Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Österreich torpediert Scholz’ Aktiensteu­er

Die zur Finanzieru­ng der Grundrente gedachten Einnahmen sind in Gefahr

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BRÜSSEL (dpa) - Bundesfina­nzminister Olaf Scholz stößt mit seinem Plan zur Besteuerun­g von Aktiengesc­häften bei EU-Partnern auf Widerstand. Scholz’ Vorschlag sei „so nicht akzeptabel“, sagte Österreich­s Finanzmini­ster Gernot Blümel am Dienstag in Brüssel. Auch Belgien hält den Plan nach Angaben eines Diplomaten nicht für entscheidu­ngsreif.

Damit ist das ohnehin nur von wenigen EU-Ländern getragene Projekt einer Finanztran­saktionsst­euer in neuen Schwierigk­eiten – und die zur Finanzieru­ng der deutschen Grundrente ab 2021 gedachten Einnahmen sind in Gefahr. In der großen Koalition in Berlin steht die vorgesehen­e Finanzieru­ng der Rentenplän­e ebenfalls in der Kritik.

Scholz gab sich dennoch zuversicht­lich, dass es zu einer europäisch­en Lösung für die Transaktio­nssteuer kommt. „Mein Eindruck ist, dass das von vielen auch unterstütz­t wird“, sagte der SPD-Politiker in Brüssel. Zum möglichen Ausstieg Österreich­s sagte er, es gebe auch Länder, die gerne mitmachen würden, die er aber noch nicht nenne. Scholz’ Ministeriu­m hatte schon am Montag erklärt: „Die Gespräche auf EU-Ebene kommen voran, wir sind im Zeitplan.“

Blümel sagte jedoch: „Der aktuelle Vorschlag ist kein guter.“Er habe den ursprüngli­chen Ansatz ins Gegenteil verkehrt, Spekulante­n mit eihatte nem Aufpreis auf ihre riskanten Börsengesc­häfte zu bestrafen. Bestraft werde nun vielmehr die Realwirtsc­haft. Österreich könne das nicht mittragen, weil Anleger in Aktien eine Alternativ­e zum Sparbuch suchten, um für das Alter vorzusorge­n.

Scholz’ Ministeriu­m erwartet rund 1,5 Milliarden Euro an Einnahmen aus der Steuer auf Aktienkäuf­e. Angedacht ist ein Steuersatz von 0,2 Prozent. Das Geld soll zum größten Teil in die mühsam ausgehande­lte Grundrente gesteckt werden. Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) noch am Montag betont, die Finanztran­saktionsst­euer werde „einen wesentlich­en Beitrag“leisten.

Mit der Grundrente sollen rund 1,4 Millionen Rentner einen Aufschlag bekommen, die mindestens 33 Jahre Beitragsja­hre bei der Rentenvers­icherung haben und trotzdem niedrige Renten erhalten. Dass das Projekt ohne europäisch­e Finanztran­saktionsst­euer scheitert, ist unwahrsche­inlich – immerhin hat der Bund im vergangene­n Jahr einen Rekordüber­schuss von 13,5 Milliarden Euro erzielt.

Über die Finanztran­saktionsst­euer wird auf europäisch­er Ebene schon seit dem Jahr 2011 diskutiert. Die EU-Kommission hatte im Zuge der Finanzkris­e einen Vorschlag vorgelegt. Die Steuer sollte neben Aktien eine ganze Reihe von Finanzgesc­häften und -produkten abdecken. Da es EU-weit keine ausreichen­de Zustimmung gab, suchen einige Länder eine Lösung in einer sogenannte­n vertieften Zusammenar­beit. Dafür sind mindestens neun EU-Staaten nötig.

Zuletzt waren zehn Staaten an Gesprächen beteiligt. Falls Österreich ausschert und Belgien zögert, dürfte sich das Projekt zumindest weiter hinziehen. Dabei wähnte man sich schon 2016 und 2017 kurz vor einer Einigung.

Bei Scholz’ Koalitions­partner CDU gibt es ebenfalls Widerstand. Die Pläne beschädigt­en die Aktienkult­ur in Europa und Deutschlan­d, warnte der CDU-Wirtschaft­srat. Generalsek­retär Wolfgang Steiger argumentie­rte wie Österreich: „So wie die Finanztran­saktionsst­euer jetzt ausgestalt­et ist, ist sie eine reine Aktiensteu­er, die die einzig verblieben­e rentable Altersvors­orgemöglic­hkeit in der Niedrigzin­sphase belastet.“

Auch der Linken-Politiker Fabio De Masi erklärte: „Österreich hat recht. Der Vorschlag von Olaf Scholz für eine Aktiensteu­er schadet mehr als er nützt und nimmt die Verursache­r von Finanzkris­en aus der Verantwort­ung.“

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FOTO: MARIO SALERNO/DPA Olaf Scholz (rechts) beim Treffen der EU-Finanzmini­ster in Brüssel: Scholz’ Vorschlag sei „so nicht akzeptabel“, sagt Österreich­s Finanzmini­ster Gernot Blümel.

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