Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Beim Zocken in der Zwickmühle
Die Bundesländer haben sich nach jahrelangem Hin und Her auf die bundesweite Freigabe des Glückspiels in Internetcasinos oder virtuellen Spielhallen geeinigt. Damit wird ein bisher weitgehend illegaler Massenmarkt legalisiert. Die Politik folgt damit zähneknirschend der Macht des Faktischen.
Beim Zocken steckt der Staat gleich in einer mehrfachen Zwickmühle. So darf er die Spielsucht nicht fördern. Da die Lust am Spiel um Geld aber tief im Menschen verwurzelt ist, kann er es auch nicht ganz verbieten, wenn er die Kontrolle darüber behalten will. Das war vor dem Siegeszug des Internets vergleichsweise einfach. Mit Lotto- und Totoangeboten wurden die Bundesländer selbst zum Anbieter von Glücksspielen. Mit den Erträgen daraus finanziert der Staat gesellschaftlich Nützliches, etwa Kultur- und Sportangebote.
Das Onlinespiel entwickelte sich dann aber schnell zur milliardenschweren Konkurrenz für die absichtlich langweilig gehaltenen öffentlichen Spielangebote. Ob Roulette oder Blackjack, Torwetten oder Wahlausgänge – die Einsätze können schnell, jederzeit und überall platziert werden. Ob alles korrekt zugeht, weiß niemand. Viele Anbieter entziehen sich einer staatlichen Kontrolle. Sie führen dem Staat seine Hilflosigkeit vor.
Wer also soll dieser Aufgabe nachkommen und die Spielsucht eindämmen, wenn ihm praktisch das Rüstzeug dafür fehlt? Das geht nur, wenn er legale Alternativen zum eigenen Angebot zulässt und reglementiert. Es ist ein Kompromiss, der zumindest die Steuereinnahmen aus dem dann legalen Glücksspiel sichern könnte. Das klappt, wenn viele „normale“Spieler, die mit einem überschaubaren Einsatz Spaß am Wettkribbel haben, bei einem hiesigen Anbieter spielen.
Im Kampf gegen die Spielsucht sind die Erfolgsaussichten jedoch bescheiden. Zocker, die in der deutschen Sperrdatei erfasst sind und es nicht lassen können, finden anderswo jedoch weiterhin leicht eine Möglichkeit, alles zu verlieren.