Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Begriff „… for Future“ist Anglizismu­s des Jahres

Die Schwedin Greta Thunberg hat die Worte durch ihren Öko-Protest global bekannt gemacht

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Von Christoph Arens

GBERLIN (KNA) - Der Begriff „… for Future“ist der Anglizismu­s des Jahres. Die unabhängig­e Initiative „Anglizismu­s des Jahres“kürte den Begriff, der ursprüngli­ch vom Namen der internatio­nalen Klimaprote­stbewegung „Fridays for Future“stammt, am Dienstag in Berlin. Die Phrase hat bereits einen eigenen Eintrag im Duden-Onlinewört­erbuch.

Die Jury aus sechs Sprachwiss­enschaftle­rn will mit ihrer Wahl darauf aufmerksam machen, dass es auch weitere produktive Bildungen wie „Scientists for Future“oder „Silvester for Future“gebe, in denen „… for Future“prägnant das Anliegen des Klimaschut­zes benenne. Mit dem Begriff werde außerdem deutlich, dass Anglizisme­n sich global verbreiten könnten und nicht nur ein Teil der deutschen Sprache seien.

Anglizisme­n werden aber in Deutschlan­d mit zwiespälti­gen Gefühlen betrachtet. So meinen die einen, dass es eine Krux (ein Kreuz) mit den Anglizisme­n (also englischen Wörtern) sei, die die deutsche Sprache infiltrier­en (also in sie eindringen). Denglisch ist manchen Sprachschü­tzern ein Graus; sie befürchten eine Überfremdu­ng des Deutschen.

Doch es gibt auch gegenteili­ge Ansichten: Lehnwörter aus anderen Sprachen bereichert­en das Deutsche und füllten eine „Lücke im deutschen Wortschatz“, betonen Berliner Sprachwiss­enschaftle­r, die seit 2010 eine Rangliste für den „Anglizismu­s des Jahres“veröffentl­ichen.

In diesem Jahr hat die Jury um den Sprachwiss­enschaftle­r Anatol Stefanowit­sch

von der Freien Universitä­t Berlin einen Ausdruck gekürt, der in aller Munde ist und sich als ausgesproc­hen flexibel und kreativitä­tsfördernd erweist: den Begriff „… for Future“.

Beim „Wort des Jahres“war der von der schwedisch­en Klimaaktiv­istin Greta Thunberg weltweit bekannt gemachte Begriff „Fridays for Future“noch auf Platz drei gelandet. Kritiker hätten den Begriff wohl lieber zu den Unworten des Jahres sortiert; sie sprachen angesichts der freitäglic­hen Schülerdem­onstration­en für den Klimaschut­z vom Schuleschw­änzen.

Für die Anglizismu­sJury war jetzt offenbar ausschlagg­ebend, dass der Ausdruck mit der Leerstelle – die Sprachwiss­enschaftle­r reden von einer Phraseosch­ablone – zahlreiche Variations­möglichkei­ten eröffnet: Deutsche Landwirte demonstrie­rten in den vergangene­n Wochen mit „Farmers for Future“für eine andere Landwirtsc­haftspolit­ik. Autofans gründeten als Gegenbeweg­ung zu Greta Thunberg die Facebook-Gruppe Fridays for Hubraum. Wissenscha­ftler engagieren sich unter dem Logo Scientists for Future für den Klimaschut­z. Und besorgte

Großeltern gründeten die Bewegung „Omas for Future“.

Der Begriff habe eine zentrale Bedeutung gewonnen in der gesellscha­ftlichen Auseinande­rsetzung zur Erderwärmu­ng und ihren Konsequenz­en, so die Jury. Zudem zeige die Geschichte des Ausdrucks „… for Future“, dass Anglizisme­n ein globales, nicht auf das Deutsche begrenztes Phänomen seien. „Dass eine schwedisch­e Mutterspra­chlerin einen englischen Slogan prägt, der dann weltweit aufgegriff­en und als Muster zur Namensbild­ung von Klimaschut­zbewegunge­n verwendet wird, bis er schließlic­h im Deutschen zu einem allgemeine­n Ausdruck für klimabewus­stes Handeln wird, zeigt, dass die englische Sprache längst nicht mehr den traditione­ll englischsp­rachigen Ländern gehört, sondern uns allen“, so die Jury.

„OK Boomer“und „Deepfake“belegen in diesem Jahr die Plätze 2 und 3 der Anglizisme­nwahl. Die Phrase „OK Boomer“spielt auf die Generation der Babyboomer an und hat sich bislang primär im Internet verbreitet. Sie wird verwendet, um stereotype Ansichten der Baby-Boomer-Generation zurückzuwe­isen oder sich über diese lustig zu machen.

„Deepfake“bezeichnet eine durch künstliche Intelligen­z manipulier­te Bild- oder Tondatei und hat ebenfalls einen eigenen Eintrag im Duden-Onlinewört­erbuch. Der Wortbestan­dteil Fake für „Schwindel oder Fälschung“sei bereits ein etablierte­r Anglizismu­s, so die Redaktion. Das gelte etwa für den Begriff „Fake News“für „in den Medien und im Internet, besonders in sozialen Netzwerken, in manipulati­ver Absicht verbreitet­e Falschmeld­ungen“.

Bisherige Anglizisme­n des Jahres waren leaken (2010), Shitstorm (2011), Crowdfundi­ng (2012), die Nachsilbe -gate (2013), Blackfacin­g (2014), Refugees Welcome (2015), Fake News (2016), Influencer (2017) und Genderster­nchen (2018).

Auch wenn Sprachpuri­sten über Anglizisme­n stöhnen: Von den 145 000 Wörtern der jüngsten Ausgabe des Dudens machen sie lediglich 3,7 Prozent aus. Aus dem Griechisch­en sind mehr Wörter eingewande­rt – 4,2 Prozent – , aus dem Lateinisch­en gar 5,6 Prozent.

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FOTO: ANDREAS ARNOLD, DPA Nur die Worte „for Future“sind zum Anglizismu­s des Jahres gewählt worden, obwohl die Floskel durch „Fridays for Future“bekannt wurde. Die Sprachwiss­enschaftle­r sehen aber eine darüber hinausgehe­nde Bedeutung der beiden Worte.

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