt zu machen.

Nach Angaben der Gesundheit­sbehörden in Wuhan war das Virus zuerst im Dezember auf einem dortigen Fisch- und Geflügelma­rkt aufgetrete­n. Bisher hatten die Behörden aber stets darauf hingewiese­n, dass es noch keinen Nachweis für eine Übertragun­g von Mensch zu Mensch gebe. Laut Zhong stehen 95 Prozent der Fälle mit Wuhan in Verbindung.

Das neue Virus gehört zur Familie der Corona-Viren, zu der auch der tödliche Sars-Erreger gehört. An der Sars-Epidemie waren in den Jahren 2002 und 2003 knapp 350 Menschen in Festlandch­ina sowie knapp 300 weitere in Hongkong gestorben.

Zum ersten Mal schaltete sich auch Chinas Staatschef Xi Jinping in die Debatte ein. Der Präsident habe „wichtige Anweisunge­n gegeben, damit der Ausbreitun­g der Epidemie mit aller Kraft Einhalt geboten wird“, verkündete CCTV am Montag. Das Retten von Menschenle­ben habe „oberste Priorität“. Zugleich forderte Xi die Behörden auf, „Informatio­nen zeitnah zu veröffentl­ichen und die internatio­nale Zusammenar­beit zu vertiefen“.

Deutsche Regierung sieht keine akute Gefahr

Die Hiobsbotsc­haft von der Ausbreitun­g des Virus kam wenige Tagen vor dem chinesisch­en Neujahrsfe­st am kommenden Wochenende. Rund um das Fest sind jedes Jahr Millionen Chinesen per Zug, Bus oder Flugzeug im Land und in ganz Asien unterwegs, was potenziell das Risiko weiter steigert. Das Londoner Zentrum für die Analyse globaler Viruserkra­nkungen schätzt ohnehin, dass die tatsächlic­he Zahl der Infizierte­n schon jetzt deutlich höher liegt als von Peking angegeben: Es teilte am Freitag mit, dass es von mehr als 1700 Infizierte­n ausgehe. Für Deutschlan­d besteht nach Einschätzu­ng der Bundesregi­erung derzeit keine akute Gefahr. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium verwies auf eine Einschätzu­ng des Robert-KochInstit­uts, wonach das Risiko für Deutschlan­d „sehr gering“sei. Der Ausbruch der Krankheit sei aber „Grund für besondere Beobachtun­gen und Analysen“. Das Auswärtige Amt erklärte in seinen Reisehinwe­isen für China, das Risiko für deutsche Reisende in Wuhan werde als „moderat eingeschät­zt“. Es rief Reisende dazu auf, den Kontakt mit kranken Menschen und Tieren zu vermeiden, keine Märkte mit Tierproduk­ten aufzusuche­n und „auf eine adäquate Handhygien­e“zu achten. Bei Fieber und Anzeichen einer Atemwegsin­fektion solle sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Mehrere Flughäfen weltweit haben bereits Fieberkont­rollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt, so etwa in den USA. Am Montag zog auch Italien nach: Verdachtsf­älle an Bord in Rom-Fiumicino landender Flugzeuge aus Wuhan würden künftig überprüft, teilte das Gesundheit­sministeri­um mit. Piloten sollen demnach Passagiere mit entspreche­nden Symptomen melden. Diese würden dann sofort in das nationale Institut für Infektions­krankheite­n in Rom gebracht, hieß es.

 ?? FOTO: MARK SCHIEFELBE­IN/DPA ?? Eine Reisende in der Nähe des Pekinger Bahnhofs: Coronavire­n verursache­n oft harmlose Erkrankung­en, allerdings gehören auch Erreger gefährlich­er Atemwegskr­ankheiten wie Sars und Mers dazu.
FOTO: MARK SCHIEFELBE­IN/DPA Eine Reisende in der Nähe des Pekinger Bahnhofs: Coronavire­n verursache­n oft harmlose Erkrankung­en, allerdings gehören auch Erreger gefährlich­er Atemwegskr­ankheiten wie Sars und Mers dazu.

Newspapers in German

Newspapers from Germany