Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Platz zwei – und trotzdem alles aus
Trotz sportlichem Erfolg zieht die SpVgg ihre Frauenmannschaft vom Spielbetrieb zurück
Von Theresa Gnann
LINDAU - Es ist schon eine besondere Situation. Die Fußballerinnen der Spielvereinigung Lindau stehen auf dem zweiten Platz der Landesligatabelle, haben nur zwei Punkte Rückstand auf den Tabellenführer und damit eigentlich beste Chancen auf einen Aufstieg – und trotzdem sehen sie keinen anderen Ausweg, als die Mannschaft vom Spielbetrieb zurückzuziehen. „Es geht einfach nicht anders“, sagt Hans Langenbach, der sich bei der Spielvereinigung seit Jahren für den Frauenfußball engagiert.
Der Hauptgrund für den Rückzug ist simpel: Es gibt nicht mehr genügend Spielerinnen. Die Lindauerinnen spielten bereits die ganze Hinrunde in Minimalbesetzung, zum Teil ganz ohne Auswechselspielerinnen. Zur Winterpause verschärfte sich das Problem drastisch. Fünf weitere Spielerinnen sagten ab, weil sie für das Studium wegziehen, weil sie verletzt sind – oder weil ihnen der Aufwand, in der Landesliga zu spielen schlicht zu groß ist. Zu letzteren gehört Torjägerin Annika Stohr, die zum TSV Schlachters in die Bezirksliga wechselt ebenso wie die slowakischen Zwillinge Veronika und Adela Gibasova, die bisher aus der Schweiz für Trainingseinheiten und Spiele nach Lindau pendelten.
Zwar gelang es den Verantwortlichen, ein paar ehemalige Spielerinnen zu reaktivieren und zwei neue von einem Wechsel zu überzeugen, doch das reichte nicht. Auch Überlegungen, eine Spielgemeinschaft mit benachbarten Vereinen zu gründen, scheiterten. Zu allem Überfluss gab schließlich auch Trainer Achim Schnober bekannt, sein Amt nach mehr als fünf Jahren aufzugeben. „Als wir vor ein paar Wochen an einem Spieltag morgens nur neun Spielerinnen zur Verfügung hatten, ist bei mir die Entscheidung gefallen“, sagt er. „Dass wir momentan auf dem zweiten Tabellenplatz stehen, war nur mit einem riesigen Aufwand möglich. Langfristig ist das nicht zu leisten. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt, aufzuhören.“
Schnobers Rückzug veranlasste zwei weitere Spielerinnen, den Verein zu verlassen – damit war jede Hoffnung zerstört. „Mit neun Spielerinnen braucht man keine Mannschaft machen“, sagt Langenbach sichtlich enttäuscht. Er macht die Vereinsführung mitverantwortlich für die Situation. „Die Frauen durften nie auf den neuen Kunstrasen, mussten immer in Zech trainieren, zum Teil mit nur drei Flutlichtern und Löchern in der Wiese. Solche Zustände kann ich vor allem den Spielerinnen, die von weit herkommen, um bei uns zu spielen, nicht erklären.“
In einem Gespräch mit der neuen
Vorstandschaft sei ihm klar geworden, dass er auf die Unterstützung des Vereins nicht zählen könne, sagt er. „Es ist ja auch finanziell nicht klar, wie es bei der Spielvereinigung weitergeht. Und ich muss unseren Spielerinnen ja wenigstens Fahrtgeld zahlen.“
Den Vorwurf der mangelnden Unterstützung weist SpVgg-Präsident Michael Lehmann zurück. „Ich glaube nicht, dass die Frauen aufhören, weil sie in Zech tranieren mussten“, sagt er und bedauert, dass die Frauenmannschaft sich zurückzieht. „Es ist wirklich schade, dass die Mannschaft nicht weitermacht. Das war guter Fußball. Und es war in Lindau wirklich anerkannt. Es tut mir weh, dass sie aufhören.“
Hans Langenbach weiß nach 14 Jahren Engagement im Frauenfußball noch nicht, wie es für ihn weitergeht. „Das war eine Lebensaufgabe für mich. Aber der Frauenfußball hätte bei der Spielvereinigung wohl sowieso keine Zukunft gehabt. Ich fühle mich wie Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft“, sagt er.
Bis zum Ende der Saison will er aber mindestens weiter aktiv bleiben und sich um die Mädchenmannschaften kümmern. Und so ganz scheint er mit der SpVgg noch nicht abgeschlossen zu haben. „Wer weiß, vielleicht ergibt sich ja im Sommer mit ein paar Jugendspielerinnen etwas neues hier in Lindau. Dann bin ich jederzeit bereit, wieder zu helfen.“