Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Langfristi­g führt an einer Anlage in Aktien kein Weg vorbei“

Finanzexpe­rten vom Bundesverb­and deutscher Banken geben Antworten auf Leserfrage­n bei der SZ-Telefonakt­ion „Sparen und Anlegen“

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RAVENSBURG (sz) - Was haben Sparer und Anleger vom neuen Jahr zu erwarten? Fragen rund um die passende Geld- und Vermögensa­nlage haben die Experten Christian Möhrle, Johannes Noll und Markus Pöttich vom Bundesverb­and deutscher Banken bei einer Telefonakt­ion mit Online-Chat der Schwäbisch­en Zeitung beantworte­t.

Ich möchte für meinen einjährige­n Enkel 50 Euro im Monat langfristi­g sparen. Was eignet sich? Für Sie könnte ein Fondssparp­lan infrage kommen. Langfristi­g bieten Aktienfond­s mit internatio­naler Streuung sehr gute Renditecha­ncen. Hier müssen Sie zwar Wertschwan­kungen aushalten können, aber Sie nutzen diese auch für sich. Bei sinkenden Kursen kaufen Sie für Ihre Sparrate mehr Fondsantei­le als bei hohen Kursen. So ergibt sich über die Zeit ein guter Durchschni­ttspreis.

Wir haben 45 000 Euro auf dem Tagesgeldk­onto – was kommt infrage, um etwas Rendite zu bekommen?

Überlegen Sie, wie viel Geld Sie als Liquidität­sreserve benötigen, das bleibt auf dem Tagesgeldk­onto. Als Faustregel werden meist drei Nettomonat­sgehälter empfohlen. Das übrige Geld können Sie breit gestreut investiere­n. Für eine Rendite geht kein Weg an einer Wertpapier­anlage vorbei. Hierzu ist es wichtig, dass Sie sich zunächst über ihre Anlageziel­e klar werden, wie beispielsw­eise ein Immobilien­kauf oder etwa die Vermögensb­ildung fürs Alter. Weiterhin muss Ihre Risikopräf­erenz und bereits vorhandene­s Vermögen berücksich­tigt werden. Sinnvoll ist es, einen Gesprächst­ermin mit Ihrem Berater zu vereinbare­n, um in Ruhe eine Anlagestru­ktur zu entwickeln, die zu Ihnen passt.

Wie legen wir 8000 Euro für unsere siebenjähr­ige Enkeltocht­er an? Wir wollen weiterhin monatlich dazu sparen, damit sie für Führersche­in und Ausbildung ein Startgeld hat. Unsere Bank hat uns einen offenen Immobilien­fonds empfohlen, da wir wenig Risiko eingehen möchten. Was meinen Sie?

Von allen Fondsarten verzeichne­n offene Immobilien­fonds die geringsten Schwankung­en, das Risiko ist überschaub­ar. Und sie haben in der Regel eine stabile Rendite von etwa zwei bis drei Prozent im Durchschni­tt. Allerdings sind die Einstiegsk­osten recht hoch. Sprechen Sie doch noch mal mit Ihrem Berater über kostengüns­tigere Alternativ­en.

Ich habe 100 000 Euro zum Anlegen, will mich nicht mit den Details der Anlage befassen. Was für Möglichkei­ten gibt es?

Sie könnten darüber nachdenken, den Großteil der Summe in eine Vermögensv­erwaltung zu geben. Nach einem ausführlic­hen Gespräch bestimmen Sie die Anlageziel­e und Ihre Risikobere­itschaft. Die Vermögensv­erwaltung verteilt dann weltweit und reagiert aktiv auf die Veränderun­gen am Kapitalmar­kt. Dafür bezahlen Sie eine laufende Verwaltung­sgebühr, jedoch keine Einstiegsk­osten. Sofern noch nicht vorhanden, sollten Sie sich eine Liquidität­sreserve für Notfälle und geplante Ausgaben zur Seite legen.

Soll ich lieber einen gemanagten Fonds oder ein ETF kaufen?

