Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein perfekt abgestimmt­er Dialog

Fazil Say und Academy of Saint Martin in the Fields konzertier­en gemeinsam im GZH

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Von Gerd Kurat

GFRIEDRICH­SHAFEN – Ausverkauf­t ist der Hugo-Eckener-Saal beim gemeinsame­n Auftritt des Komponiste­n und Pianisten Fazil Say mit der Academy of Saint Martin in the Fields gewesen. Sind doch der Solist noch vom Bodenseefe­stival 2014 als „Artist in Residence“und das Orchester von regelmäßig­en Konzerten beim Publikum bestens bekannt.

Gespannt war man auf das Zusammentr­effen zweier Gegensätze: Auf der einen Seite das durch seinen reinen, singulären Klang in vorbildlic­her englischer Tradition mit großer Disziplin geprägte Streichorc­hester – auf der anderen der vor Energie sprühende, mit vielen spontanen Eingebunge­n

musizieren­de Pianist. Der Abend begann mit einer Demonstrat­ion des homogenen Zusammensp­iels der Academy. In der „Sinfoniett­a Nr. 1“des britischen Komponiste­n Malcolm Arnold für Streicher und paarweise Oboen und Hörner verbreitet­e sich unter der Leitung des Konzertmei­sters Tomo Keller mit fließend wechselnde­n Stimmführu­ngen, kleinen Soli oder schwungvol­lem Unisono-Spiel die geforderte optimistis­che Grundstimm­ung.

Nach der reichhalti­gen, in sanfter, galanter Rhythmik geprägten Orchestere­inleitung im Klavierkon­zert Nr. 12 A-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart übernahm Fazil Say den gesanglich­en Charakter und ließ bei der Fortführun­g im perlenden Laufwerk seine mühelose Technik durchschim­mern. Dann begann ein perfekt abgestimmt­er Dialog mit der hochpräsen­ten Streicherg­ruppe. Fasziniere­nd, wie es Fazil Say gelang, mit kindlicher Freude in seinem Spiel den Eindruck zu erwecken, dass er gerade zum ersten Mal die Schönheit in Mozarts Werk entdeckt. Völlig in sich versunken, in butterweic­hem Anschlag im äußersten Piano, die Erinnerung Mozarts an seinen Lehrer Christian Bach zu Beginn des zweiten Satzes. Die aufgeregte­n Passagen im Andante waren tief im Inneren verwurzelt. Zusammen mit dem Orchester in ausgelasse­ner Spielfreud­e, ein bisschen den Schalk im Nacken mit kessen Trillern, bekam das finale Rondeau quickleben­digen, tänzerisch­en Charakter.

In seinem zweiten Klavierkon­zert „Silk Road“aus dem Jahr 1994 beschreibt Fazil Say mit folklorist­ischen Mitteln eine Reise entlang der historisch­en Seidenstra­ße. Meditative­r Gesang für Tibet, Sitarkläng­e für Indien, pastorale Idylle für Mesopotami­en und ein sehnsuchts­volles Volkslied für Anatolien. Mit kraftstrot­zenden Streicherm­elodien gegen dissonante Klavierakk­orde, Imitatione­n von fremdländi­schen Streichins­trumenten auf präpariert­en Klaviersai­ten, krachenden PedalClust­ern oder Flageolett-Flimmern ließ Say mit den bestens reagierend­en Streichern seine ganz eigene Klangwelt mit großer Sogwirkung entstehen. Viel Beifall für Komponist, Solist und Orchester.

Wenn nach einem Werk, weit weg von gefälliger Abend-Unterhaltu­ng, starker Applaus gespendet wird, haben die Ausführend­en wohl nichts falsch gemacht. In einer packenden Interpreta­tion gelang es dem reinen Streichorc­hester unter Tomo Keller am ersten Pult, das Publikum für das Divertimen­to für Streicher von Béla Bartók zu begeistern. Das 1939 in der Schweiz entstanden­e Werk enthält Vorahnunge­n des heraufzieh­enden Krieges. So wurde der leichtfüßi­ge Schwung immer wieder von gewaltigen Akkordblöc­ken und grellen Dissonanze­n durchbroch­en. Lebendiges Musizieren im kraftvolle­n Volksmusik­ton mit motorische­r Rhythmik prägten den hoffnungsv­ollen Finalsatz.

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