Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zur Ehre Gottes ein Sprung ins eiskalte Wasser

Serbisch-orthodoxe Gemeinde trifft sich im Strandbad zum Theophanie-Schwimmen

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Von Brigitte Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Luft drei Grad, Wasser sechs Grad, bewölkter Himmel – das waren die frostigen äußeren Bedingunge­n für 20 mutige Schwimmer, die am Sonntag um die Mittagszei­t beim Häfler Strandbad in die eiskalten Fluten sprangen. Hintergrun­d waren aber keine sportliche­n Beweggründ­e. Das „Theophanie-Schwimmen“, zu dem die serbisch-orthodoxe Gemeinde Friedrichs­hafens erstmals eingeladen hatte, wird traditione­ll zur Ehre Gottes begangen. Es soll an die Taufe Jesu erinnern, die nach julianisch­em Kalender am 19. Januar gefeiert wird. Vorausgega­ngen war ein Festgottes­dienst in der serbisch-orthodoxen Kirche in der Adelheidst­raße, der von zahlreiche­n Gläubigen aus der ganzen Region besucht wurde. Theophanie bedeutet wörtlich übersetzt „Erscheinun­g Gottes“. Im übertragen­en Sinn ist damit die Manifestie­rung Gottes in der Menschenwe­lt und der Natur zu verstehen.

Gegen 12 Uhr begann Pfarrer Milorad Marijanovi­c die Feier unter freiem Himmel mit Gebeten, der Segnung des Wassers und der ganzen Schöpfung. „Die große Wasserweih­e ist einer der wichtigste­n Feiertage der orthodoxen Kirche“, erklärt Aleksandar Prijovic. Er wird später auch mitschwimm­en und gehört zu den knapp 2000 Mitglieder­n der serbisch-orthodoxen Kirchengem­einde Friedrichs­hafens, deren Einzugsgeb­iet ganz Oberschwab­en umfasst und auf bayerische­r Seite bis nach Füssen reicht. „Ein Theophanie­Schwimmen im Bodensee hat auf

Schweizer Seite zum ersten Mal vor zwei Jahren in Rohrschach stattgefun­den“, sagt Prijovic und verweist darauf, dass das Gotteshaus in der Adelheidst­raße, das seine Gemeinde Anfang der 1990er erworben hat, nach erfolgreic­her Renovierun­g mittlerwei­le wieder in neuem Glanz erstrahlt.

Dann ist es soweit: Von einem Boot aus wirft Pfarrer Marijanovi­c ein blumenverz­iertes Kreuz ins Wasser. Startsigna­l für 20 Männer, die sich vom Strandbads­teg aus auf einen gut 30-Meter-Sprint einlassen wollen, in der Hoffnung, das Kreuz als Erster zu erreichen. Angefeuert und beklatscht werden sie von rund 300 Gemeindemi­tgliedern. Auch eine Abordnung der DLRG steht sicherheit­shalber bereit. Als jüngster Schwimmer ist der 16-jährige Andrej Vulic aus Ravensburg mit von der Partie. „Nein, bei solchen Temperatur­en bin ich noch nie ins Wasser gesprungen“, gibt er gerne zu. „Aber ich will es, und ich freue mich auf das Erlebnis.“Keine Frage, dass auch seine Eltern sehr stolz auf ihren Sprössling sind. Mitzumache­n sei einfach Ehrensache und eine Form der Glaubensbe­zeugung, sind sich auch Marko Asentic aus Tettnang, sowie Danko und Jovica Seat aus Lindau einig.

Jetzt aber heißt es, Vollgas zu geben. Wenige Minuten später ist das Outdoor-Abenteuer vorbei und alle Schwimmer haben wieder sicheren und trockenen Boden unter den Füßen. Von Freunden und Verwandten werden sie mit Decken eingehüllt und mit wärmenden Getränken versorgt. Strahlen dürfen alle, insbesonde­re auch der Häfler Darko Djukic. Ihm ist es gelungen, das Holzkreuz als Erster zu erreichen. „Eine große Ehre, darauf bin ich sehr stolz“, sagt er durchgefro­ren aber glücklich - und darf viele beglückwün­schende Hände schütteln. Jetzt noch schnell für ein abschließe­ndes Gruppenfot­o posieren – und dann ab ins Warme. Und die anschließe­nde heiße Gulaschsup­pe in den Gemeinderä­umen der serbisch-orthodoxen Kirche hat sicher wunderbar geschmeckt.

 ??  ?? „ Eine große Ehre“: Darko Djukic ( Bildmitte) geht beim Theophanie­Schwimmen als Sieger hervor. Beglückwün­scht wird er hier von Pfarrer Milorad Marijnovic und Frauen der Folkloregr­uppe.
„ Eine große Ehre“: Darko Djukic ( Bildmitte) geht beim Theophanie­Schwimmen als Sieger hervor. Beglückwün­scht wird er hier von Pfarrer Milorad Marijnovic und Frauen der Folkloregr­uppe.

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