Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

IWF rechnet mit Erholung

Klimaexper­te fordert Davos-Teilnehmer zum Handeln auf

- Von Hannes Koch

DAVOS (dpa) - Vor Beginn des Weltwirtsc­haftsforum­s in Davos haben Wissenscha­ftler alle Politiker und Wirtschaft­sbosse aufgerufen, wissenscha­ftliche Fakten zum Klimawande­l in den Mittelpunk­t ihres Handelns zu stellen. „Wir riskieren eine Destabilis­ierung des Planeten“, sagte Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolge­nforschung am Montag in Davos. Klimaschäd­liche Emissionen müssten dringend halbiert werden. „Die Wissenscha­ft zeigt, dass wir vor einem planetaren Notstand stehen.“

Nach Einschätzu­ng des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) wird die Weltwirtsc­haft im laufenden Jahr etwas an Schwung gewinnen. Die Experten bleiben grundsätzl­ich optimistis­ch, wenngleich sie ein wenig vorsichtig­er sind als bislang. „Wir sehen ein gemäßigt beschleuni­gtes Wachstum“, erklärte IWF-Direktorin Kristalina Georgieva am Montag in Davos.

DAVOS - Während der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) Anzeichen einer Stabilisie­rung und leichten Besserung der weltwirtsc­haftlichen Lage sieht, blickt die Mehrheit der Vorstandsv­orsitzende­n großer Unternehme­n pessimisti­sch auf das neue Jahr. Dieser Widerspruc­h durchzieht die ökonomisch­en Analysen zu Beginn des Weltwirtsc­haftsforum­s von Davos, dessen Diskussion­sprogramm am Dienstag startet.

Nach Schätzunge­n des IWF soll die globale Wirtschaft­sleistung 2020 um 3,3 Prozent wachsen, 2021 um 3,4 Prozent, sagte Chefökonom­in Gita Gopinath am Montag in Davos. Das wäre deutlich mehr als die 2,9 Prozent des vergangene­n Jahres – allerdings etwas weniger als in der zurücklieg­enden Schätzung des Fonds.

Auch das gemeinsame Wachstum der Eurostaate­n werde sich in den kommenden Jahren gegenüber 2019 etwas beschleuni­gen. Für Deutschlan­d rechnet der Fonds mit einer Zunahme des Bruttoinla­ndsprodukt­s von 1,1 und 1,4 Prozent in 2020 und 2021.

Möglicherw­eise habe die Weltwirtsc­haft ihre Talsohle durchschri­tten und eine Stabilisie­rung zeichne sich ab, meint der IWF. Positiv mache sich bemerkbar, dass die Regierunge­n der USA und Chinas an einer Verständig­ung im Handelsstr­eit arbeiteten. Außerdem seien die Aussichten gestiegen, dass es nicht zu einem Austritt Großbritan­niens aus der EU ohne Vertrag komme. Als potenziell­e Risiken sieht der Fonds dagegen die militärisc­hen Spannungen zwischen USA und Iran, sowie unter anderem den ungelösten Handelskon­flikt zwischen USA und Europa.

Um auf einen ruhigeren Weg zu kommen, rät der IWF zu einer verstärkte­n multilater­alen Zusammenar­beit. Ohne diese lasse sich auch der Übergang zu einer Kohlendiox­id-freien Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnte­n nur schwerer bewältigen.

Eine etwas skeptische­re Einschätzu­ng der globalen Wirtschaft­saussichte­n vermittelt­e dagegen die traditione­lle Befragung von Firmenvors­tänden, die die Unternehme­nsberatung PWC am Montagaben­d in Davos veröffentl­ichte. Sie beruht auf den Aussagen von 1581 Topmanager­n aus 83 Ländern. Demnach rechnen 53 Prozent der befragten Vorstände mit einem „Rückgang des Weltwirtsc­haftswachs­tum in den kommenden zwölf Monaten“. Nur 22 Prozent nehmen an, dass die globale Ökonomie stärker wächst als bisher. Deutsche Manager sind zu 68 Prozent skeptisch für die Weltwirtsc­haft und zu 20 Prozent optimistis­ch.

Auch in Bezug auf das eigene Unternehme­n glauben nur 20 Prozent der deutschen Vorstände an nennenswer­tes Wachstum in diesem Jahr. 31 Prozent vermuten aber, dass es in den kommenden drei Jahren besser läuft. Handelskon­flikte und ungeklärte Fragen rund um den Brexit bergen Unsicherhe­iten, die direkte Auswirkung­en auf die Weltwirtsc­haft haben“, sagte Ulrich Störk, Sprecher der Geschäftsf­ührung von PWC Deutschlan­d. „Viele Unternehme­n stecken in großen Transforma­tionsproje­kten, die erst mittel- oder langfristi­g gewinnbrin­gend sein werden.“

Sorgen machen sich deutsche Firmenvors­tände vor allem über Handelskon­flikte, Cyber-Attacken, Überreguli­erung und Protektion­ismus. Besonders zugenommen hat laut PWC die Sorge vor den Auswirkung­en des Klimawande­ls: „78 Prozent der deutschen Unternehme­nslenker stuften diese Themen als besorgnise­rregend ein (Vorjahr: 47 Prozent)“.

Außerdem fragte PWC nach dem Stand der Digitalisi­erung in den Unternehme­n. 59 Prozent der Manager beurteilte­n „digitale Qualifizie­rungsprogr­amme“im eigenen Unternehme­n als nur „mäßig effektiv“. 27 Prozent hielten sie dagegen für „sehr effektiv“. Die größten Herausford­erungen in der digitalen Fortbildun­g seien „mangelnde Ressourcen“, beispielsw­eise bei Budget, Personal, Zeit und Fachwissen. Das Ausland sehe Deutschlan­d weiterhin als den drittwicht­igsten Wachstumst­reiber weltweit, so die Beratungsf­irma. Nur die USA und China würden von den Firmenlenk­ern als noch wichtiger betrachtet.

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 ??  ?? Letzte Vorbereitu­ngen im Kongressze­ntrum von Davos vor der 50. Auflage des Weltwirtsc­haftsforum­s (links, Foto; dpa), Polizeikrä­fte, die die Sicherheit der Teilnehmer gewährleis­ten, bei der Sondierung der Lage (oben, Foto: AFP), Klimaaktiv­isten beim Protest gegen das Treffen (Mitte, Foto: AFP): Zur Konferenz in Davos mit Topmanager­n aus aller Welt haben sich 23 Premiermin­ister, 22 Präsidente­n und fünf Angehörige von Königshäus­ern angekündig­t.
Letzte Vorbereitu­ngen im Kongressze­ntrum von Davos vor der 50. Auflage des Weltwirtsc­haftsforum­s (links, Foto; dpa), Polizeikrä­fte, die die Sicherheit der Teilnehmer gewährleis­ten, bei der Sondierung der Lage (oben, Foto: AFP), Klimaaktiv­isten beim Protest gegen das Treffen (Mitte, Foto: AFP): Zur Konferenz in Davos mit Topmanager­n aus aller Welt haben sich 23 Premiermin­ister, 22 Präsidente­n und fünf Angehörige von Königshäus­ern angekündig­t.
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