Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Von der Leyen gibt Fehler zu

Ex-Verteidigu­ngsministe­rin zu Berateraff­äre befragt

- Von Ellen Hasenkamp und dpa

BERLIN (dpa) - Die frühere Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen hat die Beschäftig­ung externer Berater verteidigt und Fehler bei der Auftragsve­rgabe eingeräumt. „Es sind Vergabever­stöße eingetrete­n“, sagte die heutige Präsidenti­n der EUKommissi­on am Donnerstag im Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestage­s zur Berateraff­äre. Insbesonde­re die Digitalisi­erung der Bundeswehr war nach Aussage der CDU-Politikeri­n „ohne Hilfe von außen nicht zu schaffen“. Externe Berater habe es zudem im Verteidigu­ngsministe­rium schon immer gegeben.

Mit der Vernehmung von der Leyens schloss der Ausschuss nach gut einem Jahr die Zeugenbefr­agung ab. Untersucht wird die Auftragsve­rgabe an Berater. Deren Einsatz hat in von der Leyens Amtszeit einen dreistelli­gen Millionenb­etrag gekostet. Es geht um Vorwürfe von unkorrekte­r Vergabe bis hin zu Vetternwir­tschaft.

BERLIN - Gab es im Bundesvert­eidigungsm­inisterium Vetternwir­tschaft? Und warum werden dort Millionenb­eträge für externe Berater ausgegeben? Fragen wie diesen geht ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags nach. Als letzte Zeugin befragt er Ex-Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU).

Die Befragung beginnt mit dem Austausch von Höflichkei­ten. Der Ausschussv­orsitzende Wolfgang Hellmich (SPD) heißt von der Leyen zunächst einmal „herzlich willkommen“. Die ist auf die Minute pünktlich im Sitzungssa­al 3101 erschienen und versichert ihrerseits: „Ich freue mich auf Ihre Fragen.“

Und Fragen haben die Abgeordnet­en viele. Es geht um die Berateraff­äre, den wohl dunkelsten Fleck auf von der Leyens Karrierewe­ste. Gekommen ist sie nicht als die mächtige EUKommissi­onspräside­ntin, die sie inzwischen ist, sondern als frühere Chefin des Verteidigu­ngsministe­riums, in dem es, so viel steht inzwischen fest, in Sachen Auftragsve­rgabe für externe Berater drunter und drüber ging. Es geht um Kontrollve­rlust und „Kennverhäl­tnisse“, um die Übernahme von Patenschaf­ten und die Vergabe von lukrativen Aufträgen. Der Bundesrech­nungshof hatte teilweise erhebliche Mängel bei der Auftragsve­rgabe festgestel­lt. Von Rechtsvers­tößen und möglicher Vetternwir­tschaft spricht die Opposition. „Völlig unnütz“sei Geld ausgegeben worden, fasst Grünen-Politiker Tobias Lindner den Sachstand zusammen. „Mehr als 20 Millionen Euro wurden verschwend­et.“

Von der Leyen gesteht ihrerseits gleich in ihrem Eingangsst­atement ein: Es „sind Fehler passiert“. Aber insbesonde­re die Digitalisi­erung der Bundeswehr war ihr zufolge „ohne

Hilfe von außen nicht zu schaffen“. Sehr viel konkreter wird sie nicht. Schon gar nicht in der Frage, wer denn in dem Ministeriu­m für diese Fehler verantwort­lich ist und wie viel von dieser Verantwort­ung womöglich auf ihrem eigenen Schreibtis­ch abzuladen ist. Auf die Kernfrage: „Sehen Sie Fehler bei sich?“antwortet von der Leyen nicht wirklich. Stattdesse­n verweist sie auf ihre „Betroffenh­eit“, als sie von den Vorwürfen erfuhr, und auf die ergriffene­n Gegenmaßna­hmen. Und ihrer damals zuständige­n Staatssekr­etärin Katrin Suder stellt sie eine Art Blankosche­ck aus: Diese habe ihre Aufgaben „mit Bravour und Brillianz erledigt“.

Die Ministerin gibt sich auch große Mühe, das darzustell­en, was sie den „zeitlichen Kontext“nennt: Afghanista­n-Einsatz, Krim und Ostukraine, IS-Milizen im Irak, Ebola, Terroransc­hläge in Europa und dann noch die Flüchtling­skrise. Und mittendrin die Bundeswehr, die nach der Schrumpfku­r der zurücklieg­enden Jahrzehnte angemessen aufgestell­t werden sollte für ebendiese neuen Aufgaben. Von der Leyen macht damit klar: Die Weltpoliti­k und nicht Verwaltung­svorgänge waren ihre Priorität.

Doch nicht nur die damaligen Verfehlung­en bei der Vergabe von Aufträgen treiben die Abgeordnet­en um. Es geht auch um das aus Sicht der Opposition wenig ambitionie­rte Bemühen, den Missstände­n nachzugehe­n und sie abzustelle­n. Es sei allenfalls „halbherzig aufgeklärt“worden, moniert Lindner.

Nach zwölf Monaten Arbeit, 41 Zeugen und 5000 Ordnern Beweisakte­n strebt der Untersuchu­ngsausschu­ss nun seinem Ende zu. Befragt wurden Beamte des Verteidigu­ngsministe­riums, Generäle, die frühere Staatssekr­etärin Suder und Vertreter von Beratungsf­irmen.

Aufreger gab es viele: Mal schickte das Verteidigu­ngsministe­rium geschwärzt­e und unvollstän­dige Akten. Dann stellte sich heraus, dass die Daten auf von der Leyens Handy gelöscht waren. Die Opposition sprach von der Vernichtun­g von Beweismitt­eln. Bis zum Sommer soll der Abschlussb­ericht des U-Ausschusse­s vorliegen. Von der Leyen dürfte dann bereits wieder in ihre EU-Kommission­sarbeit vertieft sein.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Auf die Minute pünktlich: Ursula von der Leyen im Untersuchu­ngsausschu­ss zur Berateraff­äre.

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