Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Druck beim VfB vor dem kleinen Derby
Das Derby gegen Heidenheim ist für den VfB Stuttgart nur der Start in turbulente elf Tage
STUTTGART/HEIDENHEIM (dpa/ sz) - Den VfB Stuttgart und den 1. FC Heidenheim trennen in vielerlei Hinsicht Welten, in der Zweitliga-Tabelle liegt jedoch nur ein Punkt zwischen ihnen. Gewinnt der kleine Club von der Ostalb an diesem Mittwoch (18.30 Uhr/Sky) beim großen Nachbarn, würde er am VfB vorbeiziehen. Der Druck beim Aufstiegsfavoriten ist somit immens: sowohl für den neuen Trainer Pellegrino Matarazzo als auch für Vorstandschef Thomas Hitzelsperger.
STUTTGART (falx/dpa/SID) - Den VfB Stuttgart und den 1. FC Heidenheim trennen in vielerlei Hinsicht Welten, aber in der Tabelle der 2. Bundesliga liegt gerade mal ein Punkt zwischen ihnen. Gewinnt der kleine Club von der Ostalb (18.30 Uhr/Sky) beim großen schwäbischen Nachbarn, würde er also am Aufstiegsfavoriten vorbeiziehen und dem Nachbarn nach seinem Trainerwechsel gleich einmal einen gehörigen Dämpfer verpassen. Eine gute Frühform wird für den VfB von Nöten sein, immerhin läuten die Stuttgarter mit ihrem straffen Startprogramm mit vier Spielen in elf Tagen (Heidenheim, St. Pauli, im Pokal gegen Bayer Leverkusen sowie zu Hause gegen Aue) direkt wieder Schicksalstage ein. Heidenheim kann etwas befreiter aufspielen. Zudem hat Heidenheim schon mal bewiesen, dass er dem VfB gefährlich werden kann:
EIN FREITAGABEND IM SEPTEMBER: Den 9. September 2016 würden die meisten VfB-Fans am liebsten aus ihrem Gedächtnis streichen. Das erste Duell der ungleichen Rivalen in der Stuttgarter Arena gewann Heidenheim überraschend mit 2:1 – was nicht nur zu lautstarken Pfiffen, sondern auch zur Trennung von VfB-Trainer Jos Luhukay führte. Auch in dieser Saison hat die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt den großen Nachbarn bereits geärgert. Trotz einer 2:0-Führung nach Toren von Hamadi Al Ghaddioui und Holger Badstuber kam der VfB in Heidenheim in der Hinrunde nicht über ein 2:2 hinaus.
DIE VORAUSSETZUNGEN: „Wenn alles normal läuft in so einem Spiel, kann man davon ausgehen, dass der VfB Stuttgart seine Heimspiele gewinnt, egal gegen wen, auch gegen uns“, sagte Trainer Frank Schmidt vor dem vierten Aufeinandertreffen in der 2. Liga: Wenn alles normal gelaufen wäre, müsste der VfB angesichts des teuersten Kaders, der besten Voraussetzungen und der großen Fan-Unterstützung an der Tabellenspitze stehen. „Aber 2. Liga ist nicht immer normal.“
Was dem FC Heidenheim in die Hände spielen könnte: In der Hinrunde zeigte der VfB seine zweifellos vorhandene Qualität viel zu selten. Der erst im Sommer verpflichtete Tim Walter musste den Trainerstuhl für Newcomer Pellegrino Matarazzo räumen, der mit dem Derby startet.
DIE TRAINER: Seit September 2007 arbeitet Schmidt als Trainer des FCH, den der aktuell dienstälteste Coach im deutschen Profifußball von der Oberliga bis in die Spitzenplätze der 2. Liga führte. Pellegrino Matarazzo steht dagegen vor seinem ersten Spiel als Chefcoach einer Profimannschaft. Der 42-Jährige ist seit der Trennung von Bruno Labbadia im August 2013 bereits der 14. Coach beim Traditionsclub. In den bisherigen drei Spielen gegen den VfB traf Schmidt auf drei verschiedene Trainer: erst Jos Luhukay, dann Hannes Wolf und zuletzt Tim Walter.
DIE ZAHLEN: Dass beim VfB die Hinrunde alles andere als nach Wunsch verlaufen ist, lässt sich aber nicht nur anhand der Trennung von Trainer Walter ablesen. 24 Gegentore haben die Stuttgarter bereits eingefangen, Heidenheim dagegen stellt mit gerade mal 18 kassierten Treffern die beste Defensive der Liga. Auch 30 erzielte Tore entsprechen nicht den Vorstellungen der VfB-Verantwortlichen, selbst wenn man damit drei mehr als Heidenheim auf dem Konto hat. Aber was die Torjäger angeht, liegt Heidenheim wieder vorne. Bester Torschütze ist Tim Kleindienst (7), beim VfB führt Al Ghaddioui (5) die Rangliste an.
DIE NEUERUNGEN: Nach dem zuweilen zähen Ballbesitzfußball unter Walter möchte der Neu-Trainer mehr Tempowechsel und Zug zum Tor ins Spiel bringen, auch die bislang wacklige Defensive war Trainingsschwerpunkt, auch wenn die Vorbereitungszeit für Matarazzo kurz war. „Wir haben viele Inhalte reingepresst, viel Kopfarbeit geleistet. Man spürt, dass ein paar Automatismen schwer zu brechen sind“, sagte der langjährige Nürnberger Jugendtrainer. Die Stuttgarter Ergebnisse in der Vorbereitung waren verheißungsvoll: drei Siege bei drei Spielen, darunter ein souveräner Erfolg gegen den Schweizer Vizemeister FC Basel. Auch die Elf von der Brenz tankte in der Vorbereitung mit vier Siegen Selbstvertrauen. Trainer Schmidt sagt deshalb: „In der Vorbereitung haben wir nicht alles um 180 Grad gedreht. Bis auf zwei, drei Spiele
war es bisher in dieser Saison sehr schwer, gegen uns zu Toren und Torchancen zu kommen. [...] Aber Spiele gewinnt man nur, wenn man auch Tore schießt. In der Hinrunde waren wir sehr effektiv. Auch darauf liegt wieder unser Fokus.
STIMMEN ZUM DERBY: „Das wird kein Spaziergang, aber wir müssen das annehmen. Wir sind bereit für den Start“, sagt Matarazzo: Sein Heidenheimer Pendant verspricht: „Wir treten nicht an, um zu verlieren oder um irgendwie zu einem Punkt zu kommen. Da, wo wir jetzt sind, sind wir hingekommen, weil wir mutig sind und uns im Kopf nicht beschränken.“
PERSONALSORGEN BEIM VFB: Verzichten müssen die Stuttgarter auf die Routiniers Holger Badstuber (Muskelfaserriss) und Gonzalo Castro (Gelbsperre). Silas Wamangituka wird krankheitsbedingt wohl ebenfalls fehlen.
Bei den Heidenheimern waren zum Wochenstart bis auf Jonas Brändle alle Spieler im Training.