Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
IWF rechnet mit Erholung
Klimaexperte fordert Davos-Teilnehmer zum Handeln auf
DAVOS (dpa) - Vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos haben Wissenschaftler alle Politiker und Wirtschaftsbosse aufgerufen, wissenschaftliche Fakten zum Klimawandel in den Mittelpunkt ihres Handelns zu stellen. „Wir riskieren eine Destabilisierung des Planeten“, sagte Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung am Montag in Davos. Klimaschädliche Emissionen müssten dringend halbiert werden. „Die Wissenschaft zeigt, dass wir vor einem planetaren Notstand stehen.“
Nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird die Weltwirtschaft im laufenden Jahr etwas an Schwung gewinnen. Die Experten bleiben grundsätzlich optimistisch, wenngleich sie ein wenig vorsichtiger sind als bislang. „Wir sehen ein gemäßigt beschleunigtes Wachstum“, erklärte IWF-Direktorin Kristalina Georgieva am Montag in Davos.
DAVOS - Während der Internationale Währungsfonds (IWF) Anzeichen einer Stabilisierung und leichten Besserung der weltwirtschaftlichen Lage sieht, blickt die Mehrheit der Vorstandsvorsitzenden großer Unternehmen pessimistisch auf das neue Jahr. Dieser Widerspruch durchzieht die ökonomischen Analysen zu Beginn des Weltwirtschaftsforums von Davos, dessen Diskussionsprogramm am Dienstag startet.
Nach Schätzungen des IWF soll die globale Wirtschaftsleistung 2020 um 3,3 Prozent wachsen, 2021 um 3,4 Prozent, sagte Chefökonomin Gita Gopinath am Montag in Davos. Das wäre deutlich mehr als die 2,9 Prozent des vergangenen Jahres – allerdings etwas weniger als in der zurückliegenden Schätzung des Fonds.
Auch das gemeinsame Wachstum der Eurostaaten werde sich in den kommenden Jahren gegenüber 2019 etwas beschleunigen. Für Deutschland rechnet der Fonds mit einer Zunahme des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 und 1,4 Prozent in 2020 und 2021.
Möglicherweise habe die Weltwirtschaft ihre Talsohle durchschritten und eine Stabilisierung zeichne sich ab, meint der IWF. Positiv mache sich bemerkbar, dass die Regierungen der USA und Chinas an einer Verständigung im Handelsstreit arbeiteten. Außerdem seien die Aussichten gestiegen, dass es nicht zu einem Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Vertrag komme. Als potenzielle Risiken sieht der Fonds dagegen die militärischen Spannungen zwischen USA und Iran, sowie unter anderem den ungelösten Handelskonflikt zwischen USA und Europa.
Um auf einen ruhigeren Weg zu kommen, rät der IWF zu einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit. Ohne diese lasse sich auch der Übergang zu einer Kohlendioxid-freien Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnten nur schwerer bewältigen.
Eine etwas skeptischere Einschätzung der globalen Wirtschaftsaussichten vermittelte dagegen die traditionelle Befragung von Firmenvorständen, die die Unternehmensberatung PWC am Montagabend in Davos veröffentlichte. Sie beruht auf den Aussagen von 1581 Topmanagern aus 83 Ländern. Demnach rechnen 53 Prozent der befragten Vorstände mit einem „Rückgang des Weltwirtschaftswachstum in den kommenden zwölf Monaten“. Nur 22 Prozent nehmen an, dass die globale Ökonomie stärker wächst als bisher. Deutsche Manager sind zu 68 Prozent skeptisch für die Weltwirtschaft und zu 20 Prozent optimistisch.
Auch in Bezug auf das eigene Unternehmen glauben nur 20 Prozent der deutschen Vorstände an nennenswertes Wachstum in diesem Jahr. 31 Prozent vermuten aber, dass es in den kommenden drei Jahren besser läuft. Handelskonflikte und ungeklärte Fragen rund um den Brexit bergen Unsicherheiten, die direkte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben“, sagte Ulrich Störk, Sprecher der Geschäftsführung von PWC Deutschland. „Viele Unternehmen stecken in großen Transformationsprojekten, die erst mittel- oder langfristig gewinnbringend sein werden.“
Sorgen machen sich deutsche Firmenvorstände vor allem über Handelskonflikte, Cyber-Attacken, Überregulierung und Protektionismus. Besonders zugenommen hat laut PWC die Sorge vor den Auswirkungen des Klimawandels: „78 Prozent der deutschen Unternehmenslenker stuften diese Themen als besorgniserregend ein (Vorjahr: 47 Prozent)“.
Außerdem fragte PWC nach dem Stand der Digitalisierung in den Unternehmen. 59 Prozent der Manager beurteilten „digitale Qualifizierungsprogramme“im eigenen Unternehmen als nur „mäßig effektiv“. 27 Prozent hielten sie dagegen für „sehr effektiv“. Die größten Herausforderungen in der digitalen Fortbildung seien „mangelnde Ressourcen“, beispielsweise bei Budget, Personal, Zeit und Fachwissen. Das Ausland sehe Deutschland weiterhin als den drittwichtigsten Wachstumstreiber weltweit, so die Beratungsfirma. Nur die USA und China würden von den Firmenlenkern als noch wichtiger betrachtet.