Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kooperieren statt wettrüsten
Margita Geiger soll den Medizin Campus-Bodensee in eine gesicherte Zukunft führen
Von Jens Lindenmüller
GFRIEDRICHSHAFEN - „Ich mag große Herausforderungen“, sagt Margita Geiger. Als neue Geschäftsführerin soll die 52-Jährige den wirtschaftlich ins Wanken geratenen MedizinCampus Bodensee in eine stabile Zukunft führen und den anstehenden Umbruch samt Abwicklung des Weingartener Krankenhauses 14 Nothelfer stemmen. Ihre Idealvorstellung für die im Verbund verbleibenden Kliniken in Friedrichshafen und Tettnang: Es sollen Häuser sein, in die Patienten wie Mitarbeiter gerne gehen.
Im ersten Treffen mit örtlichen Medienvertretern vermittelt Margita Geiger den Eindruck einer Frau, die anpacken kann und anpacken will – die aber natürlich auch ganz genau weiß, dass die Grenzen ihres Handlungsspielraums von einem ganz wesentlichen Faktor abhängen werden: „Grundvoraussetzung für alles ist eine verlässliche Gesundheitspolitik. Es wäre schön, wenn wir künftig weiter als 20 Meter auf Sicht fahren könnten“, sagt sie. Die „radikale Veränderungsfrequenz“in der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre habe es den Krankenhäusern sehr schwer gemacht. Nichtsdestotrotz freut sich Geiger auf eine „unglaublich spannende Aufgabe“.
Eine Aufgabe, die sie mit langjähriger Erfahrung sowohl im medizinischen als auch im organisatorischen Bereich angehen kann. Margita Geiger ist keine reine Krankenhausmanagerin, sondern hat auch lange als Chirurgin gearbeitet – im Jahr 2008, vor ihrem Wechsel in den Verwaltungsbereich, für kurze Zeit sogar am Klinikum Friedrichshafen. „Es sind noch erstaunlich viele Leute hier, die mich noch kennen – und die nicht zu Tode erschrocken sind, dass ich jetzt wieder hier bin“, erzählt die gebürtige Lindauerin mit einem Schmunzeln. Der Belegschaft attestiert sie ein „erstaunlich gutes Miteinander“. Und das sei die wichtigste Voraussetzung überhaupt, dass ein Krankenhaus gut funktionieren kann.
Für konkrete strategische Aussagen ist Margita Geiger zwar noch zu frisch in ihrer neuen Position. Dass der Weg in eine stabile Zukunft für den MCB nicht über ein Wettrüsten, sondern in manchen Bereichen eher über Kooperationen mit anderen Häusern in der Region führen sollte, daraus macht sie allerdings kein Hehl. „Regional sinnvolles Kooperieren“hatte auch Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand in seiner Ansprache beim Jahresempfang am Sonntag als Devise für den MCB ausgegeben. Wie das im Detail aussehen kann, bleibt abzuwarten.
Margita Geiger
Offen ist derzeit auch noch, in welche Richtung sich der Standort Weingarten entwickeln wird. Das letzte Kind kam im 14 Nothelfer am 27. Dezember zur Welt, die Notaufnahme schloss an Silvester um Mitternacht. Seit 1. Januar werden in der Weingartener Klinik nur noch geplante Eingriffe vorgenommen, bis September 2021 sollen die wichtigsten Abteilungen endgültig geschlossen werden. Gespräche über ein Nachnutzungskonzept laufen, welche Rolle der MCB dabei einnehmen wird, ist noch unklar.
Das betrifft auch das im Juli 2019 gestartete Projekt der geriatrischen Notfallversorgung (Gerinove), das Margita Geiger als „Herzensangelegenheit“bezeichnet. „Alte Patienten sind fragil und in Akutkrankenhäusern oft nicht richtig aufgehoben“, sagt sie. Gerinove schließt quasi eine Lücke im System. Ein vergleichbares Projekt sei ihr nicht bekannt, sagt Geiger, die sich wünschen würde, dass es in Weingarten über die festgelegte Projektdauer von drei Jahren hinaus fortgesetzt werden kann. Die Weiterfinanzierung sei allerdings noch nicht gesichert.
„Grundvoraussetzung für alles ist eine verlässliche Gesundheitspolitik. Es wäre schön, wenn wir künftig weiter als 20 Meter auf Sicht fahren könnten.“