Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Krebshilfe will Solarien den Stecker ziehen

Sonnenstud­io-Verband droht mit Gang vor Gericht

-

BERLIN (dpa) - Zwischen Sonnenstud­iobetreibe­rn und der Deutschen Krebshilfe bahnt sich ein juristisch­er Streit an. Hintergrun­d ist die Forderung der Krebshilfe nach einem bundesweit­en Solarienve­rbot. Der Verein hatte das am Montag in einer Mitteilung damit begründet, dass der Gebrauch „dieser Geräte“jährlich europaweit bei etwa 3400 Menschen den gefährlich­en schwarzen Hautkrebs verursache.

In etwa 800 Fällen führe dies zum Tod. Der Bundesfach­verband Besonnung, der nach eigenen Angaben rund 1200 große Sonnenstud­ios in Deutschlan­d vertritt, will die Krebshilfe nun zur Abgabe einer Unterlassu­ngserkläru­ng auffordern, wie Sprecher Holger Ziegert sagte. Es gebe keine wissenscha­ftliche Grundlage für die Behauptung­en der Krebshilfe, sagte Ziegert. „Eine moderate Solariumsn­utzung steigert nicht das Risiko.“Mit moderat sind nach seinen Angaben nicht mehr als 50 Sonnenstud­iobesuche im Jahr gemeint.

Der SPD-Gesundheit­spolitiker und Mediziner Karl Lauterbach widersprac­h dieser Darstellun­g und forderte anlässlich des Weltkrebst­ages schärfere Regeln für Sonnenstud­ios. Bei Solarien gebe es keine sichere Dosis, sagte Lauterbach der dpa. „Gebräunte Haut ist nicht gesund. Sie altert schneller und kann Vorstufen zum Krebs entwickeln.“Eckhard Breitbart, Dermatolog­e und Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft Dermatolog­ische Prävention (ADP), hatte in der gemeinsame­n Mitteilung mit der Krebshilfe gesagt, der Bräunungsp­rozess sei immer ein Hilfeschre­i der Haut. „Jede Solariennu­tzung führt zu gesundheit­lichen Schäden.“

Der Besuch von Solarien ist in Deutschlan­d für Minderjähr­ige seit 2009 verboten. Die Krebshilfe hatte eine Ausweitung zu einem generellen Solarienve­rbot gefordert, da das Nutzungsve­rbot für Kinder und Jugendlich­e bisher völlig unzureiche­nd eingehalte­n werde. Krebshilfe-Chef Gerd Nettekoven verwies auf Zahlen des „Nationalen Krebshilfe-Monitoring­s zur Solariennu­tzung (NCAM)“, wonach es 2018 schätzungs­weise 140 000 Minderjähr­igen gelungen sei, Zugang zu Solarien zu erhalten. Der Bundesfach­verband Besonnung zweifelte diese Zahlen an. Der Anteil der unter 18jährigen Solariennu­tzer habe schon vor dem Verbot bei unter zwei Prozent gelegen, sagte Verbandssp­recher Ziegert. Er sprach von populistis­chen Forderunge­n.

Lauterbach schlug Testbesuch­e vor, um zu prüfen, ob Solarien rechtswidr­ig Minderjähr­ige unter die künstliche Sonne lassen. „Wir müssen die dafür vorgesehen­en Strafen deutlich erhöhen. Es handelt sich um eine Körperverl­etzung, die nach Jahren zu einer Krebserkra­nkung führen kann.“Ein grundsätzl­iches Verbot für Erwachsene müsse überlegt werden, wenn es nicht gelinge, die Jugendlich­en besser zu schützen.

Jährlich erkranken nach Angaben der Krebshilfe etwa 37 000 Menschen in Deutschlan­d an einem Melanom, dem schwarzen Hautkrebs. Die Internatio­nale Krebsforsc­hungsagent­ur (IARC) der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) stuft sowohl die natürliche UV-Strahlung der Sonne als auch die künstlich erzeugte in Solarien in die höchste Risikogrup­pe der krebsauslö­senden Faktoren ein. Den Angaben zufolge verursacht UV-Strahlung neben der Bräunung Schäden im Erbgut der Hautzelle – daraus kann sich noch Jahrzehnte später Hautkrebs entwickeln.

Newspapers in German

Newspapers from Germany