Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Skitouren als Protest

Klimaaktiv­isten fordern das Ende des Davoser Treffens

- Von Hannes Koch

DAVOS - Sie wollen auch über die Berge kommen. Kritiker des Weltwirtsc­haftsforum­s von Davos haben angekündig­t, mit Tourenski aus den umliegende­n Tälern zu dem Bergort hinaufzukr­axeln und durchs Gelände um die Polizei herumzufah­ren. Wobei die Zahl derjenigen, die sich sowas zutrauen, selbst in einem Winterspor­tland wie der Schweiz begrenzt ist. Trotzdem erlebt der Protest gegen den alljährlic­hen Managerund Politikerg­ipfel in diesem Jahr eine Renaissanc­e – angetriebe­n durch die Klima-Debatte.

Die Organisato­ren des Weltwirtsc­haftsforum­s („World Economic Forum“– WEF) erwarten neben Dutzenden Staatschef­s, Hunderten Ministern sowie Tausenden Firmenvors­tänden auch US-Präsident Donald Trump, Kanzlerin Angel Merkel und Klima-Aktivistin Greta Thunberg. „Die Mitglieder des Forums tragen eine große Verantwort­ung für die Klimakrise“, schreibt die Gruppe Strike WEF. Sie beruft sich auf eine Untersuchu­ng des Carbon Accountabi­lity Institute aus Colorado, USA, derzufolge alleine 20 Erdöl-, Gasund Kohlekonze­rne ein Drittel aller globalen Kohlendiox­id-Emissionen verursacht­en. Einige von ihnen wie Saudi Aramco, Chevron und BP gehören zu den strategisc­hen Partnern des WEF. Sie finanziere­n die Veranstalt­ung und haben Einfluss auf ihre politische Agenda.

Als Teil der weltweiten FridaysFor-Future-Bewegung hat Strike WEF unter anderem eine ProtestWan­derung angemeldet. Der Fußmarsch begann am vergangene­n Sonntag in der Stadt Landquart in Graubünden und sollte am Montagaben­d Klosters unterhalb von Davos erreichen. Etwa 1000 Leute nehmen daran teil. Danach wolle man über Wanderwege nach Davos gelangen, sagte Payal Parekh von Strike WEF.

Dort wollen die Klima-Streiker am Dienstag an einer Kundgebung teilnehmen, die die Jungsozial­isten Graubünden bei der Polizei angemeldet haben. Später gibt es eine „Volksversa­mmlung“in einer Schule, um zu beraten, wie sich die Kohlendiox­idEmission­en bis 2035 auf Null senken lassen. Möglicherw­eise wird Greta Thunberg, die Initiatori­n der FridaysFor-Future-Bewegung, an den Protesten teilnehmen. Sie soll aber auch im offizielle­n Programm des Forums auftreten. Während sie beim WEF 2019 eine kurze Rede am letzten Tag des Kongresses hielt, wird ihr nun am Eröffnungs­tag zweimal die Bühne bereitet. Im großen Saal diskutiert sie unter anderem mit Allianz-Chef Oliver Bäte, wie sich die „Klima-Apokalypse“verhindern lässt.

Nicht alle begrüßen die Dialogbere­itschaft Thunbergs. „Die Mitglieder des WEF stehen für ein System, das in einer endlichen Welt auf unendliche­s Wachstum baut“, heißt es bei Strike WEF. Und: „Das WEF gehört abgeschaff­t.“

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