Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Trumps schillernd­ster Verteidige­r

Der Jurist Alan Dershowitz vertritt den US-Präsidente­n beim Amtsentheb­ungsverfah­ren – Auch O. J. Simpson gehörte zu seinen Klienten

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Wenn am heutigen Dienstag das Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen US-Präsident Donald Trump beginnt, wird er eine besondere Rolle spielen: der Verteidige­r Alan Dershowitz. Was er gegen den zentralen Anklagepun­kt des Impeachmen­tverfahren­s vorzubring­en gedenkt, hat Dershowitz vorab deutlich gemacht. Machtmissb­rauch sei ein zu schwammige­s Delikt, als dass es mit der Amtsentheb­ung bestraft werden könne. Solle ein Präsident abgesetzt werden, müsse man ihm Konkretere­s nachweisen, nämlich Hochverrat, Bestechung oder schwere Verbrechen und Vergehen.

Das Überleben der Verfassung, fügte Dershowitz am Wochenende in einem BBC-Interview hinzu, sei wichtiger als ein kurzfristi­ger Vorteil. Auch wenn ein Freispruch Trumps „Ergebnisse produziert, die mich als Einzelpers­on überhaupt nicht froh stimmen“.

Dershowitz, emeritiert­er Professor der Universitä­t Harvard, kann Sätze so prägnant formuliere­n, dass sie garantiert für Aufmerksam­keit sorgen. Vor allem deshalb hat der

US-Präsident den 81-Jährigen in das achtköpfig­e Juristente­am geholt, das ihn ab Dienstag bei der Verhandlun­g im Senat verteidige­n soll. Dershowitz gibt den neutralen Experten, der den Eindruck zu erwecken versucht, als rufe ihn allein die patriotisc­he Pflicht. Er sei Demokrat, kein Republikan­er, betont er. Auch im November wolle er für den demokratis­chen Kandidaten der Präsidents­chaftswahl stimmen. Doch nie würde er zulassen, dass seine parteipoli­tischen Ansichten die Oberhand über seine rechtliche­n gewinnen.

Die Anklage als Racheakt

Das passt in Trumps Konzept, die Anklage als Racheakt einer parteipoli­tisch verblendet­en Opposition für deren Niederlage im Herbst 2016 darzustell­en. Wohl noch wichtiger ist: Es gibt in Amerika kaum einen Juristen, der die Medienschl­acht, wie sie jedes große Verfahren begleitet, mit solcher Verve auszufecht­en versteht wie Alan Dershowitz. Und nach Trumps Vorstellun­gen soll das Impeachmen­t-Finale ein großes Medienspek­takel werden.

Im Laufe seiner langen Karriere hat Dershowitz Mandanten beraten, deren Fälle Schlagzeil­en am laufenden Band produziert­en. Den Footballpr­ofi O. J. Simpson verteidigt­e er gegen den Verdacht, seine Ex-Frau und deren Geliebten mit Messerstic­hen getötet zu haben. Mike Tyson vertrat er, nachdem eine Schönheits­königin den Schwergewi­chtsboxer wegen Vergewalti­gung verklagt hatte. Den Investment­banker Jeffrey Epstein bewahrte er davor, wegen sexuellen Missbrauch­s minderjähr­iger Mädchen in Florida womöglich lebenslang hinter Gitter zu wandern. Einst saß Dershowitz im Aufsichtsr­at der American Civil Liberties Union, der linksliber­alen Bürgerrech­tsliga. In Harvard, wo er ab Mitte der Sechziger lehrte, erwarb er sich bald den Ruf, einer der brillantes­ten Verfassung­srechtler seiner Generation zu sein. 1998/99, als die Republikan­er versuchten, den Präsidente­n Bill Clinton im Zuge der Sexaffäre mit der Praktikant­in Monica Lewinsky abzusetzen, schrieb er flammende

Plädoyers gegen ein Impeachmen­t. In einem Buch verglich er die Ermittler der Causa Clinton mit dem Senator Joseph McCarthy, dessen Hexenjagd im Kongressko­mitee für unamerikan­ische Aktivitäte­n die antikommun­istische Hysterie der 1950er-Jahre auf die Spitze trieb. Die Ironie der Geschichte: Kenneth Star, der Chef jenes Ermittlert­eams, sitzt nun im Senat im selben Anwaltstea­m wie er.

Nachdem Dershowitz seinen Lehrstuhl in Harvard 2013 aufgegeben hatte, wurde es stiller um ihn. Was sich in dem Moment änderte, in dem Trump die Wahl gewann und der Gelehrte Stammgast bei Fox News wurde, dem Lieblingss­ender Trumps. Als Trump den FBI-Direktor James Comey feuerte, nahm ihn Dershowitz gegen den Vorwurf der Justizbehi­nderung in Schutz. Er habe mehrere Pfund abgenommen, da er von seinen liberalen Freunden nicht mehr zum Abendessen eingeladen werde, witzelte er. Dass er die Rolle des neutralen Beobachter­s spielt, der nun mal nicht anders könne, als sich vor den Präsidente­n zu stellen, geht manchen seiner früheren Fans gehörig gegen den Strich.

 ?? FOTO: KEN CEDENO/IMAGO IMAGES ?? Juraprofes­sor Alan Dershowitz (2. v. re.) gehört zum Verteidige­rteam des US-Präsidente­n Donald Trump (2. v. li.).
FOTO: KEN CEDENO/IMAGO IMAGES Juraprofes­sor Alan Dershowitz (2. v. re.) gehört zum Verteidige­rteam des US-Präsidente­n Donald Trump (2. v. li.).

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