Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
In Mühlhofens Mitte klafft ein Loch
Multi-Millionen-Bauvorhaben in Uhldinger Teilgemeinde ist geplatzt.
GUHLDINGEN-MÜHLHOFEN - Über dieses Loch ärgert sich Mühlhofen: Eine hässliche Baulücke in zentraler Lage. Direkt am Kreisverkehr am Ortseingang ist sie das erste, was Fahrer sehen, die Mühlhofen erreichen. Eigentlich sollten dort mehrere Wohn- und Geschäftshäuser gebaut werden, doch daraus wurde nichts.
Die Gemeinde Uhldingen-Mühlhofen hatte das Grundstück vor zehn Jahren gekauft. Sie veräußerte es an einen Bauträger aus Berlin. Sein Konzept sah vor, Mühlhofen zu beleben. Im Erdgeschoss der Aach-Arkaden – so der Name des Projekts – sollten Geschäfte untergebracht werden, in den oberen Stockwerken sollten Wohnungen entstehen. Die Finanzierung stand. Vor vier Jahren rollten Bagger, es wurden Gruben ausgehoben, doch weiter geschah nichts. „Nachbarn haben gegen den Bebauungsplan geklagt und Widerspruch gegen die Baugenehmigung eingelegt“, sagt Bürgermeister Edgar Lamm. Die Klagen verzögerten das Vorhaben. „Nach und nach sind alle wieder abgesprungen“, sagt er. Schließlich sei der Bauträger insolvent gegangen.
Im Frühjahr 2018 startete der zweite Versuch, als der Insolvenzverwalter aus Berlin das Grundstück ausschrieb. Verschiedene Interessenten stellten daraufhin ihr Konzept vor. „Alle waren bei mir“, berichtet Lamm. „Ein Bauträger aus der Region ist übrig geblieben. Anfang April wäre es soweit gewesen.“Das Problem sei, dass beim ersten Versuch die Wohnungen im Obergeschoss bereits verkauft und deshalb eine Grundschuld eingetragen worden sei. Schließlich sei der Kaufvertrag mit dem Bauträger doch nicht zustande gekommen. Weil der Insolvenzverwalter auch laufende Kosten hat, die nicht mehr gezahlt werden konnten, da das Grundstück noch immer unbebaut ist und deshalb keine Einnahmen gemacht werden werden konnten, kam es zu einer Insolvenz in der Insolvenz. Laut Bürgermeister
Edgar Lamm läuft es nun auf eine Zwangsversteigerung heraus, denn dann werden die Grundschulden gelöscht. „Es ärgert mich, dass der Bauträger seit April 2018 feststand, dass der Kaufvertrag aber nicht zustande kam“, sagt Lamm. Es sei insbesondere deshalb so ärgerlich, weil mit den Aach-Arkaden eigentlich schon lange eine ideale Lösung für den Ort gefunden worden sei.
Statt schicker, neuer Aach-Arkaden müssen die Bürger aus Mühlhofen nun immer noch das Loch anschauen. Ignorieren können sie es kaum, zu zentral ist seine Lage. „Das Loch ist ein Schandfleck“, sagt die Mühlhofenerin Anita La Mont. „Wir Einheimischen regen uns darüber auf. Es nervt wirklich, jeder schimpft.“Viele Reisebusse fahren auf ihrem Weg zum Traktormuseum direkt daran vorbei und was sie vom Dorf sehen ist das Loch. Dass es zum Dauerzustand wurde, könne man nur noch mit Humor ertragen. „Das Loch ist schon ein Markenzeichen geworden“, sagt sie und scherzt: „Unteruhldingen hat Weltkulturerbe. Mühlhofen hat das Loch. Vielleicht wird es auch irgendwann Weltkulturerbe.“
„Das Loch ist unfassbar hässlich“, sagt Reiner Jäckle, der ebenfalls in der Nähe wohnt. Eklatanter sei jedoch, dass Infrastruktur geschaffen worden wäre, die es nun nicht gibt. Denn in die Aach-Arkaden hätten eine Drogerie, ein Bäcker und ein
Metzger einziehen sollen. „Wir haben in Mühlhofen knapp 2500 Einwohner, aber keinen Bäcker, keinen Metzger und keine Geschäft mehr“, sagt er. Die Sparkassenfiliale sei zum Jahresende geschlossen worden, nicht einmal ein Bankautomat sei Mühlhofen geblieben. Nahversorgung sei im Ort nicht mehr existent.
Einige Mühlhofener drücken ihren Ärger über das Loch mit Humor aus. In der Fasnet vor einem Jahr bastelte jemand ein Monster für das Loch, wohl in Anlehnung an das berühmte Ungeheuer vom Loch Ness. Und erst vor wenigen Wochen sind am Bauzaun Banner mit Sprüchen in Mundart aufgehängt worden. Darauf war beispielsweise zu lesen: „I will mi it uffrega, des regt mi bloß uff.“Oder: „Au am schenschde Loch hot ma sich amol satt gsäha.“
Die Gemeindeverwaltung ließ die Banner abhängen. Zum einen sei die Aktion nicht mit dem Insolvenzverwalter abgesprochen worden, zum anderen habe er Bedenken aus Sicherheitsgründen gehabt. „Mundart lässt sich schlecht lesen, dadurch könnten Autofahrer abgelenkt werden“, sagt Lamm. Inzwischen hat die Gemeinde eigene Banner gedruckt. Sie zeigen historische Fotos aus dem Dorf. Damit ist das Problem zwar nicht gelöst, aber den Mühlhofener bleibt wenigstens der Anblick erspart.