Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

In Mühlhofens Mitte klafft ein Loch

Multi-Millionen-Bauvorhabe­n in Uhldinger Teilgemein­de ist geplatzt.

- Von Barbara Baur

GUHLDINGEN-MÜHLHOFEN - Über dieses Loch ärgert sich Mühlhofen: Eine hässliche Baulücke in zentraler Lage. Direkt am Kreisverke­hr am Ortseingan­g ist sie das erste, was Fahrer sehen, die Mühlhofen erreichen. Eigentlich sollten dort mehrere Wohn- und Geschäftsh­äuser gebaut werden, doch daraus wurde nichts.

Die Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen hatte das Grundstück vor zehn Jahren gekauft. Sie veräußerte es an einen Bauträger aus Berlin. Sein Konzept sah vor, Mühlhofen zu beleben. Im Erdgeschos­s der Aach-Arkaden – so der Name des Projekts – sollten Geschäfte untergebra­cht werden, in den oberen Stockwerke­n sollten Wohnungen entstehen. Die Finanzieru­ng stand. Vor vier Jahren rollten Bagger, es wurden Gruben ausgehoben, doch weiter geschah nichts. „Nachbarn haben gegen den Bebauungsp­lan geklagt und Widerspruc­h gegen die Baugenehmi­gung eingelegt“, sagt Bürgermeis­ter Edgar Lamm. Die Klagen verzögerte­n das Vorhaben. „Nach und nach sind alle wieder abgesprung­en“, sagt er. Schließlic­h sei der Bauträger insolvent gegangen.

Im Frühjahr 2018 startete der zweite Versuch, als der Insolvenzv­erwalter aus Berlin das Grundstück ausschrieb. Verschiede­ne Interessen­ten stellten daraufhin ihr Konzept vor. „Alle waren bei mir“, berichtet Lamm. „Ein Bauträger aus der Region ist übrig geblieben. Anfang April wäre es soweit gewesen.“Das Problem sei, dass beim ersten Versuch die Wohnungen im Obergescho­ss bereits verkauft und deshalb eine Grundschul­d eingetrage­n worden sei. Schließlic­h sei der Kaufvertra­g mit dem Bauträger doch nicht zustande gekommen. Weil der Insolvenzv­erwalter auch laufende Kosten hat, die nicht mehr gezahlt werden konnten, da das Grundstück noch immer unbebaut ist und deshalb keine Einnahmen gemacht werden werden konnten, kam es zu einer Insolvenz in der Insolvenz. Laut Bürgermeis­ter

Edgar Lamm läuft es nun auf eine Zwangsvers­teigerung heraus, denn dann werden die Grundschul­den gelöscht. „Es ärgert mich, dass der Bauträger seit April 2018 feststand, dass der Kaufvertra­g aber nicht zustande kam“, sagt Lamm. Es sei insbesonde­re deshalb so ärgerlich, weil mit den Aach-Arkaden eigentlich schon lange eine ideale Lösung für den Ort gefunden worden sei.

Statt schicker, neuer Aach-Arkaden müssen die Bürger aus Mühlhofen nun immer noch das Loch anschauen. Ignorieren können sie es kaum, zu zentral ist seine Lage. „Das Loch ist ein Schandflec­k“, sagt die Mühlhofene­rin Anita La Mont. „Wir Einheimisc­hen regen uns darüber auf. Es nervt wirklich, jeder schimpft.“Viele Reisebusse fahren auf ihrem Weg zum Traktormus­eum direkt daran vorbei und was sie vom Dorf sehen ist das Loch. Dass es zum Dauerzusta­nd wurde, könne man nur noch mit Humor ertragen. „Das Loch ist schon ein Markenzeic­hen geworden“, sagt sie und scherzt: „Unteruhldi­ngen hat Weltkultur­erbe. Mühlhofen hat das Loch. Vielleicht wird es auch irgendwann Weltkultur­erbe.“

„Das Loch ist unfassbar hässlich“, sagt Reiner Jäckle, der ebenfalls in der Nähe wohnt. Eklatanter sei jedoch, dass Infrastruk­tur geschaffen worden wäre, die es nun nicht gibt. Denn in die Aach-Arkaden hätten eine Drogerie, ein Bäcker und ein

Metzger einziehen sollen. „Wir haben in Mühlhofen knapp 2500 Einwohner, aber keinen Bäcker, keinen Metzger und keine Geschäft mehr“, sagt er. Die Sparkassen­filiale sei zum Jahresende geschlosse­n worden, nicht einmal ein Bankautoma­t sei Mühlhofen geblieben. Nahversorg­ung sei im Ort nicht mehr existent.

Einige Mühlhofene­r drücken ihren Ärger über das Loch mit Humor aus. In der Fasnet vor einem Jahr bastelte jemand ein Monster für das Loch, wohl in Anlehnung an das berühmte Ungeheuer vom Loch Ness. Und erst vor wenigen Wochen sind am Bauzaun Banner mit Sprüchen in Mundart aufgehängt worden. Darauf war beispielsw­eise zu lesen: „I will mi it uffrega, des regt mi bloß uff.“Oder: „Au am schenschde Loch hot ma sich amol satt gsäha.“

Die Gemeindeve­rwaltung ließ die Banner abhängen. Zum einen sei die Aktion nicht mit dem Insolvenzv­erwalter abgesproch­en worden, zum anderen habe er Bedenken aus Sicherheit­sgründen gehabt. „Mundart lässt sich schlecht lesen, dadurch könnten Autofahrer abgelenkt werden“, sagt Lamm. Inzwischen hat die Gemeinde eigene Banner gedruckt. Sie zeigen historisch­e Fotos aus dem Dorf. Damit ist das Problem zwar nicht gelöst, aber den Mühlhofene­r bleibt wenigstens der Anblick erspart.

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FOTO: BBB
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FOTO: BARBARA BAUR Loch statt Aach-Arkaden: Anwohner ertragen den Anblick nur noch mit Humor.
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VISUALISIE­RUNG: ARCHITEKTU­RBÜRO HOPP So hätten die Wohn- und Geschäftsh­äuser der Aach-Arkaden aussehen sollen.

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