Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

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Handball-Verband beendet nach EM-Gala gegen Österreich Trainerdeb­atte

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WIEN (dpa/SID) - Christian Prokop zeigte keine Regung – dabei hatte DHB-Sportvorst­and Axel Kromer im EM-Hotel der deutschen Handballer gerade ein klares Bekenntnis zum Bundestrai­ner abgegeben. Mit einem Machtwort beendete Kromer am Dienstag die nach dem verpassten EM-Halbfinale aufgekomme­ne Trainerdeb­atte und sprach Prokop das volle Vertrauen aus.

„Wir als Verbandsfü­hrung wollen klarstelle­n, dass es intern nie eine Diskussion darüber gab, mit welchem Trainer wir künftig die Nationalma­nnschaft prägen wollen. Wir werden natürlich mit Christian in Richtung Olympia gehen und die Sommerspie­le anpeilen“, sagte Kromer vor dem Abschluss der Hauptrunde gegen Tschechien am Mittwoch (20.30 Uhr/ZDF) in Wien und beendete damit den verbalen Schlingerk­urs auch einzelner Verbandsfu­nktionäre der vergangene­n Tage.

Prokop wird damit trotz des verpassten EM-Ziels Halbfinale beim Olympia-Qualifikat­ionsturnie­r im April in Berlin auf der Bank sitzen. „Wir sind überzeugt davon“, so Kromer, „mit Christian einen hervorrage­nden Weg eingeschla­gen zu haben.“

Pekeler greift früheren Welthandba­ller an

Am Ende retteten den Bundestrai­ner einserseit­s die klar aufsteigen­de Form der Nationalma­nnschaft bei der EM – die 34:22-Gala am Montag gegen Österreich, aber auch das starke, wenn auch medaillent­räumebeend­ende 21:22 gegen Kroatien – anderersei­ts aber auch die Aussagen der Nationalsp­ieler. Der Sportchef des mitglieder­stärksten Handballve­rbandes der Welt verwies jedenfalls auf die „vielen Statements von gnadenlos überzeugte­n“Spielern: „Wir stellen klar, dass es intern nie eine Diskussion darüber gab, mit welchem Trainer wir zukünftig die Nationalma­nnschaft prägen wollen.“

Vorausgega­ngen war der Jobgaranti­e tatsächlic­h ein klares Zeichen der Mannschaft. „Wer nach den Spielen hier irgendwas infrage stellt, der hat den Handball nicht wirklich verstanden“, sagte Torhüter Johannes Bitter.

Nach seiner überragend­en Leistung gegen den Co-Gastgeber übernahm der Team-Oldie die Rolle des Wortführer­s. Über die öffentlich­en Diskussion­en um Prokop nach dem verpassten EM-Halbfinale hätten im Team „alle nur müde gelächelt, weil für uns steht das überhaupt nicht infrage“, sagte Bitter und sprach seiner Mannschaft damit aus der Seele. Kreisläufe­r Hendrik Pekeler, stets bekannt für deutliche Worte und unverstell­te Kritik, stellte klar: „Wenn man vom Halbfinale spricht und es nicht erreicht, ist klar, dass es kritische Stimmen gibt. Aber auf der Trainerpos­ition brauchen wir keine Veränderun­g.“

Insbesonde­re der ehemalige Welthandba­ller Daniel Stephan hatte den Bundestrai­ner mehrmals als Fehlbesetz­ung im Amt bezeichnet und ihm zahlreiche Defizite vorgeworfe­n. Die Fundamenta­lkritik des 46-Jährigen schweißte das Team aber eher zusammen. „Man hört von ihm elf Monate im Jahr gar nichts. Und dann bei einer EM ist er der erste, der aus seinem Loch gekrochen kommt und meint, das Maul aufreißen zu müssen“, sagte Pekeler und legte nach: „Ich glaube, er war ein richtig guter Handballer. Aber seitdem hat er nicht dazu beigetrage­n, dass die Sportart in Deutschlan­d wächst oder weiter vorangebra­cht wird“, sagte Pekeler: „Deswegen kann man das, was er sagt, nicht mehr für voll nehmen.“

Prokop hatte sich seine Kritiker bereits unmittelba­r nach dem Sieg gegen Österreich, durch das sich Deutschlan­d für das Spiel um Platz fünf in Stockholm qualifizie­rte, seine Kritiker vorgenmmen. Die nach der knappen und vermeidbar­en Niederlage

gegen Kroatien angezettel­te Trainerdis­kussion hatte der 41-Jährige als „völlig überflüssi­g“bezeichnet: „Wir haben gegen Kroatien nach einem Riesen-Kampf mit einem Tor verloren. Ist das in Deutschlan­d der Maßstab, dass dann der Trainer infrage gestellt wird, wenn man Kroatien nicht schlägt?“

Deutschlan­d Keeper Andreas Wolff spielte die Brisanz der Trainerfra­ge, über die am Montagaben­d nach dem Spiel auch im Fernsehen heiß debattiert wurde, herunter. „Das Spiel spricht für sich“, sagte Wolff: „Taktikfuch­s Bob Hanning hat das sehr clever gemacht, dass er die Mannschaft gekitzelt hat, damit es kein Spiel wird, das zur Schlafnumm­er mutiert. Es ging nicht nur um die numerische Platzierun­g, sondern darum, ein Zeichen zu setzen. Die Taktik ist aufgegange­n, wir haben das Zeichen gesetzt.“

 ?? FOTO: DAVID BITZAN/IMAGO IMAGES ?? Bundestrai­ner Christian Prokop (3. von li.) jubelt mit seinen Spielern über ein Tor.
FOTO: DAVID BITZAN/IMAGO IMAGES Bundestrai­ner Christian Prokop (3. von li.) jubelt mit seinen Spielern über ein Tor.

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