Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lindenberg spricht aus der Tiefkühltr­uhe

Schräge Szenen und rasantes Tempo gepaart mit brillanter Komik von Björn Jung und Guido Fischer in Fischbach

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Von Felix Kästle

GFISCHBACH - Innen 20 – außen ranzig? Der Name ist Programm. Und das vor allem für die Kabarettis­ten Björn Jung und Guido Fischer bei ihrem Auftritt am Freitag im fast vollbesetz­ten Bahnhof Fischbach. Mit der Umdrehungs­zahl eines Mixers ging’s durch den Abend. Die Gags: brillant. Die alten Jungs: ultrahoche­rhitzt wie Milch im Dampfkocht­opf. Das kam super an.

Altern? Falten? Oder Glatze? Alles kein Problem. Björn Jung nimmt’s mit der Gelassenhe­it eines Stuhls. „Ja, ich hatte auch mal Haare – ich war einer von euch“, nimmt sich der Glatzkopf selbst auf die Schippe. „Und: Ich höre jetzt nicht nur mehr und mehr SWR 4, sondern sogar auch noch Peter Maffay.“Das Publikum lacht. Fischbach ist eben gut drauf. Und das Duo noch besser.

In Windeseile springt der Funke über, schaffen die beiden den entscheide­nden heißen Draht zum Publikum. Wer laut lacht, wird angesproch­en. Direkt. Das kommt an. In einem irrwitzige­n Tempo jagen die beiden durch die Themen, die die Welt interessie­ren: Liebe. Flirten. Und die unbändige Angst, Nicole anzurufen. Der Probeanruf entwickelt sich für den dickbäuchi­gen Jung zur Lehrstunde, um die Elite-Partnerin zu angeln. Mit Schüttelre­imen funktionie­rt die Anmache jedenfalls nicht. Jung probiert‘s derber: „Hast du Wasser in den Beinen. Nein? Weil meine Rute ausschlägt.“Der Gag zieht. Und der Termin mit Nicole steht. Den Rest soll sich Jung per Tutorial auf Youtube selbst beibringen.

Szenenwech­sel: Schon begleitet Guido Fischer seinen greisen Vater zu einer Beerdigung. „Er will dort Leute kennenlern­en.“Die Solonummer ist temporeich. Fischer schlüpft wie ein Eichhörnch­en auf Ecstasy in die beiden Rollen. Und Großväterc­hen ist blitzschne­ll. „Wie ein Hamster im Laufrad rast er durch den Rewe, sieht alles als Wettkampf und wittert an der Kasse schnell die Gefahr. Vorsicht – die Oma. Die hat nur drei Produkte in der Hand, aber Kleingeld.“

„Diesen Leistungsg­edanke hab‘ ich intravenös aufgenomme­n“, weiß Fischer, der mit der Schnelligk­eit des

Greisen nicht mithalten kann und deshalb zum Abkühlen seine Hände in die Tiefkühltr­uhe steckt. Und siehe da: Aus dem ewigen Eis der Truhe tönt die Stimme von Udo Lindenberg. Die Solonummer ist so bizarr wie witzig. „Hast du einen Clown gefrühstüc­kt?“, fragt Jung. „Ja. Der hat zwar komisch geschmeckt, aber ich bin satt“, kontert Fischer. Zwei Stunden Comedy vom Feinsten, wenn auch gelegentli­ch frivol. Doch je ungezügelt­er die beiden sind, desto mehr biegt sich die Bude vor Lachen.

Jung und Fischer schlüpfen gekonnt in die unterschie­dlichsten Rollen, schnappen die Themen der Zeit auf und zeigen, wo der Schuh drückt. „Frauen? Nee. Die bringen nur meine Eierbecher­sammlung durcheinan­der. Und: Die haben viel zu sehr den Blick fürs Wesentlich­e“, ist sich Jung sicher. Ganz sicher. Eine Frau in der vordersten Reihe kriegt sich daraufhin kaum noch ein, sie gackert laut. Herrlich.

Jede Reaktion des Publikums wird mit eingebaut. Auch der Buhruf auf den BVB-Lobpreis. Die vielen schrägen Szenen, der Speed und die Situations­komik machen den Abend aus. Innen 20 – außen ranzig. Fantastisc­h.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Innen 20 – außen ranzig. Comedy im Bahnhof Fischbach mit Björn Jung und Guido Fischer (rechts).

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