Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mieten steigen langsamer
Zuzug in die Städte lässt nach – Keine Änderung bei Preisen für Immobilien
Von Brigitte Scholtes
GFRANKFURT - Der Boom scheint etwas abzuebben. Zum Jahresende hat sich der Aufwärtstrend bei Mieten aus neuen Verträgen abgeflacht. Das zeigen verschiedene Studien. Der Mietanstieg in den sieben größten deutschen Großstädten sei im Vergleich zum vierten Quartal 2018 mit 1,5 Prozent so niedrig gewesen wie seit 2014 nicht mehr, meldet das Analysehaus Empirica. Noch vor zwei Jahren waren sie gegenüber dem Vorjahr um sechs Prozent geklettert.
Der Immobilienspezialist F+B beobachtet für das vierte Quartal gegenüber dem Zeitraum Juli bis September für ganz Deutschland eine Stagnation der Durchschnittsmieten bei neu abgeschlossenen Verträgen.
Allerdings ist es für ein Aufatmen zu früh: Denn die Bestandsmieten, die für den größten Teil des Immobilienmarktes stehen, sind laut F+B um 0,4 Prozent im Vergleich zum dritten Quartal und sogar um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.
Im Einzelnen sind die Entwicklungen jedoch recht unterschiedlich. In Berlin sind die Mieten gegenüber 2018 gesunken. Hier könnte sich schon der geplante Mietpreisdeckel auswirken, vermuten Beobachter, denn Wohnungssuchende warteten mit einer Anmietung, bis das neue Gesetz in Kraft getreten sei. In München
sind die Preise laut Empirica zumindest gegenüber dem Höhepunkt im zweiten Quartal auf dem Rückzug. Dennoch sind dort neue Mietwohnungen am teuersten, gefolgt von Frankfurt und Stuttgart. Danach aber folgen schon mittelgroße Städte wie Darmstadt, Mainz und Wiesbaden noch vor Düsseldorf. F+B wiederum beobachtet vor allem für Bayern und Baden-Württemberg geringere Mieten für neue Verträge.
Der Zuzug in die Großstädte lässt nach. Es gibt mehrere Gründe für die Entspannung: die Menschen zieht es stärker in die Vorstädte – mit dem Ergebnis, dass dort die Mietpreise anziehen. In den vergangenen Jahren waren kleine Wohnungen in den
Städten besonders begehrt, von Flüchtlingen und von Studenten. Die Mieten waren entsprechend teurer geworden. Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamts lässt der Zuzug in die Städte jedoch nach, weil die Flüchtlingswelle abgeebbt ist. Außerdem haben einzelne Städte inzwischen viel Wohnraum geschaffen, das gelte vor allem für Hamburg und Frankfurt, heißt es in einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Allerdings, so sagt IW-Experte Michael Voigtländer, hätten Stuttgart und Köln zu wenig Bauland ausgewiesen. Die Mieten würden erst auf breiter Front fallen, wenn günstiger gebaut und die Nachfrage nach Wohnraum gestillt werde, meint Reiner Braun, Geschäftsführer von Empirica. „Davon sind wir weit entfernt, wir produzieren ja keine Leerstände.“Die Immobilienpreise seien im vierten Quartal auch weiter gestiegen, belegen auch die Daten von F+B, deutlicher sogar als die Mieten. So waren Eigentumswohnungen im vierten Quartal um 5,4 Prozent teurer, Einfamilienhäuser um 3,8 Prozent.
In 269 von 401 deutschen Kreisen ist das Wohnen zur Miete jedoch preiswerter geworden, heißt es in der IW-Studie. Hier vergleichen die Forscher den Anstieg der Löhne mit dem der Mieten und kommen zu dem Ergebnis, dass zwischen 2017 und 2018 in mehr als 87 Prozent der Kreise die Löhne stärker gestiegen seien als die Mieten. Sollte die Wirtschaft jedoch stagnieren, dürfte sich auch das Wachstum der Löhne abflachen. Dann aber wird auch der Zuwanderungsdruck zurückgehen, erwartet Voigtländer. Er fordert, den Wohnungsbau dort zu forcieren, wo es noch akuten Mangel gebe. „Auf der anderen Seite müssen Haushalte gezielt unterstützt werden, die von der Lohnentwicklung abgekoppelt sind, also etwa Haushalte mit nur geringen, stagnierenden Einkommen, Arbeitslose oder zum Teil auch Rentner.“Eine allgemeine Wohnungsnot, die weite Teile der Bevölkerung betreffe, könne man jedoch nicht feststellen.