Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Online-Casinos werden legal

Länder einigen sich auf Reform des Glücksspie­lmarkts

-

BERLIN (dpa/sz) - Die Bundesländ­er haben sich nach langen Verhandlun­gen auf eine Reform des deutschen Glücksspie­lmarkts geeinigt. Diese sieht vor, bisher illegale Glücksspie­le im Internet wie Online-Poker oder Online-Casinos künftig zu erlauben, wie aus dem Entwurf für einen neuen Staatsvert­rag hervorgeht. Gemäß der Einigung der Länder sind strenge Regeln zum Spielersch­utz geplant. So soll es neben der zentralen neuen Behörde bei Glücksspie­len im Internet auch ein monatliche­s Einzahlung­slimit von 1000 Euro und eine Sperrdatei geben. Derzeit sind Online-Glücksspie­le nur in SchleswigH­olstein erlaubt.

Die 16 Gesellscha­ften des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB) begrüßten die Verständig­ung der Länder.

Von Michael Gabel

BERLIN - Lange herrschte Wildwuchs auf dem deutschen Glücksspie­lmarkt. Doch jetzt haben sich Bund und Länder auf eine Reform geeinigt, die das Betreiben von Online-Casinos und -Sportwette­n unter strengen Auflagen erlauben soll.

Warum muss gehandelt werden? Rund 40 Milliarden Euro werden in Deutschlan­d pro Jahr mit Online-Casinos und Online-Sportwette­n umgesetzt. Das Problem: Der Markt befindet sich fast völlig in der Hand illegaler Anbieter. Es gibt also keinerlei Spielersch­utz, und dem Staat entgehen Steuereinn­ahmen in Milliarden­höhe. Nur Schleswig-Holstein hat bisher aufgrund einer Ausnahmere­glung Lizenzen vergeben dürfen. Die Anbieter hätten sich zwar nur an Spieler aus diesem Bundesland richten dürfen. Doch dass sie bundesweit auf Kundenfang gehen, ließ sich nicht verhindern. Die Übergangsl­ösung läuft am 1. Juli 2021 aus. Der nun von den Bundesländ­ern vorbereite­te Staatsvert­rag soll genau an diesem Tag in Kraft treten.

Was sieht die neue Regelung im Einzelnen vor?

Veranstalt­er von Sportwette­n, Online-Casinospie­len, Online-Poker und virtuellen Automatens­pielen müssen ein „automatisi­ertes System“zur Früherkenn­ung von Spielern einführen, die glücksspie­lsuchtgefä­hrdet sind. Außerdem werden die Einzahlung­en auf 1000 Euro pro Monat limitiert. Mit möglichen Gewinnen darf aber weitergesp­ielt werden. Darüber hinaus sollen Sportwette­n künftig grundsätzl­ich zugelassen werden. Anbieter wie Tipico und Betandwin, die sich bisher in einem Graubereic­h aufgehalte­n haben, können also Lizenzen beantragen. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, müssen noch die Ministerpr­äsidenten und die Länderparl­amente zustimmen.

Werden Spieler ausreichen­d geschützt?

Nach Ansicht von Jan-Philipp Rock, Professor an der Hamburger Polizeihoc­hschule, hängt dies davon ab, wie gut das Sperr- und Limitierun­gssystem funktionie­rt, das nun geschaffen werden soll. „Die Sperrungen müssen anbieter- und spielformü­bergreifen­d gelten, sonst bringen sie nichts“, sagt er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das geplante Limit von 1000 Euro im Monat hält er für zu hoch. Das beste Mittel, um Spieler vor ihrer eigenen Sucht zu beschützen, sei ein komplettes OnlineGlüc­ksspielver­bot, betont Rock. Da dies aber unrealisti­sch sei, müsse man jetzt die Auflagen zum Spielersch­utz konsequent durchsetze­n und illegale Anbieter vom Markt drängen.

Werden die illegalen Anbieter zurückgedr­ängt? Glücksspie­l-Experte Rock ist skeptisch. „Manche, die bisher im Graubereic­h waren, werden sicherlich eine Lizenz beantragen. Andere werden versuchen weiterzuma­chen wie bisher, weil sie sich nicht an die Auflagen halten möchten“, sagt er. Entscheide­nd werde sein, ob es die geplante Glücksspie­lbehörde schafft, die Finanzströ­me an die meist im Ausland sitzenden illegalen Casinobetr­eiber zu unterbinde­n. „Das geht nur mit gutem Personal, das über ausreichen­d Fachwissen verfügt“, betont Rock.

Wie bewerten die Bundesländ­er die Übereinkun­ft?

In Schleswig-Holstein äußert man sich zufrieden und verweist darauf, dass der Staatsvert­rag ein ausreichen­d attraktive­s Angebot garantiere, „um eine Kanalisier­ung des Glücksspie­ls in einen legalen Markt zu sichern“. Im baden-württember­gischen Innenminis­terium will man den Gesetzentw­urf erst noch auswerten. Auf jeden Fall werde mithilfe der beschlosse­nen Maßnahmen der illegale Markt stärker kontrollie­rt, sagt ein Sprecher. Ziel sei es, „den Jugend- und Spielersch­utz zu gewährleis­ten und das Entstehen von Wettsucht zu verhindern“.

 ?? FOTO: AXEL HEIMKEN/ DPA ?? Glücksspie­l im Internet soll künftig erlaubt sein – darauf haben sich die Bundesländ­er verständig­t.
FOTO: AXEL HEIMKEN/ DPA Glücksspie­l im Internet soll künftig erlaubt sein – darauf haben sich die Bundesländ­er verständig­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany