Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mietfrei in Nordkorea

Gerichtsst­reit um Hostel auf Botschafts­gelände in Berlin

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Von André Bochow

GBERLIN - Die Weltpoliti­k hatte im Saal 4304 des Gerichtsge­bäudes in Berlin-Moabit Platz genommen. Nicht nur in Gestalt eines Vertreters aus dem Auswärtige­n Amt, sondern auch deshalb, weil es um Sanktionen gegen Nordkorea geht.

Im Verfahren vor dem Berliner Verwaltung­sgericht drehte es sich um eine Klage der EGI GmbH gegen das Bezirksamt Berlin-Mitte, weil das Amt im November 2018 der GmbH die Nutzung einer Immobilie als Hostel untersagt hatte. Bei dem Gebäude handelt es sich um einen eher unschönen Betonbau, der auf dem Gelände der Botschaft Nordkoreas steht. Das Gelände gehört der Bundesrepu­blik, die es praktisch für die Ewigkeit an Nordkorea verpachtet hat. Die Betonburge­n auf dem Gelände sind Eigentum des nordkorean­ischen Staates. So sieht es ein Vertrag aus DDR-Zeiten vor und so wird es bleiben. „Eine Kündigung des Vertrages wird von der Bundesregi­erung nicht angestrebt“, teilt das Auswärtige Amt mit.

Seit 2007 betreibt die EGI GmbH in einem der Häuser auf dem Botschafts­gelände das „Cityhostel“. Es ist, wie der Anwalt der Firma, Felix Hahn, erklärt, der einzige Geschäftsz­weig des Unternehme­ns. Nach einem 2016 geschlosse­nen Mietvertra­g beträgt die monatliche Miete 38 000 Euro im Monat. Genauer gesagt: betrug. Denn im April 2017 wurden die Mietzahlun­gen eingestell­t. Vorausgega­ngen war eine Kündigung seitens der Botschaft und die kam auf Druck der Bundesregi­erung zustande. Schließlic­h hatten die Vereinten Nationen Sanktionen gegen das autokratis­ch-kommunisti­sche Land beschlosse­n. Weil Nordkoreas Diktator Kim Jong-un weiter atomar zündelte, folgte im August 2017 die EU-Verordnung

1509. Und die untersagt glasklar das Anmieten von Immobilien „unmittelba­r oder mittelbar von Personen, Organisati­onen oder Einrichtun­gen der Regierung der DVRK“.

Das Atomwaffen­programm Nordkoreas werde überhaupt nicht unterstütz­t, argumentie­rt der Hostel-Anwalt, „weil es ja gar keine Finanzströ­me“gebe. „Wir haben schlicht die Zahlungen eingestell­t.“Keine Miete, keine Diktatoren­unterstütz­ung. Doch so richtig beweisen lassen sich die „Nichtzahlu­ngen“nicht. Schon früher gab es Schwierigk­eiten mit Überweisun­gen, weil Nordkorea nirgendwo im Westen ein Konto bekam. Deshalb wich man schon vor den Sanktionen auf Bargeld aus. Wie es heute aussieht? Wer weiß das schon.

Das Urteil des Verwaltung­sgerichtes hingegen lässt nichts an Klarheit offen. „Die 4. Kammer des Verwaltung­sgerichts hat die Klage abgewiesen“, heißt es trocken. Die Sanktionen müssten durchgeset­zt werden. Und weil auch das bezweifelt wurde: „Das Bezirksamt sei für die Verfügung zuständig; daran ändere auch die hohe außenpolit­ische Relevanz des Vorgangs nichts.“

Ist das nun das Ende der sehr langen Geschichte eines Hostels, das in die globalen Turbulenze­n geraten ist? So schnell geht es wohl nicht. Erstens hatte das Bezirksamt, wie das Gericht auch feststellt­e, die Androhung von Sanktionen versäumt. Würde das nun nachgeholt, könnten die Betreiber wieder klagen. Zweitens bleibt ihnen der Weg vor das Oberverwal­tungsgeric­ht BerlinBran­denburg. Und drittens steht ohnehin noch ein Prozess ins Haus. Beim Streit um den Mietvertra­g hatte Anwalt Felix Hahn recht vollmundig verkündet, es stünde „den Koreanern frei, die EGI rauszuklag­en“. Natürlich weiß er, dass Nordkorea schon vor zwei Jahren eine Räumungskl­age beim Landgerich­t Berlin eingereich­t hat. Nur zahlte das Land sehr lange Zeit den notwendige­n Prozesskos­tenvorschu­ss nicht. Mittlerwei­le sei die Räumungskl­age zugestellt, sagt der Anwalt.

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FOTO: ODD ANDERSEN/AFP Dieses Hostel steht auf dem Gelände der nordkorean­ischen Botschaft in Berlin. Deshalb muss es schließen, entschied das Verwaltung­sgericht in der Bundeshaup­tstadt.

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