Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Pendler werden entschädigt
Ärger über Verspätungen und Zugausfälle – Land will Unternehmen zu Extra-Zahlungen an Kunden verpflichten
Von Ulrich Mendelin
GRAVENSBURG - Im Regionalverkehr in Baden-Württemberg läuft es vielerorts nicht rund – vor allem dort, wo private Bahnbetreiber den Betrieb von der DB Regio übernommen haben. Das betrifft unter anderem die Filstalbahn Ulm-Stuttgart und die Remsbahn Aalen-Stuttgart. Nun können Pendler hoffen: Den Plänen des Landes zufolge sollen die Bahnunternehmen bei schlechten Leistungen ihre Kunden direkt entschädigen.
„Seit vergangenem Herbst werden Gespräche über Entschädigungen für die Zugausfälle als Wiedergutmachung für die Reisenden geführt“, teilt Edgar Neumann, Sprecher von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. Bei einem Treffen am 30. Januar wollen die Bahnunternehmen demnach eine Übereinkunft zu dem Thema treffen, sowohl zu rückwirkenden Entschädigungen als auch für die Zukunft.
Bei den rückwirkenden Entschädigungen geht es um die Zeit seit Pfingsten vergangenen Jahres. Damals
hatten die privaten Bahnunternehmen Go Ahead und Abellio die ersten Strecken des so genannten Stuttgarter Netzes von dem bisherigen Betreiber DB Regio übernommen, unter anderem die Remsbahn. Im Dezember kamen zum Fahrplanwechsel die Filstalbahn und weitere Strecken hinzu. Im Juni diesen Jahres soll als letztes noch die Strecke Stuttgart-Tübingen folgen. Bei beiden bisherigen Betreiberwechseln gab es Probleme. Züge kamen zu spät oder gar nicht, oder sie waren überfüllt.
Grund waren zuvor allem zu spät gelieferte Züge, aber auch Personalknappheit und Bauarbeiten. Es häuften sich Beschwerden von Pendlern. Sie sollen nun für die Unannehmlichkeiten direkt von den Betreibern entschädigt werden. Das gilt aber nur für die Inhaber von Zeitkarten, wie Neumann betont. Wer in der Vergangenheit einen Einzelfahrschein gelöst und dann einen schlechten Service erlebt hat, bekommt demnach nichts. Wie genau die Regelung aussehen wird, ist laut
Neumann noch offen. Auch die betroffenen Verkehrsunternehmen wissen das noch nicht. „Wir warten ab, welche Vorschläge auf den Tisch gelegt werden, und dann schauen wir uns die an“, sagt Go-Ahead-Sprecher Erik Bethkenhagen. Nach Angaben von Neumann sollen die Entschädigungen zusätzlich zu den ohnehin bei schlechten Leistungen fälligen Vertragsstrafen gezahlt werden, die das Land von den Bahnbetreibern bekommt – das findet Bethkenhagen „schwierig“.
Für die Zukunft will das Land mit den Betreibern eine „Bonus-MalusRegelung“verabreden: Wenn die Unternehmen die vereinbarten Leistungen – etwa bei den Pünktlichkeitswerten – übertreffen, dann bekommen sie einen Bonus. Wenn nicht, sollen sie zahlen müssen – und zwar wiederum direkt an Dauerkarteninhaber.
Auf der Filstalbahn, wo immer noch viele Züge im morgendlichen Nahverkehr überfüllt sind, wurde für Pendler bis April nun eine Sonderregelung vereinbart. Sie können mit Nahverkehrstickets ohne Aufpreis einen Intercity zwischen Geislingen und Stuttgart nutzen.