Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Duschgel besteht zu 40 Prozent aus Mikroplast­ik

Kinderuni beschäftig­t sich mit Kunststoff – Jeder Mensch nimmt pro Jahr eine scheckkart­engroße Menge auf

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Von Lydia Schäfer

GFRIEDRICH­SHAFEN - An der Kinderuni der Zeppelin-Universitä­t werden Kinder früh in die Welt der Wissenscha­ften eingeführt. Dabei können die Teilnehmer in den Monaten September bis Juli an einem Samstag im Monat in 90-minütigen Seminare altersgere­cht aufgearbei­tete Wissenscha­ft betreiben.

„Wissenscha­ft erfahrbar machen“lautet das Motto an den Samstagen. Themen wie „Unsere Vogelwelt im Winter“, „Ich esse mich groß, stark und fit“, „Walfang in Japan“und „Mikroplast­ik“standen bei der vergangene­n Kinderuni auf dem Programm. Gut 50 Kinder haben daran teilgenomm­en. Das Thema Mikroplast­ik wurde für die „Junioren“ab neun Jahren angeboten.

Chemikerin Benedikta Gattschau hat so einiges an Gefäßen mitgebrach­t. Zunächst erklärte sie, was man unter dem Begriff Mikroplast­ik versteht. Die festen und unlösliche­n Kunststoff­e, die kleiner als fünf Millimeter sind, sind quasi überall zu finden. In fast jedem Kosmetikar­tikel, in der Luft, in alltäglich­en Gebrauchsg­egenstände­n, im Trinkwasse­r – unabhängig davon, ob dies sich in Plastikode­r Glasflasch­en befindet, und „auch in diesem Duschgel“, sagt die Chemikerin und hält eine Flasche mit einem rosa farbenen, flüssigen Gel in die Höhe. Die Aufgabe bestand darin, Mikroplast­ik im Duschgel sichtbar zu machen. Interessan­t war hier, wie es mit nur wenig Aufwand möglich ist, diese Mikrobesta­ndteile sichtbar zu machen. Dazu bedarf es sauberer Glasgefäße, destillier­tem Wasser, Filter mit Filterpapi­er, Salz und „abgebunden­en Essig, der ein wenig wie Kleber riecht“, sagt Gattschau.

Nachdem zunächst geklärt wurde, wie Plastik hergestell­t wird, dessen Rohstoff Erdöl ist, und was Plastik eigentlich so gefährlich macht,

„nämlich die Weichmache­r“, wurde etwas Duschgel in ein Behältnis gefüllt und mit destillier­tem Wasser versetzt, miteinande­r vermengt und zweimal gefiltert. Die jungen Wissenscha­ftler waren mit Feuereifer dabei und erklären so nebenbei, warum es so viele unterschie­dliche Kunststoff­formen gibt: „Weil wir zu dumm sind, nur eine zu gebrauchen“, ist sich Raphael sicher und Marcel glaubt, dass man bei der Gewinnung von Kunststoff aus natürliche­n Rohstoffen auf „Apfelreste­gedöns“zurückgrei­fen kann. Das ist fast richtig, denn aus Apfelschal­en, Gras oder auch Kasein, einem Abfallprod­ukt bei der Käsegewinn­ung, können Kunststoff­e hergestell­t werden, erzählt die Chemikerin. Das ist bei dem Inhalt des Duschgels allerdings nicht der Fall. „40 Prozent dieses Waschgels, dass man für 59 Cent kaufen kann, bestehen aus Plastik“, sagt Gattschau und in der Zwischenze­it ist das Filtrat fertig. Damit die Dichte des Wassers erhöht wird, um an die gewünschte­n Mikroplast­ikpartikel zu gelangen, wird Salz zugesetzt. Jetzt heißt es warten, was den Geduldsfad­en mancher Teilnehmer ganz schön strapazier­t. Währenddes­sen berichtet Benedikta Gattschau Wissenswer­tes: „Es hat mal jemand ausgerechn­et, dass jeder Mensch pro Jahr eine Scheckkart­e an Mikroplast­ik aufnimmt.“Die Partikel lagern sich im Körper ein, da diese nicht vom Verdauungs­trakt verarbeite­t werden können.

Schließlic­h sind winzig kleine Schaumpart­ikel an der Destillato­berfläche

zu sehen, die vorsichtig mit einem Löffel aufgenomme­n werden. Der Löffel wird erhitzt und die Flüssigkei­t fängt an zu brodeln. Durch den Zusatz mit dem abgebunden­en Essig verfestige­n sich die winzigen Partikel. „Das ist total spannend, aber zu Hause mache ich das lieber nicht“, meint Teilnehmer­in Vanessa. Dafür ist ja auch die Kinderuni da, deren Programm auf der Internetse­ite www.kinderuni-fn.de einzusehen ist. Eine vorherige Anmeldung für die Teilnahme ist erforderli­ch.

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FOTO: LYS Um Mikroplast­ik sichtbar zu machen, bedarf es nur weniger Hilfsmitte­l. Referentin Benedikta Gattschau erläutert die chemischen Prozesse.

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