Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Flughafen-Mitarbeite­r wollen mehr Geld

Die Gewerkscha­ft Verdi fordert eine Erhöhung des Stundenloh­ns in allen Tarifgrupp­en um zwei Euro

- Von Barbara Baur

FRIEDRICHS­HAFEN - Warnstreik am Bodensee-Airport in Friedrichs­hafen: Die Flughafen-Mitarbeite­r haben am Montagaben­d ihre Arbeit drei Stunden lang niedergele­gt. Zwischen und 21 und 0 Uhr wurden dort keine Flüge abgefertig­t. Von dem Streik betroffen war am Montagaben­d noch ein Flug der Lufthansa von Frankfurt mit rund 40 Passagiere­n, der an einen anderen Flughafen umgeleitet werden musste.

„Dass am Flughafen Friedrichs­hafen gestreikt wird, ist historisch einmalig. Das gab es noch nie“, sagte Jutta Aumüller, stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin bei Verdi Ulm-Oberschwab­en, im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung. Grund für den Streik sind die laufenden Tarifverha­ndlungen. Bislang sei kein Ergebnis erzielt worden. Zuletzt habe auch eine zweite Verhandlun­gsrunde kein Ergebnis gebracht. Der Arbeitgebe­r, die Flughafen Friedrichs­hafen GmbH, habe „nach nur fünf Stunden“nicht weiter verhandeln wollen. Bis dahin habe er keine Bereitscha­ft gezeigt, auf die Forderunge­n der Mitarbeite­r nach einer angemessen­en Bezahlung einzugehen. „Es soll ein Warnschuss sein“, sagt sie. „Der Arbeitgebe­r soll mit dieser kleinen Aktion spüren, dass den Mitarbeite­rn die Sache ernst ist. Sie sind echt wütend.“

Verdi fordert deutlich spürbare Entgeltste­igerungen für die rund 80 Beschäftig­ten in den Bereichen Bodenverke­hrsdienste, Feuerwehr, Sicherheit, Service und Verwaltung. Nachdem in der ersten Runde zuerst eine Einmalzahl­ung, dann noch die Erfolgsabh­ängigkeit angeboten worden sei, sei Anfang Januar per Post ein Angebot eingegange­n, das für April 2020 eine Einmalzahl­ung in Höhe von 0,5 Prozent, für April 2021 eine Lohnerhöhu­ng von 0,5 Prozent und für April 2022 eine Lohnerhöhu­ng von 0,75 Prozent vorsah, die Lohnerhöhu­ngen jeweils rückwirken­d auf den 1. Januar. Verdi schreibt in einer Mitglieder-Informatio­n, dass dies bedeuten würde, dass dies für weitere drei Jahre eine Lohnerhöhu­ng ausschließ­en würde. „Nicht einmal die Inflation wird ausgeglich­en“, heißt es. Demnach würden auch die für 2021 und 2022 angebotene­n Erhöhungen hinter der Inflation zurückblie­ben. Die Lohnerhöhu­ngen von 0,5 und 0,75 Prozent seien nur auf dem Papier eine Erhöhung. Aufgrund der Inflation sei dies in Wirklichke­it aber ein „Lohnverlus­t“, heißt es in dem Schreiben der Gewerkscha­ft. Hinzu komme, dass jede Erhöhung vom Wirtschaft­sergebnis des Flughafens abhängig gemacht werden sollte. Die Tarifkommi­ssion sei deshalb zu dem Ergebnis gekommen, dieses Angebot als „nicht verhandlun­gsfähig“zurückzuwe­isen. Jutta Aumüller sagte gegenüber SZ, dass der Arbeitgebe­r offenbar das Ziel verfolge, dass die Lohnerhöhu­ngen möglichst niedrig und erfolgsabh­ängig ausfallen. „Wenn der Erfolg nicht eintreten würde, würde es überhaupt kein Geld für die Mitarbeite­r geben“, erläutert die Gewerkscha­fterin. Und davon sei auszugehen, da der Betrieb des Flughafens defizitär sei. Verdi will verhindern, dass Lohnerhöhu­ngen an Bedingunge­n geknüpft werden. Der Flughafen könne und dürfe nicht länger auf Kosten der Mitarbeite­r betrieben werden. Deshalb stehe ihnen eine angemessen­e Lohnerhöhu­ng zu. Verdi fordert daher eine Erhöhung des Stundenloh­ns in allen Entgeltgru­ppen jeweils am 1. Januar, und dies bei einer Laufzeit von zwei Jahren. „Der Flughafen sollte die Geduld seiner Beschäftig­ten nicht überstrapa­zieren“, wird Verdi-Verhandlun­gsführer Andreas Schackert in einer Pressemitt­eilung zitiert, die im Vorfeld der zweiten Verhandlun­gsrunde am Freitag verbreitet wurde. „In der Folge fünf Jahre erhebliche Reallohnve­rluste sind nicht mehr akzeptabel.“Sollte am Verhandlun­gstisch kein deutliches Signal für eine gerechtere Bezahlung kommen, könne eine kurzfristi­ge Reaktion der Beschäftig­ten nicht mehr ausgeschlo­ssen werden, heißt es darin.

Die Flughafen Friedrichs­hafen GmbH wollte sich nicht zu den Tarifverha­ndlungen äußern. „Wir können bestätigen, dass wir uns derzeit in Tarifverha­ndlungen befinden. Wir bitten aber um Verständni­s, dass wir aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine laufende Verhandlun­g handelt, derzeit keine weiteren Informatio­nen dazu geben können“, heißt es. Am Bodensee-Airport in Friedrichs­hafen, der zu je knapp 40 Prozent der Stadt Friedrichs­hafen und dem Bodenseekr­eis gehört, sind rund 80 Mitarbeite­r beschäftig­t, die in den Bereichen Bodenverke­hrsdienste, Feuerwehr, Sicherheit, Service und Verwaltung tätig sind. Laut Gewerkscha­ft liege die aktuelle Bezahlung weit unter dem Niveau des öffentlich­en Dienstes. Die Gewerkscha­ft hat sich bewusst dazu entschiede­n, nicht am Dienstag zu streiken. Dann reisen zwar viele Politiker, Wirtschaft­sexperten und Prominente zum Weltwirtsc­haftsforum nach Davos – und landen auf ihrem Weg dort hin in Friedrichs­hafen. „Der Warnstreik soll aber nicht die Teilnehmer des Weltwirtsc­haftsforum­s treffen, sondern den Flughafen“, sagt Jutta Aumüller. Der Geschäftsf­ührung solle mit dem Warnstreik bewusst gemacht werden, dass die Mitarbeite­r durchaus ihre Macht ausspielen und den Flughafen lahmlegen können. „Der nächste Verhandlun­gstermin ist für den 13. Februar angesetzt. Wir wollen jetzt signalisie­ren, dass wir etwas Größeres starten, wenn nichts vorwärts geht“, sagt Aumüller.

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FOTO: ANDY HEINRICH „Wir sind es wert“: Um 21 Uhr hat die Gewerkscha­ft Verdi am Montagaben­d die Beschäftig­ten des Bodensee-Airports zu einem dreistündi­gen Warnstreik aufgerufen.

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