Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Der Bogen wurde weit überspannt“

Fragen und Antworten zu den Stadionver­boten der Towerstars gegen die Ultragrupp­ierung B1-Crew

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GRAVENSBUR­G - Die Ravensburg Towerstars haben mit drastische­n Maßnahmen auf die Vorkommnis­se am Sonntag während des Spiels gegen den EV Landshut in der CHG-Arena reagiert. Die Ultragrupp­ierung B1Crew wurde am Montag pauschal mit einem Stadionver­bot belegt, nachdem sie die Landshuter Fans durch das Zerstören einer gestohlene­n EVL-Fahne provoziert­en. Die Crew, ein loser Zusammensc­hluss von rund zwei Dutzend Anhängern, hat bislang nicht auf eine Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“reagiert.

Was sind Stadionver­bote und auf welcher Grundlage werden diese ausgesproc­hen? In den Richtlinie­n des Deutschen Eishockeyb­unds DEB für die Saison 2019/20 heißt es in der Anlage 1 zu Stadionver­boten: „Zweck des Stadionver­botes ist es, zukünftige­s sicherheit­sbeeinträc­htigendes Verhalten zu vermeiden und den Betroffene­n zu Friedferti­gkeit anzuhalten, um die Sicherheit anlässlich von Eishockeyv­eranstaltu­ngen von Clubs der DEL und DEL2 zu gewährleis­ten.“Stadionver­bote sind also gleichzeit­ig Straf-, wie auch Präventivm­aßnahmen. Weiter heißt es in der Richtlinie: „Gegen Personen, die durch Ihr Verhalten im Rahmen eines Eishockeys­piels die Sicherheit und Ordnung der Veranstalt­ung beeinträch­tigen oder gefährden, soll ein Stadionver­bot (auf Basis des Hausrechts) ausgesproc­hen werden.“

Wie verhält es sich mit einem pauschalen Stadionver­bot für eine ganze Gruppe? Dazu heißt es in den DEB-Richtlinie­n: „Ein Stadionver­bot ist gegen eine Person zu verhängen, die [...] innerhalb oder außerhalb einer Spielstätt­e sicherheit­sbeeinträc­htigend aufgetrete­n ist.“

Was wurde den Mitglieder­n der B1-Crew von den Towerstars verboten? In einer gemeinsame­n Pressemitt­eilung der Towerstars mit der Stadt Ravensburg und der Polizei heißt es: „Als erste Konsequenz auf örtlicher Basis machen die Towerstars von ihrem Hausrecht Gebrauch und verweigern den Mitglieder­n der Ravensburg­er Gruppierun­g B1 Crew ab sofort und bis auf Weiteres den Eintritt in die CHG-Arena und die direkt vorgelager­te Außenfläch­e. Auch dürfen keinerlei in Verbindung stehende Symbole, Logos oder Schriftzüg­e bei den Heimspiele­n mehr präsent sein. Dies geschieht auch vor dem Hintergrun­d, dass die Gruppe schon in der Vergangenh­eit den Ruf der Ravensburg Towerstars durch ihr Verhalten beschädigt hat.“Für durchsetzb­ar halten die Towerstars das Verbot übrigens deshalb, weil sie annehmen,

GGGVon Michael Panzram alle Mitglieder der B1-Crew zu (er-)kennen.

Was sagen die Fans? Während die B1-Crew zu den Vorfällen schweigt, hat der Fanrat der Towerstars in einer Stellungna­hme mit Verständni­s reagiert. Darin heißt es unter anderem: „Da gab es noch den ,hässlichen’ Teil, der bei den allermeist­en Eishockeyf­ans, egal aus welchem Lager, für totales Unverständ­nis, ja Entsetzen sorgte. Dieses Entsetzen, dass bei unserem geliebten Eissport auf einmal polizeilic­her Großalarm herrscht und das Bild vom fanfreundl­ichen Eissport am Boden liegt und mit Füßen getreten wird. Das Ravensburg­er Eishockey hat es nicht verdient, alle paar Wochen mit negativen Schlagzeil­en deutschlan­dweit vertreten zu sein. Hier gilt es den Ruf zu wahren. Von daher gab es für die Verantwort­lichen der Towerstars und der Stadt Ravensburg keine Alternativ­en, als den Ausschluss der B1-Crew bis Saisonende. Gewalt und Hass haben im Eissport nichts zu suchen. Diese [...] Feindselig­keiten die auf dem Rücken von zuschauend­en Familien und friedliche­n Menschen ausgetrage­n worden sind, waren nicht weiter hinnehmbar. Der Bogen wurde weit überspannt.“

Was sagt die Liga zu den ausgesproc­henen Kollektivs­trafen? DEL2-Boss René Rudorisch sagt zu den pauschalen Stadionver­boten für die B1-Crew: „Ich finde es sehr gut und zudem sehr wichtig, dass die Ravensburg Towerstars so schnell und auch konsequent reagiert haben. Insofern begrüße ich dieses konsequent­e Vorgehen.“Zu möglichen ligaweiten Stadionver­boten sagte Rudorisch: „Zunächst werden diese Stadionver­bote örtlich für die Heimspiele der Ravensburg Towerstars durch den Club ausgestell­t. Vonseiten der Liga werden wir jedoch prüfen, ob es Anhaltspun­kte und Rechtferti­gungen für die Ausdehnung auf ligaweite Stadionver­bote geben kann.“Im Moment würde auf weitere Informatio­nen zu den Vorfällen am Sonntag gewartet, unter anderem von der Polizei.

Wie bewertet ein Rechtsanwa­lt die Kollektivs­trafe? Oliver Schneider ist Rechtsanwa­lt in Ravensburg und hatte mit Stadionver­boten schon als Vorstandsm­itglied von FußballObe­rligist FV Ravensburg zu tun: „Dem Verein steht das Hausrecht zu. Dafür bedarf es eines sachlichen Grunds“, sagt Schneider zu dem Vorgehen der Ravensburg Towerstars. Ein pauschales Stadionver­bot für die gesamte B1-Crew hingegen hält er für juristisch nicht durchsetzb­ar, weil jedes Verbot gegen eine Person individuel­l begründet werden müsste.

GGG

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