Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Singles brauchen mehr Eigenkapital
Alleinstehende müssen bei Auswahl der Immobilie und Finanzierung einiges beachten
Von Katja Fischer
DÜSSELDORF (dpa) - Als Single ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu finanzieren, ist eine große Herausforderung – aber nicht unmöglich. Wie Paare oder Familien müssen sie gut planen. „Entscheidend für die Finanzierung ist die individuelle Einkommens- und Vermögenssituation. Wir sind bei Singles nicht kritischer als sonst“, versichert Markus Gütler-Ungerer, Bezirksdirektor bei der Landesbausparkasse LBS Südwest. „Die Kapitaldienstprüfung muss positiv ausfallen, da gibt es für Alleinstehende keinen Malus und auch keinen Bonus.“
Auch Thomas Hentschel von der Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen macht die Erfahrung, dass die Geldinstitute im Wesentlichen einheitliche Kriterien anlegen. „Die können Singles aber manchmal schwerer erfüllen, weil sie eben auf sich allein gestellt sind.“
Hentschel nennt ein Beispiel: Die Grundvoraussetzung für ein Immobiliendarlehen sei ein festes Arbeitsverhältnis. „Wer selbstständig oder nur befristet angestellt ist, fällt schon mal raus. Hätte der potenzielle Käufer einen Partner, sähe die Sache unter Umständen schon anders aus.“
Schon bei der Entscheidung für eine Immobilie sollten diejenigen, die alleine die Verantwortung dafür übernehmen wollen, aber gut abwägen, rät Hentschel. Wie teuer darf das Haus oder die Wohnung sein? Kann ich mir während der Laufzeit des Darlehens Urlaube oder andere Annehmlichkeiten leisten? Was passiert bei Arbeitsplatzverlust oder Krankheit? „Diese Fragen sollte man im Vorfeld ehrlich beantworten, damit die Immobilie nicht zum Alptraum wird“, so Hentschel.
Für alle Käufer, aber vor allem für Singles ist es wichtig, dass die Belastung durch Abzahlung der Schulden nicht zu hoch ist. „Monatlich 1000 Euro sollten schon zum Leben übrig bleiben“, meint Hentschel.
Viele Banken gehen bei ihren Angeboten davon aus, dass die Kreditrate für Zins und Tilgung nicht mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens betragen sollte. Dazu kommen dann noch die Unterhaltskosten für die Immobilie. Bleiben also rund 60 Prozent des Nettoeinkommens für das tägliche Leben, rechnet der Verbraucherschützer vor. Manche Kreditinstitute legen allerdings strengere oder weichere Maßstäbe an.
Singles müssen auch das Eigenkapital für die Immobilienfinanzierung allein aufbringen. „Da verlangen die Banken durchaus höhere Summen als bei Paaren“, beobachtet Christoph Brechtel, Spezialist für Baufinanzierung bei der Dr.-Klein-Baufinanzierung, einem bundesweit tätigen Finanzdienstleister. „Das hat aber auch einen Vorteil, denn mit dem höheren Eigenkapital reduziert sich die Darlehenssumme und damit auch Zinssatz und Monatsrate.“
Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geht davon aus, dass 20 Prozent der Gesamtkosten als Eigenkapital einzusetzen sind, dazu kommen ihrer Rechnung zufolge erfahrungsgemäß zehn Prozent der
Gesamtkosten als Kaufnebenkosten. „Mit diesen Größenordnungen müssen auch Singles kalkulieren“, so Hentschel.
Da Singles die Immobilienfinanzierung allein stemmen, müssen sie auch für eventuelle Engpässe und Notfälle vorsorgen. „Zwingend erforderlich sind besondere Absicherungen zwar nicht, im Rahmen der Risikoaufklärung in der individuellen Beratung empfehlen wir unseren Kunden aber eine Absicherung entsprechend ihrem Bedarf“, sagt Gütler-Ungerer. Dazu gehört, sich rechtzeitig günstige Zinsen für die Zeit nach dem Ablauf der Zinsfestschreibung zu sichern. „Statt Sondertilgungen zu vereinbaren, sollten Alleinstehende lieber einen finanziellen Puffer aufbauen, über den sie kurzfristig verfügen können“, rät Brechtel.
Sinnvoll kann auch der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sein, um im Notfall die Raten weiterbezahlen zu können. „Allerdings scheitert das bei nicht mehr ganz jungen Käufern oft an Vorerkrankungen. Dann bekommen sie keine Berufsunfähigkeitsversicherung mehr oder nur eine zu sehr ungünstigen Konditionen“, weiß Hentschel.
Singles, die zwar allein finanzieren, aber nicht alleine leben, sind demnach mit einer Risikolebensversicherung gut beraten. Die kann im Fall des Falles etwa dem Kind zugutekommen, sodass auch nach dem Tod des Käufers Geld für die Ratenzahlungen da sein sollte.
Auch beabsichtigte Veränderungen sollten Singles frühzeitig im Blick haben. „Lage, Umfeld und Infrastruktur spielen bei der Entscheidung für eine Immobilie immer eine wesentliche Rolle. Besonders junge Alleinstehende, die erstmals ein Objekt kaufen, sollten aber mit Blick auf die Wiederverkaufbarkeit noch mehr als andere Käufer auf die Lage achten“, rät Gütler-Ungerer. „Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie später eine Familie gründen oder umziehen, ist hoch.“