Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Klima wandelt sich in Davos
Beim Weltwirtschaftsforum ist das Klima-Thema angekommen. Noch nie zuvor passierte es, dass eine Frau, noch dazu eine junge, die Weltelite in Davos derart herausforderte. Der Auftritt Greta Thunbergs markiert mehr als eine atmosphärische Verschiebung. Dass sich an der großen Politik schnell etwas ändert, ist trotzdem nicht sicher.
WEF-Chef Klaus Schwab hätte der 17-jährigen Klimaaktivistin keine Veranstaltungen mit hohem Aufmerksamkeitswert am ersten Tag reservieren müssen. Er wollte aber seinem Anspruch genügen, einen guten Event mit den relevanten Personen und Diskussionen zu liefern. So bekam Thunberg die Möglichkeit, den Ton dieses Forums zu setzen.
Auch Davos erkennt die Dringlichkeit des Klimaanliegens. Schwab selbst forderte die Unternehmen in einem Brief auf, schnell Pläne zur Kohlendioxidreduktion zu erarbeiten und einzuhalten. Damit nimmt er eine gesellschaftliche Stimmung auf. Manche Unternehmen beginnen deshalb, eine Zukunft ohne fossile Energien anzupeilen.
Gleichwohl sind die Widerstände enorm. US-Präsident Donald Trump sprach in Davos auch für die Regierungen, die wenig Interesse an ernsthafter Klimapolitik haben. Wichtiger sind jedoch die Hindernisse in der Wirtschaft. Viele bisher erfolgreiche Firmen wollen ihre Geschäftsmodelle solange weiterbetreiben, wie es irgend geht. Deshalb planen sie lange Übergangsphasen in die kohlenstofffreie Zukunft ein – möglicherweise zu lange.
Und schließlich geht es um das Wachstum. Kaum ein marktwirtschaftliches Unternehmen kommt heute ohne die permanente Steigerung von Produktion, Umsatz oder Aktienkurs aus. Der ewige Zuwachs führt in vielen Fällen zu insgesamt höherem Energieverbrauch. Es ist zweifelhaft, ob die erneuerbaren Energien diesen ständig wachsenden Bedarf werden befriedigen können. Wie kann man Hightech-Wohlstandsstaaten wie Deutschland oder die USA auf einen Pfad der Bescheidenheit führen, ohne dass die Bürger Nerven und Jobs verlieren? Das Wachstumsproblem ist ungelöst.