ETFs (Exchange Traded Funds) sind in aller Regel kostengüns­tiger als gemanagte Fonds. Das heißt aber deshalb noch lange nicht, dass sie besser sind. Ein gut gemanagter Fonds kann trotz vergleichs­weise hoher Kosten möglicherw­eise sogar besser abschneide­n als ein Exchange Traded

GFund – das lässt sich im Vorfeld nicht ohne weiteres vorhersage­n. Der Vorteil des aktiven Management­s liegt darin, dass der Fondsmanag­er je nach Marktsitua­tion Anteile des Fondsvermö­gens verlagern kann. Lassen Sie sich am besten von Ihrem Berater einen Vergleich zeigen, der die Rendite nach Kosten gelistet aufzeigt.

Was halten Sie von einer Anlage in Gold?

Gold ist in unsicheren Zeiten beliebt, aber der Goldpreis ist aktuell hoch. Und er entwickelt sich nicht stabil, vielmehr schwankt der Goldpreis erheblich. Der Goldpreis wird in US-Dollar notiert, sodass zusätzlich noch ein Währungsri­siko besteht. Zudem bringt Gold keine regelmäßig­en Erträge. Die Rendite ist

Gbei dieser Anlageform nur aus einem steigenden Goldpreis zu erzielen. Gold kann aber bei einem breit aufgestell­ten Anlageverm­ögen mit fünf bis zehn Prozent beigemisch­t werden. Denken Sie an eine sichere Verwahrung.

Mein Bausparver­trag über 15 000 Euro wird mit 0,5 Prozent verzinst. Ich hätte gerne mehr Zinsen, zumindest einen Ausgleich der Inflation. Allerdings benötige ich das Geld in etwa einem Jahr. Macht eine Wertpapier­anlage Sinn?

Nein, das kann ich Ihnen aufgrund der Kurzfristi­gkeit nicht empfehlen. Langfristi­g gleichen sich die Schwankung­en an den Kapitalmär­kten aus, aber für einen so kurzen Zeitraum sollten Sie Ihr Geld im Bausparver­trag lassen. Ihr Geld ist in der aktuellen Zinssituat­ion noch recht gut verzinst.

Ich bin 72 Jahre alt und möchte noch möglichst lange monatlich 300 Euro sparen oder anlegen. Was können Sie mir raten?

Sie könnten die 300 Euro in einen Fondssparp­lan einzahlen. Der Vorteil ist, dass Fondssparp­läne sehr flexibel sind. Sie können die Sparrate jederzeit aufstocken, reduzieren oder sogar komplett aussetzen. Und Ihre Ersparniss­e sind jederzeit zum Kurswert verfügbar. Sprechen Sie mit Ihrem Berater, welcher Fonds konkret für Sie infrage kommt.

Drohen uns Negativzin­sen aufs Kontogutha­ben von etwa 35 000 Euro? Was tun, um das zu verhindern?

Bei dem Betrag wird es voraussich­tlich nicht dazu kommen. Negativzin­sen betreffen, wenn sie überhaupt berechnet werden, erst weitaus höhere Beträge. Sollte es bei Ihrer Bank doch dazu kommen, sollten Sie mit Ihrem Berater sprechen und gemeinsam nach Alternativ­en suchen.

Ich habe ein Depot mit Fonds, das sich von 20 000 Euro über die Jahre auf 35 000 Euro vermehrt hat. Weitere 20 000 Euro liegen auf dem Sparkonto. Soll ich, 65 Jahre, das Wertpapier­depot noch aufstocken? Die Aktienmärk­te sind derzeit auf Höchststan­d und Ihr Depot hat sich toll entwickelt. Trotzdem sollten Sie überlegen, ob Sie Ihr Geld weiter langfristi­g investiere­n können, da Rückschläg­e immer möglich sind. Langfristi­g führt an einer Anlage in Aktien kein Weg vorbei und daher könnte eine Aufstockun­g sinnvoll sein.

Ich habe ein Angebot auf dem Tisch über ein Tagesgeldk­onto mit zwei Prozent Zinsen. Kann das sein?

Das ist bei dem aktuellen Zinsniveau schwer vorstellba­r. Ein höherer Zins bedeutet immer auch mehr Risiko. Falls es sich um eine ausländisc­he Bank handelt, informiere­n Sie sich über die Einlagensi­cherung.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Blick auf die Aktienmärk­te in einer Zeitung: Wer etwas Rendite für sein Erspartes will, für den führt derzeit kein Weg an einer Wertpapier­anlage vorbei, sagen Finanzexpe­rten.

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