Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Impeachment-Verfahren beginnt mit Streit ums Procedere
Demokraten drängen auf weitere Zeugen und Beweismittel – Doch den Verfahrensablauf steuert der Republikaner Mitch McConnell
Von Frank Herrmann
GWASHINGTON - Im Zeichen heftigen Streits um das Procedere hat am Dienstag im US-Senat der Impeachment-Prozess gegen Donald Trump begonnen. Zum Auftakt des ersten Verhandlungstages warf die Opposition den republikanischen Verbündeten des Präsidenten vor, es auf eine Farce hinauslaufen zu lassen.
Noch wichtiger als die Frage nach Schuld oder Unschuld sei die Entscheidung, die die Senatoren gleich am Anfang zu treffen hätten, sagte Adam Schiff, einer der sieben Abgeordneten, die im Namen des Repräsentantenhauses die Klage zu begründen haben. „Die wichtigste Frage ist: Werden der Präsident und das amerikanische Volk ein faires Verfahren bekommen?“Sollten weder zusätzliche Zeugen noch neues Beweismaterial zugelassen werden, könne davon keine Rede sein. „Ein Prozess ohne Zeugen und Beweise ist kein Prozess. Es ist eine Farce.“Unmittelbar vor der ersten Sitzung hatte Chuck Schumer, der Fraktionschef der Demokraten im Senat, scharfe Kritik an Verfahrensregeln geübt, die Mitch McConnell, der führende Republikaner der Parlamentskammer, zur Abstimmung stellen wollte. Ginge es nach den Konservativen, so Schumer, könnten wichtige
Fakten erst zu nächtlicher Stunde präsentiert werden. „Wenn sie so überzeugt sind von Donald Trumps Unschuld, warum lassen sie uns nicht im hellen Tageslicht darüber reden?“
Nach Regeln, die er am Vorabend veröffentlicht hatte, werden den Klägern – vertreten durch sieben demokratische Abgeordnete des Repräsentantenhauses
– nur 24 Stunden eingeräumt, damit sie ihren Fall darlegen. Danach bleibt den Verteidigern dieselbe Zeitspanne. Allerdings ist der Auftritt jeder Seite auf zwei Tage begrenzt, theoretisch also auf zwölf Stunden am Tag. Die Demokraten fürchten, ihre Kläger könnten noch zu nächtlicher Stunde am Rednerpult stehen – wenn an den Bildschirmen kaum noch einer zuschaut.
Die Abstimmung über McConnells Fahrplan ist der erste Punkt von Substanz, der nach dem Startschuss auf der Tagesordnung steht. Sie folgt auf den archaischen Eid, nach dem alle Juroren, mithin alle Senatoren, „unter Androhung von Kerkerhaft“während der Sitzungen zu striktem Schweigen verpflichtet sind. Nachdem beide Teams ihre Argumente vorgetragen haben, haben die Senatoren 16 Stunden lang Gelegenheit, Fragen zu stellen. Erst dann soll geklärt werden, was schon im Vorfeld die heftigste Kontroverse ausgelöst hat: die Vorladung zusätzlicher Zeugen.
Die Opposition hatte darauf gedrängt, darüber gleich zu Beginn zu entscheiden. Nach ihrem Willen soll vor allem John Bolton, bis September Nationaler Sicherheitsberater, aus der Perspektive des Insiders schildern, was sich hinter den Kulissen der Macht abspielte, als Trump die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine an Ermittlungen gegen seinen Rivalen Joe Biden knüpfte.
Um den Wunsch durchzusetzen, müssen die Demokraten mindestens vier Republikaner auf ihre Seite ziehen. Bis dato haben drei Konservative Entgegenkommen signalisiert, denn auch sie wollen sich nicht vorwerfen lassen, sie hätten nicht auf ein gründliches Verfahren gepocht. McConnell jedenfalls verschob das Votum über zusätzliche Zeugen auf nächste Woche, statt zum Auftakt einen Showdown zu riskieren, den die TrumpLoyalisten verlieren könnten.