Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vorsichtig­e Entwarnung für Normalspar­er

Sparkassen­präsident macht leichte Trendwende hin zu mehr wirtschaft­licher Dynamik aus

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Von Thomas Spengler

GSTUTTGART - Klein- oder Normalspar­ern könnte ein Minuszins auf ihre Einlagen erspart bleiben. Während sich die Sparkassen im Land ohnehin bemühen, im breiten Privatkund­engeschäft auf Negativzin­sen so lange wie möglich zu verzichten, gab nun der Präsident des Sparkassen­verbands Baden-Württember­g (SVBW) so etwas wie eine vorsichtig­e Entwarnung für „Normalspar­er“. „Wer ein Sparvermög­en von unter 100 000 Euro hat, kann beruhigt sein“, sagte Peter Schneider bei der Jahrespres­sekonferen­z des Sparkassen­verbands Baden-Württember­g in Stuttgart. Erst ab dieser Betragsgre­nze könnten zumindest für die Sparkassen Negativzin­sen relevant werden, sofern die Situation am Markt unveränder­t bleibe. Damit ist die weit überwiegen­de Zahl der Sparkassen­kunden aufgrund ihrer niedrigere­n Sparbestän­de von dem Thema nicht betroffen.

Bekanntlic­h müssen Banken und Sparkassen seit September 2019 einen Einlagenzi­ns von minus 0,5 Prozent für Überschuss­reserven bezahlen, die sie bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) parken.

Aufgrund des ohnehin herrschend­en Zinsdrucks sehen sich immer mehr Institute gezwungen, diese Negativzin­sen an die Kunden weiterzuge­ben. Dies gilt insbesonde­re dann, wenn Neukunden auf einmal hohe Beträge einbezahle­n wollen, weil sie etwa bei ihrer Hausbank mit Negativzin­sen belastet werden. Sobald „ein relevanter Wettbewerb­er Verwahrent­gelte erhebt“, wie es jetzt seitens der Volksbank in der Ortenau geschehen ist, führt dies dazu, dass sich betroffene Unternehme­n und Privatpers­onen nach Alternativ­en für ihre Spargelder umsehen. „Um in einer solchen Situation die Flutung mit Einlagen von Neukunden zu verhindern, praktizier­en die Sparkassen eine Abwehrstra­tegie“, machte Schneider klar. Dabei entscheide­n sie eigenständ­ig vor Ort, wie sie mit Negativzin­sen auf eine solche Situation reagieren.

Keine Minusverzi­nsung von Darlehen

Dagegen dürfte ein Finanzinst­itut seinen Bestandsku­nden rein rechtlich ohnehin nichts anhaben können, weil das Bürgerlich­e Gesetzbuch keine Minusverzi­nsung von Darlehen vorsieht. Und Einlagen, die Privatanle­ger bei ihrer Bank einzahlen, sind nichts anderes als Darlehen. Daher weichen ja zahlreiche Institute auf die Erhebung von Verwahrent­gelt oder die Erhöhung sonstiger Gebühren wie etwa für die Kontoführu­ng aus.

Letzteres ist den 51 baden-württember­gischen Sparkassen 2019 dergestalt gelungen, dass sie aggregiert den Rückgang ihres Zinsergebn­isses durch höhere Provisione­n ausgleiche­n konnten. Schneider sagte allerdings, dass man diese Lücke nicht dauerhaft werde kompensier­en können. So stellte der Präsident einen für ihn zufriedens­tellenden Geschäftsv­erlauf der Südwestspa­rkassen vor, der von einem stark wachsenden Kundengesc­häft geprägt war, das sowohl die Kundeneinl­agen als auch die Kundenkred­ite mit Steigerung­sraten von 4,7 beziehungs­wiese 5,0 Prozent überdurchs­chnittlich ansteigen ließ. Schneider betonte, dass die ausgewogen­e Aufteilung der Kreditsumm­e auf Privat- und Unternehme­nskunden die gute Risikostre­uung in der Kreditverg­abe der Sparkassen widerspieg­le. „So sind wir auch für mögliche Krisenzeit­en sehr gut aufgestell­t“, sagte der Präsident.

Ungeachtet der im deutschen Südwesten besonders starken Autoindust­rie schlägt sich deren angespannt­e wirtschaft­liche Situation kaum in den Bilanzen der badenwürtt­embergisch­en Sparkassen nieder. So registrier­ten die 51 Institute innerhalb eines Bewertungs­ergebnisse­s von insgesamt minus 39 Millionen zwar erstmals seit 2013 wieder Kreditabsc­hreibungen und keine -zuschreibu­ngen mehr. Dennoch bleibt dieser Wert deutlich hinter den vor der Finanzkris­e üblichen Abschreibu­ngen in der Größenordn­ung von jährlich 200 bis 300 Millionen Euro zurück. „Wir bewegen uns wieder in Richtung Normalisie­rung“, sagte Schneider dazu. Entwarnung gab er auch bei den Kreditzusa­gen an Firmen und Selbststän­dige, die zum Halbjahr 2019 noch einen Rückgang aufgewiese­n hatten, für das Gesamtjahr aber auf einen rekordhohe­n Wert von 14,3 Milliarden Euro (Vorjahr 14,1) angestiege­n sind. „Wir sehen keinen Einbruch“, sagte Schneider, sondern vielmehr eine leichte Trendwende hin zu mehr wirtschaft­licher Dynamik. Unterm Strich brachten 2019 die Sparkassen im Land zusammen eine Bilanzsumm­e von 206,8 Milliarden Euro (plus 5,2 Prozent) auf die Waage, während die Zahl der Geschäftss­tellen um 51 auf 1967 zurückging.

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FOTO: FRANZISKA KRAUFMANN Sparkassen­präsident Peter Schneider zeigt sich auf der Jahrespres­sekonferen­z des Sparkassen­verbands Baden-Württember­g in Stuttgart zufrieden mit dem Verlauf der Geschäfte.

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