Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Rückkehrer mit Virus infiziert
G7-Staaten beraten über einheitliche Corona-Strategie
BERLIN (AFP) - Die G7-Staaten wollen nach Angaben der Bundesregierung über eine einheitliche Strategie gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus beraten. Er habe am Wochenende mit seinem US-Kollegen Alex Azar telefoniert, um „zu einer gemeinsamen Einschätzung der Lage zu kommen“, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Sonntag in Berlin.
Bis Sonntag wurden elf Fälle von Deutschen bekannt, die sich mit dem Virus infiziert haben. Unter ihnen sind auch zwei Rückkehrer aus der chinesischen Stadt Wuhan. Sie waren mit 122 weiteren Deutschen an Bord einer Maschine der Luftwaffe in Frankfurt am Main gelandet. Die beiden Infizierten wurden in die Isolierstation der Uniklinik Frankfurt gebracht. Derweil zeigten etwa 20 Passagiere, die mit einem Sonderflug nach Frankreich zurückgekehrt sind, ebenfalls Symptome der Virusinfektion.
Von Andreas Knoch
RAVENSBURG - Der Technologiekrieg zwischen den USA und China hat ein neues Schlachtfeld in den Niederlanden, und er lässt auch beim Optikkonzern Zeiss in Oberkochen und dem Laserspezialisten Trumpf aus Ditzingen die Alarmglocken schrillen. Es geht um Hightech und um die Frage, ob Schlüsseltechnologien an chinesische Kunden ausgeliefert werden dürfen. Im Zentrum des Konflikts: Der niederländische Chipausrüster ASML und seine supermodernen EUV-Lithografiesysteme, mit denen sich Computerchips von unvorstellbar winzigen Strukturen bauen lassen. Mitbetroffen: Die Zulieferer Zeiss und Trumpf.
Die Causa geht zurück auf das Jahr 2018. Damals hatte die Trump-Administration erfahren, dass die niederländische Regierung ASML eine Exportlizenz nach China ausstellen wollte. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge beabsichtigte ASML seine Maschinen an den chinesischen Halbleiterkonzern SMIC zu verkaufen. Die US-Regierung versuchte, das Geschäft zu blockieren – jedoch ohne Erfolg.
Daraufhin intervenierten hochrangige US-Politiker, unter anderen Außenminister Mike Pompeo, direkt bei der holländischen Regierung. Reuters zufolge soll Ministerpräsident Mark Rutte „wenigstens zweimal persönlich“auf das Geschäft angesprochen worden sein. Anscheinend mit Erfolg. Das niederländische Außenministerium, das über sensible Exportgenehmigungen zu entscheiden hat, brütet nun schon ein halbes Jahr an einer Entscheidung. Viel länger als üblich.
Die Chipmaschinen von ASML fallen unter das 1996 von 33 Staaten unterzeichnete Wassenaar-Abkommen. Darin geregelt ist der Export von konventionellen Rüstungsgütern und sogenannten „Dual-UseGütern“– also Produkte, Software und Technologie, die sowohl für militärische als auch für nicht-militärische Anwendungen genutzt werden können. „ASML braucht eine Exportlizenz von den niederländischen Behörden, wenn wir in ein Land liefern wollen, das das Wassenaar-Abkommen nicht unterzeichnet hat“, sagt ASML-Sprecher Sander Hofmann im Gespräch mit der „Schwäbischen
Zeitung“. China ist nicht Teil des Wassenaar-Abkommens.
ASML-Chef Peter Wennink gab sich in einem Gespräch mit dem holländischen Nachrichtensender Radio 1 vor einigen Tagen diplomatisch. Seine Firma sei nur der Hersteller einer Maschine, die Chips produziert. Welche Chips das seien und für welche Anwendungen sie genutzt würden, entscheide der Kunde. Und überhaupt: China komme auch ohne die ASML-Lithografiesysteme an die Chips. „China importiert ungefähr die Hälfte aller Chips, die auf der Welt produziert werden. Sie können die Chips auch aus anderen Ländern holen“, so Wennink.
Während es in den Niederlanden primär um die Frage geht, wie man sich in der Klemme zwischen zwei Großmächten verhält, wüssten die deutschen Zulieferer Trumpf und Zeiss gerne, welche Folgen der Streit für sie hätte.
Von Trumpf kommt auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“nur eine kurze Stellungnahme: Über unsere Kunden äußere man sich in der Regel nicht. Dies gelte einmal mehr, wenn sie wie ASML börsennotiert seien. Ganz grundsätzlich begrüße es Trumpf als international tätiges Unternehmen, wenn handelspolitische Spannungen überschaubar blieben. Zeiss zog es vor, in der Sache ganz zu schweigen.
Dabei geht es für alle drei Konzerne um viel. In die EUV-Technologie – die Abkürzung steht für extremultraviolettes Licht – hat das holländischschwäbische Trio rund zwei Jahrzehnte Entwicklungsarbeit und Milliarden an Forschungsgeldern gesteckt. Jetzt sollen die Früchte der Anstrengungen geerntet werden. Die Chancen dafür stehen bestens. Denn für die Chiphersteller sind ASML und seine schwäbischen Partner unverzichtbar. Ohne die Maschinen aus dem niederländischen Veldhoven sind Chips, wie sie für das autonome Fahren, für Industrie-4.0Andwendungen, für 5G-Mobilfunk oder für Big-Data-Analysen in Echtzeit benötigt werden, nicht wirtschaftlich zu produzieren.
Bei Trumpf macht das EUV-Geschäft schon heute einen substantiellen Anteil am Gesamtumsatz aus. Das Ditzinger Familienunternehmen steuert Kohlendioxidlaser für die EUV-Lithografiesysteme bei, mit denen sich das extremultraviolette Licht mit einer Wellenlänge von nur noch 13,5 Nanometern herstellen lässt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 (30. Juni) setzte die EUVSparte bei Trumpf 390 Millionen Euro um – knapp zehn Prozent des Gruppenumsatzes von 3,8 Milliarden Euro.
Zeiss liefert die Hochleistungsoptiken, mit denen das EUV-Licht über sechs Hightech-Spiegel bis auf den Wafer geleitet wird – das sind kreisrunde, dünne Siliziumscheiben, aus denen nach der Belichtung die Chips geschnitten werden. Der Konzern weist den EUV-Umsatz zwar nicht gesondert aus. Doch die Halbleitersparte,
zu der auch die EUV-Optiken gezählt werden, erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 (30. September) ein Wachstum von sieben Prozent auf 1,6 Milliarden Euro. Das ist gut ein Viertel des Konzernumsatzes von 6,4 Milliarden Euro.
Zusammengebaut werden die EUV-Lithografiesysteme in Reinräumen bei ASML in den Niederlanden – aus 100 000 Einzelteilen, 120 Millionen Euro teuer. 26 Systeme wurden im vergangenen Jahr weltweit ausgeliefert, 35 sollen es im laufenden Jahr sein. Die Technologie, heißt es bei den Partnern, sei am Markt angekommen. Der große Aufwand hat hier wie dort die Sicherheit genährt, keinen Konkurrenten fürchten zu müssen. Tatsächlich haben ASML, Zeiss und Trumpf bei EUV-Lithografiesystemen ein Monopol. Asiatische Giganten wie Nikon und Canon wurden komplett aus dem Markt gedrängt. Doch von unzugänglichen Märkten war in diesem „BusinessCase“nie die Rede.