Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ministerpräsident Kretschmann verteidigt Lucha gegen Vorwürfe
STUTTGART (tja) - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht bei seinem Sozialminister und Parteifreund Manfred Lucha kein gravierendes Fehlverhalten. Lucha hatte sich von dem Kabarettisten Christoph Sonntag zweimal zum Abendessen einladen lassen. Beide Essen fallen in eine Zeit, in der Sonntag vom Land Fördermittel für Projekte seiner Stiftung bekam. „Es ist offensichtlich doch besser, man bezahlt selber, dann hat man keinen Stress. Einen Skandal kann ich da aber nicht erkennen“, sagte Kretschmann in Stuttgart.
Er halte es für weit hergeholt, dass sich ein Minister vom Gegenwert zweier Essen beeinflussen lasse. Die oppositionelle FDP droht mit einem Untersuchungsausschuss im Parlament. Vize-Fraktionschef Jochen Haußmann sprach von Rechtsbrüchen, die Kretschmann achselzuckend zur Kenntnis nehme. Die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfe kritisierte: „Regeln zur Korruptionsbekämpfung
gelten aus gutem Grund sowohl für Minister als auch für Beamte. Baden-Württemberg darf unter einem grünen Ministerpräsidenten nicht zur Bananenrepublik verkommen.“
Richtlinien der Landesregierung, die unter Kretschmann 2011 aufgestellt wurden, warnen Minister davor, Geschenke anzunehmen. Wenn diese den Wert von 150 Euro überschreiten, soll der Ministerrat gefragt werden. Rechtsverbindlich sind die Richtlinien jedoch nicht. Eine Sprecherin Luchas hatte betont, die Regeln griffen hier nicht. Es handle sich um persönliche Essen, keine Amtsgeschäfte. Ob die Abendessen teurer als 150 Euro waren, ist nicht bekannt.
„Wenn es mehr war, hätte Minister Lucha eben eine Regel übertreten. Selbst wenn, wäre es nicht skandalträchtig“, so Ministerpräsident Kretschmann. Man dürfe nicht alles skandalisieren, sonst bekämen tatsächliche Skandale keine Aufmerksamkeit.