Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Stadt will Gewerbegebiet in Hirschlatt durchsetzen
Verwaltung plädiert für 30 Hektar in unveränderter Lage - Thema kommt am 11. Februar im Ausschuss zur Abstimmung
FRIEDRICHSHAFEN (rup) - Obwohl der Ortschaftsrat Ettenkirch im November geschlossen Protest eingelegt hat, will die Stadt bei der Fortschreibung des Regionalplans an einem 30 Hektar großen Gewerbegebiet in Hirschlatt festhalten. Das geht aus einer Sitzungsvorlage hervor, über die der Ausschuss für Planen, Bauen und Umwelt (PBU) am 11. Februar abstimmen soll. Am 17. Februar kommt das Thema dann im Gemeinderat erneut. zur Sprache
Die Verwaltung argumentiert, dass in Friedrichshafen schon jetzt vier Hektar Gewerbefläche fehlten, um den aktuellen Bedarf zu decken. „Mit dem gänzlichen Verzicht auf ein regional bedeutsames Vorranggebiet würde die Stadt kein gutes Signal nach außen setzen, weder im Hinblick auf die Aufgabenerfüllung als Oberzentrum, noch im Hinblick auf ihr Image als wirtschaftsfreundliche Stadt“, heißt es in der Vorlage.
In den letzten zehn Jahren, von 2009 bis 2019, wurden pro Jahr 2,8 Hektar als Gewerbeflächen veräußert - insgesamt 28 Hektar. Zur Verdeutlichung, wie wichtig ein Gewerbegebiet in Hirschlatt ist, rechnet die Verwaltung diesen Bedarf auf den Zeithorizont des Regionalplans hoch - und kommt auf einen Bedarf von rund 42 Hektar an Gewerbeflächen; ein gutes Drittel mehr, als Hirschlatt bieten könnte. Die Verwaltung führt an, dass auf der Gemarkung Friedrichshafen nur Hirschlatt das Potenzial zu einer „regional bedeutsamen“Gewerbefläche biete. Als regional bedeutsam gilt in dem Zusammenhang eine Fläche von mehr als 20 Hektar.
Der Ortschaftsrat hatte sich unter anderem wegen des erwartbaren starken Pendlerverkehrs gegen ein so großes Gewerbegebiet gewandt. Die Verwaltung bewertet diese Einschätzung nicht, führt demgegenüber aber Gründe auf, die für ein Gewerbegebiet in Hirschlatt sprächen. So bestünde über den Messezubringer und die Südumfahrung Kehlen eine gute Anbindung an die künftige B 30 neu. Der Schwerlastverkehr könne das Gewerbegebiet demnach anfahren, ohne eine Ortsdurchfahrt zu belasten. Ein künftiges Gewerbegebiet beträfe außerdem nur landwirtschaftlich genutzte Flächen, nicht aber Wald und Grünstrukturen. „Größere Betroffenheiten bei den Umweltbelangen sind hier nicht zu erwarten.“
Die Verwaltung sieht zum Standort Hirschlatt keine Alternative – auch nicht die rund 18 Hektar große Fläche im Seewald zwischen der Bahntrasse und der B 30, der noch im Jahr 2011 im Gewerbeflächenentwicklungskonzept
der Vorzug vor Hirschlatt gegeben wurde – vor allem wegen der einfacheren Eigentumsverhältnisse: Die Seewald-Fläche gehört fast komplett dem Land BadenWürttemberg.
Heute bewertet die Verwaltung das Seewald-Areal aber nicht mehr so positiv. Es wurden, argumentiert die Verwaltung, im Zusammenhang mit der geplanten Liebherr-Erweiterung ökologische Untersuchungen im Seewald-Areal angestellt. Demnach seien die „Restriktionen“im östlichen Teil der Waldfläche höher als im westlichen. Dadurch käme für ein Gewerbegebiet nur der westliche Teil infrage – der aber nur zwölf Hektar groß sei. Damit fällt er aus der Regionalplan-Fortschreibung heraus und wird zur rein kommunalen Angelegenheit erklärt. Zudem argumentiert die Verwaltung mit der Bedeutung des Seewalds vor dem Hintergrund des Klimawandels und führt einen zentralen Gesichtspunkt zuletzt an: dass eine politische Mehrheit für eine Gewerbefläche im Seewald „aus aktueller Sicht nicht zu erwarten“sei.