Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Teenager träumen von traditionellen Jobs
Viele 15-Jährige ignorieren laut Pisa-Studie Folgen der Digitalisierung – Wirtschaft besorgt
BERLIN (dpa) - Ärztin, Lehrerin, Anwalt, Polizist – die Traumberufe von Jugendlichen haben sich trotz des digitalen Wandels in den vergangenen 20 Jahren kaum verändert. Weltweit streben die Jugendlichen, dies belegt eine Analyse der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), immer noch vor allem in Berufe aus dem vergangenen Jahrhundert. Die OECD legte am Mittwoch eine Sonderauswertung der neuesten PisaStudie vor und kommt zu dem Schluss, „dass auch im Zeitalter sozialer Medien und Künstlicher Intelligenz“Jugendliche vor allem etablierte Berufe bevorzugen.
Im Rahmen des aktuellen PisaSchulleistungsvergleichs vom Dezember 2018 wurde den 15-jährigen Teilnehmern auch die Frage gestellt, in welchem Beruf sie glauben, später einmal zu arbeiten. Befragt wurden weltweit gut 600 000 Schüler, darunter 5500 deutsche. Es waren keine Antworten vorgegeben. Die meisten Mädchen in Deutschland (10,4 Prozent) sehen sich im Alter von 30 wieder in der Schule: als Lehrerin. Dahinter folgen Ärztin (10), Erzieherin (6,4), Psychologin (4,5). Bei den Jungen sieht es anders aus: Die meisten 15-Jährigen (6,7 Prozent) erwarten, dass sie mit 30 IT-Spezialist sein werden. Oben im Ranking stehen aber weiterhin auch Industrie- und Automechaniker (5,2 und 5,1), Polizist (4,5) und Lehrer (3,8).
OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher forderte am Mittwoch, dass Berufsberatung in den Schulen einen höheren Stellenwert bekommen sollte. „Es besteht ein großes Risiko, dass wir die nächste Generation für unsere Vergangenheit ausbilden und nicht für deren Zukunft“, sagte er. „Man kann nicht werden, was man nicht kennt.“Handlungsbedarf sieht auch die Wirtschaft. Viele Jugendliche seien auf ihren Traumberuf festgelegt und schlügen andere Ausbildungsangebote in weniger bekannten Berufen aus, da sie zu wenig darüber wüssten, sagte Achim Dercks, der Chef des Deutschen Industrieund Handelskammertages (DIHK). Er forderte, dass Jugendliche früher praktische Erfahrungen in Betrieben machen sollten. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, HeinzPeter Meidinger, sieht dies gelassen: Viele der Berufe, wie Lehrer oder Arzt würden weiter gebraucht, dort herrsche sogar Nachwuchsmangel. Entscheidend sei, „dass wir Kindern und Jugendlichen in den Schulen eine solch umfassende Allgemeinbildung und so viel grundlegende Kompetenzen vermitteln, dass sie flexibel genug sind, sich auf die sich verändernde Berufswelt einzustellen.“