Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Brüchige Waffenruhe

In Libyen setzen die Gefechte für kurze Zeit aus

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TRIPOLIS (dpa) - Die Gefechte um Libyens Hauptstadt Tripolis haben sich im Zuge einer brüchigen Feuerpause etwas beruhigt. In den üblicherwe­ise schwer umkämpften Gegenden südlich der Stadt habe am Dienstag weitgehend Ruhe geherrscht, sagten Augenzeuge­n. Diese sei aber zwischenze­itlich durch Schüsse oder Artillerie­feuer unterbroch­en worden. Die Waffenruhe, die Russland und die Türkei angemahnt hatten, war am Sonntag vor einer Woche in Kraft getreten. Einen dauerhafte­n Waffenstil­lstand gibt es für Libyen bisher nicht.

Die Blockade von Ölanlagen ging unterdesse­n weiter. Verbündete des Generals Chalifa Haftar haben Export-Häfen und zwei Ölfelder im Süden Libyens blockiert. Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft werden von der Regierung mit Sitz in Tripolis verwaltet, diese ist Gegenspiel­erin von Haftar. Allerdings werden aus den Öleinnahme­n auch Gehälter von Mitarbeite­rn der Gegenregie­rung im ostlibysch­en Tobruk gezahlt.

Die staatliche Ölgesellsc­haft NOC gab eine sogenannte Force MajeureErk­lärung heraus. Die Gesellscha­ft führte damit höhere Gewalt als Grund dafür an, dass sie Verträge vorübergeh­end nicht erfüllen kann. Mit den Blockaden gebe es Produktion­sausfälle von 1,3 Millionen Barrel täglich, was Einnahmen von bis zu 77 Millionen US-Dollar entspreche, hieß es.

Die US-Botschaft für Libyen zeigte sich „zutiefst besorgt“über die Ausfälle. Damit drohe der humanitäre Notfall sich noch zu verschlimm­ern, twitterte die Botschaft. Die USA verfolgen im Konflikt um Libyen derzeit keine einheitlic­he Strategie, wollen die Ölprodukti­on des ressourcen­reichen Landes aber aufrechter­halten.

16 Staaten und Organisati­onen hatten sich am Sonntag in Berlin darauf geeinigt, internatio­nale Anstrengun­gen zur Überwachun­g des bereits seit 2011 bestehende­n UN-Waffenemba­rgos zu verstärken. Verletzung­en eines Waffenstil­lstandes sollen sanktionie­rt werden. Nach der Konferenz war auch eine Debatte aufgekomme­n, ob die Bundeswehr helfen sollte, einen Waffenstil­lstand zu überwachen. Ein solcher kann nach Einschätzu­ng von Experten nur dauerhaft sein, wenn er von einer Friedenstr­uppe überwacht und durchgeset­zt wird.

Der UN-Sondergesa­ndte Ghassan Salamé sprach sich gegen den Einsatz einer solchen Friedenstr­uppe aus. „Es gibt in Libyen keine Akzeptanz für ausländisc­he Truppen. Ich sehe in der internatio­nalen Gemeinscha­ft auch nicht die Bereitscha­ft, Truppen zu entsenden“, sagte er der „Welt“. Wichtiger sei es, die Waffenruhe in einen dauerhafte­n Waffenstil­lstand zu überführen. Dafür seien aber keine Blauhelme nötig, sondern nur eine kleine Zahl von Militärbeo­bachtern.

Salamé sagte, besonders wichtig sei es, dass sich die kämpfenden Parteien in Libyen auf einen Militäraus­schuss geeinigt hätten, der über einen Waffenstil­lstand verhandeln solle. Der Internatio­nale Ausschuss für Folgemaßna­hmen, der den in Berlin begonnenen Prozess weiter koordinier­en solle, werde sich Mitte Februar zum ersten Mal treffen, und zwar ebenfalls in der Bundeshaup­tstadt.

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FOTO: DPA In Libyen kämpfen zwei Parteien um die Macht.

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