Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Komplex, bombastisch, virtuos
...Trail Of Dead zeigen auch auf Studioalbum Nummer zehn keinerlei Ermüdungserscheinungen
DVon Daniel Drescher
Gen ersten Alben, die in einem frisch angebrochenen Jahr erscheinen, kommt eine große Bedeutung zu: Nach NovemberNebel und Zwischen-den-JahrenStillstand dienen sie als musikalische Aufputschmittel. Eines der ersten Glanzlichter 2020 kommt dabei aus Austin, Texas. Dafür verantwortlich: Conrad Keely, der nach ein paar Jahren in Kambodschas Hauptstadt Pnom Penh nach Austin zurückgezogen ist, wo sein langjähriger Freund und Bandkollege Jason Reece residiert. Die beiden Musiker firmieren unter dem sperrigen Namen ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead und haben seit Gründung der Band 1994 kein einziges schwaches Album veröffentlicht. Mit „X: The Godless Void And Other Stories“(Inside Out Music) legen die beiden nun das zehnte Studiowerk vor. Der Nachfolger des 2014 erschienenen „IX“ist ein eindrückliches Zeugnis dafür, was passiert, wenn Künstler weder Trends hinterherhecheln noch in Ideenlosigkeit verfallen.
Und für Musikfans gibt es wohl kaum ein schöneres Gefühl als wenn die neuen Songs eben kein lauer Aufguss von alten Glanztaten sind, sondern sie den Klangkosmos der Band bereichern und ihm neue, relevante Sounds hinzufügen. Und das ist hier definitiv der Fall, man höre nur „Children of The Sky“. Eine fast fünf Minuten dauernde Visitenkarte, in der die beiden Musiker ihre kompositorische Klasse unter Beweis stellen. Indierock-Gitarren treffen hier auf Progressive-Rock-Bombast und tranceartige Krautrock-Sprenkel. Nicht umsonst gelten die beiden Musiker als virtuose Feinmechaniker komplexer Klänge. Beide können singen, Gitarre und Schlagzeug spielen. Das eigentliche Juwel haben sich Keely und Reece für die B-Seite aufgehoben: Das von elektronischen Spielereien und wuchtigen Drums getragene „Blade of Wind“fräst sich mit einer Melodie ins Hirn, die einen noch lange verfolgt. In „Don’t Look Down“, das auch schon vorab mit einem Videoclip veröffentlicht wurde, wiegen ...Trail Of Dead den Hörer kurz in falscher Sicherheit: Als man gerade denkt, es zur Abwechslung mit einem simplen Song zu tun zu haben, überrascht der Song mit einem pulsierenden Twist.
Einen kleinen Blick in die Vergangenheit wagt die Band bei „Gravity“, in dem sie ihren 2006er-Song „Eight Days of Hell“zitiert. Ein kleines Déjà entendu in einem Meer volle neuer Eindrücke.
16.2. Reutlingen, Kulturzentrum Franz K; 17.2. München, Strom.