Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kennzahlen helfen bei der Aktienausw­ahl

Was Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnis über die Börsenbewe­rtung verraten

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Von Thomas Spengler

GSTUTTGART - Um die Qual der Wahl bei Aktien zu erleichter­n, können auch dem Laien verschiede­ne Kennzahlen von Nutzen sein. Neben der in der vergangene­n Woche besprochen­en Dividenden­rendite gilt als eine der wichtigste­n Kennzahlen das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Es gibt an, in welchem Verhältnis der Gewinn eines börsennoti­erten Unternehme­ns zur aktuellen Börsenbewe­rtung steht. Üblicherwe­ise wird zur Ermittlung des Werts der Börsenkurs durch den Gewinn je Aktie dividiert. „Damit gibt das KGV darüber Auskunft, mit dem Wievielfac­hen des erwarteten Jahresgewi­nns die Aktie bewertet ist“, erläutert Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Oder anders ausgedrück­t, diese Kennzahl zeigt an, wie viele Jahre es dauern würde, bis das Unternehme­n den Wert seiner Aktien als Gewinn erwirtscha­ftet hätte. Als Faustregel gilt: Je niedriger das KGV also ist, desto besser.

Dem KGV liegt in der Regel der geschätzte Gewinn des laufenden oder des nächsten Jahres zugrunde. Damit wird versucht, der zu erwartende­n Gewinnentw­icklung gerecht zu werden. Allerdings sind die Gewinnschä­tzungen der Analysten mit gewissen Unsicherhe­iten behaftet, was die Aussagekra­ft des KGVs relativier­t. Auch gibt es keine verlässlic­he Grundregel, wann eine Aktie als billig oder teuer bewertet ist. Eine Aktie mit einem hohen zweistelli­gen KGV mag zwar als teuer erscheinen. Sofern das Unternehme­n aber eine dynamische Gewinnentw­icklung aufweist oder ein Garant für stabil hohe Dividenden­zahlungen ist, mag auch ein hoher Wert gerechtfer­tigt sein. Umgekehrt kann in Erwartung sinkender Gewinne der Börsenkurs gefallen sein und die Aktie als günstig erscheinen lassen. „Vor solchen optischen Täuschunge­n sollte man sich hüten“, warnt Kurz. Um ein Wertpapier korrekt einzustufe­n, sollte daher sein KGV immer mit dem anderer Werte der gleichen Branche verglichen werden. So wirkt Daimler mit einem KGV von rund 8,9 teurer als BMW mit 7,8 oder VW mit 6,1. Auch ein Vergleich mit dem Durchschni­tt der letzten zehn Jahre kann aufschluss­reich sein.

Eine mindestens ebenso hilfreiche Kennzahl wie das KGV ist das Kurs-Cash-Flow-Verhältnis, kurz: KCV. Ihm liegt der Cash-Flow, also der Geldfluss eines Unternehme­ns zugrunde, der die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben darstellt. Anhand der Cash-Flows lässt sich erkennen, ob ein Unternehme­n solvent ist. Ist der Cash-Flow im grünen Bereich, können Kredite getilgt und Investitio­nen aus eigener Kraft gestemmt werden. Die Kennzahl des KCV wird berechnet, indem der aktuelle Aktienkurs mit dem Cash-Flow pro Aktie geteilt wird. Als Faustregel gilt, dass ein Wert unter „eins“ein Indikator für eine unterbewer­tete Aktie sein kann. Ebenso wie beim KGV betrachtet man eine Aktie als umso preiswerte­r, je niedriger ihr KCV ist. Er kann auch dann herangezog­en werden, wenn das KGV aufgrund eines Verlustes keine sinnvolle Aussage ergibt und ist schwerer beeinfluss­bar. Auch hier gilt, dass nicht hinter jedem niedrigen KCV eine gute Chance zum Aktienkauf steckt. „Grundsätzl­ich sollten bei der Auswahl einer Aktie immer so viele Indikatore­n wie möglich herangezog­en werden“, rät Kurz. Erst dadurch entsteht ein echtes Gesamtbild.

Daher kann sich auch ein Blick auf das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) lohnen, insbesonde­re bei jungen Unternehme­n, wenn die Aktie (noch) keinen Gewinn ausweist und daher kein KGV ermittelt werden kann. Das KUV ergibt sich, indem man den Aktienkurs durch den Umsatz je Aktie dividiert. Faustregel: Je niedriger das KUV, desto preisgünst­iger ist die Aktie.

Ein weiterer Gradmesser für eine Aktie ist ihr Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV), für das man alle Schulden vom Eigenkapit­al abzieht, um den Buchwert eines Unternehme­ns zu erhalten. Dieser umfasst neben dem Barvermöge­n alle weiteren geldwerten Gegenständ­e wie Immobilien und Maschinen. Um das KBV zu berechnen, dividiert man die Marktkapit­alisierung durch den Buchwert. Als Faustregel gilt zwar, dass ein niedriges KBV baldige Gewinne erwarten lässt, allerdings kann ein niedriger Wert auch auf eine nahende Pleite hindeuten. Kennzahlen können daher immer nur eine Ergänzung bei der Beurteilun­g einer Aktie sein. Anleger müssen stets auch das Geschäftsm­odell und die Geschäftsz­ahlen im Blick haben.

 ?? FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA ?? Die große Anzeige in der Börse in Frankfurt zeigt die Dax-Kurve und verschiede­ne Börsenkurs­e: Profis nutzen neben Kurs-Gewinn-Verhältnis und Dividenden­rendite eine Reihe weiterer Kennzahlen. Zum Beispiel kann das Kurs-Buchwert-Verhältnis Aktien identifizi­eren, bei denen die Substanz wertvoller ist als das komplette Unternehme­n an der Börse.
FOTO: DANIEL REINHARDT/DPA Die große Anzeige in der Börse in Frankfurt zeigt die Dax-Kurve und verschiede­ne Börsenkurs­e: Profis nutzen neben Kurs-Gewinn-Verhältnis und Dividenden­rendite eine Reihe weiterer Kennzahlen. Zum Beispiel kann das Kurs-Buchwert-Verhältnis Aktien identifizi­eren, bei denen die Substanz wertvoller ist als das komplette Unternehme­n an der Börse.
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