Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Über Nacht Schanzenkn­acker

Karl Geigers Mut zur Änderung wird in Neustadt belohnt

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Von Joachim Lindinger

GTITISEE-NEUSTADT - Genugtuung schwang mit, als Stefan Horngacher am Sonntagabe­nd über Karl Geigers späten Frieden mit Neustadts Hochfirsts­chanze sinnierte. Neunmal an den drei Doppelwelt­cup-Tagen hatte der Vorzeige-Skispringe­r dieses Winters sich an der gewaltigen Anlage probiert, ungewohnt zäh war dem 26-jährigen Oberstdorf­er die Annäherung geraten. Der zwölfte Platz vom Samstag? Pure Arbeit. 24 Stunden später aber kündeten die Ergebnisli­sten von Rang fünf – der Bundestrai­ner klang hochzufrie­den. Stefan Horngacher: „Er hat sie jetzt geknackt.“

Was, auch daran dachte der Bundestrai­ner, „ganz wichtig“sei „für die kommenden Jahre“. Der WeltcupTro­ss wird wiederkomm­en in den Hochschwar­zwald, wohl schon Mitte Dezember, früh in der Saison 2020/21. Karl Geiger wird wiederkomm­en. Da kann die Erinnerung nur hilfreich sein an die 137,5 und 134,0 Meter vom 19. Januar. Kurzfristi­g(er) sorgen die beiden geglückten Luftfahrte­n für Selbstvert­rauen, dafür, dass Karl Geiger die Dienstreis­e nach Zakopane diese Woche „mit breiter Brust“antreten wird. Mit dem Wissen außerdem, dass er heuer über genügend Qualität, genügend innere Ruhe auch, verfügt, um nachzujust­ieren. Seinen Sprung den Tücken des Terrains anpassen kann. Bei Bedarf ziemlich flott. Bei Bedarf ziemlich radikal.

So geschehen offenbar irgendwann zwischen Sams- und Sonntag. So geschehen zwischen Trainern und Sportler. Der hatte sich „nicht richtig wohlgefühl­t die ganzen Sprünge“, wohl aber eine Entwicklun­g ausgemacht. Karl Geiger: „Wir haben das analysiert und uns ein Konzept zurechtgel­egt. Das muss dann natürlich auch erst mal funktionie­ren, das kann genauso nach hinten losgehen.“Tat es nicht. Karl Geiger ist „erstens ein bissl anders vom Balken losgefahre­n, ich hab’ mich in einer anderen Art und Weise losgeschub­st“. Hört sich simpel an, ist jedoch definitiv nicht ohne – weil etwas, das meistens instinktiv geschieht, bewusst gesteuert, geändert werden soll. Noch schwierige­r: „Und dann hab’ ich von dem, wo der Schwerpunk­t in der Anfahrtspo­sition liegt, ein bissl gegen ’s Gefühl arbeiten müssen – hab’s aber durch’zogen, weil ich davon überzeugt war, dass es besser ist. Und das hat funktionie­rt.“Da staunt der Laie, und der Fachmann – Stefan Horngacher – lobt: „Respekt! Dass er wirklich die Challenge angenommen und das umgesetzt hat ...“

Zumal der Mann im gelben Leibchen „mit seinem Schienbein gekämpft“habe. Leichte Zerrung, Andenken aus Predazzo, an den Doppelsieg dort. Nie thematisie­rt von Karl Geiger, in Neustadt keine Silbe Schienbein. Ausflüchte sind nicht sein Ding. Und Weltcup-Rankings, die ihn bei Saisonhalb­zeit mit 83 Zählern Vorsprung führen? „Da kann man sich dran gewöhnen, aber es sind noch viele Wochenende­n. Man kann’s nicht planen.“Na ja: Wer über Nacht die Hochfirsts­chanze knackt ...

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FOTO: IMAGO IMAGES Daumen doch noch nach oben: Karl Geiger.

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