Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mehr als nur Geld

Arbeitgebe­r bieten immer öfter Zusatzleis­tungen zum Gehalt – Was dabei sinnvoll ist

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Von Sabine Meuter

GMÜNCHEN/HAMBURG (dpa) - Auf das Gehalt kommt noch etwas obendrauf. Nein, kein Geld, sondern: Benefits. Das sind attraktive Angebote, mit denen Unternehme­n in Zeiten des Fachkräfte­mangels gute Mitarbeite­r anlocken, motivieren und letztendli­ch langfristi­g an sich binden wollen.

Oft wollen die Arbeitgebe­r schon in Jobinserat­en damit punkten. Sie stellen den Bewerbern einen Firmenwage­n, Mitarbeite­rrabatte oder ein Tablet auch zur privaten Nutzung in Aussicht. Kostenlose Getränke, jeden Tag frisches Obst gratis – die Palette der möglichen Benefits ist groß. Doch aufgepasst: Bewerber und Mitarbeite­r sollten sich nicht blenden lassen.

„Wichtig ist, angebotene Benefits auf den persönlich­en Nutzen hin zu überprüfen“, sagt Silvia Hänig. Die Chefin der Münchener Kommunikat­ionsberatu­ng ikom ist Sprecherin des Bundesverb­ands der Personalma­nager (BPM) in Berlin. Wer etwa in der Produktion eines Unternehme­ns tätig ist, für den können unternehme­nsinterne Trainingsp­rogramme zum Ausgleich oder Betriebssp­ort ganz allgemein reizvoll sein. „Das muss aber nicht unbedingt so sein, denn manch einer will nach Feierabend schlicht seine Ruhe haben“, so Hänig. Ähnlich ist es mit einem Betriebski­ndergarten: „Was bringt einem eine solche Einrichtun­g, wenn man gar keine Kinder hat?“

Es gibt Arbeitnehm­er, die es schätzen, jeden Tag in der Firma in eine Schale mit frischem Obst greifen zu können oder sich kostenlos Kaffee oder Wasser zu nehmen. „Solche Benefits bringen aber wenig, wenn der Arbeitgebe­r zum Beispiel den Mitarbeite­rn überhaupt nicht zugewandt ist“, sagt Ute GietzenWie­land, Business- und Mentalcoac­h in Bielefeld. Dann, fügt sie hinzu, „reißt es auch der Obstkorb nicht heraus“.

Auch ein Firmenwage­n ist nicht unbedingt von Nutzen, wenn der Arbeitnehm­er in einer Großstadt lebt und ohnehin lieber den öffentlich­en

Personenna­hverkehr nutzt, weil er dann nicht im Stau stehen muss und die Fahrtzeit mit Lesen oder Arbeiten ausfüllen kann.

Sinnvoll kann es dagegen für einen Arbeitnehm­er sein, wenn er mit dem Auto – egal, ob mit einem Firmenwage­n oder mit dem Privat-Pkw – zur Arbeit kommt und sein Arbeitgebe­r ihm kostenlos einen Parkplatz zur Verfügung stellt. Darauf weist Hanne Bergen, Karrierebe­raterin in Hamburg, hin. Eine solche Zusatzleis­tung können beide Seiten, also Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er, sogar vertraglic­h vereinbare­n. „Klassische Benefits dagegen sind in aller Regel nicht Bestandtei­l des Vertrags“, erklärt Bergen. Der Arbeitgebe­r gewährt sie, ist dazu aber nicht verpflicht­et. Und: Er kann sie, zum Beispiel in wirtschaft­lich schlechten Zeiten, jederzeit einstellen.

Generell profitiere­n die Arbeitgebe­r oft selbst von den Zusatzange­boten. Sie sorgen mittels guter Benefits nicht nur für motivierte Mitarbeite­r, sondern sparen zudem Geld. Denn Benefits sind in vielen Fällen mit Abstand günstiger als eine Lohn- oder Gehaltserh­öhung, weil es sich dabei um steuerfrei­e Vorteile handelt.

Nach dem Einkommens­teuergeset­z sind die monatliche­n Sachbezüge von bis zu 44 Euro pro Mitarbeite­r abgabenfre­i. Steuerlich begünstigt ist die Zuwendung des Arbeitgebe­rs an den Beschäftig­ten aber nur dann, wenn sie nicht als Bargeld ausgezahlt wird, sondern beispielsw­eise als Gutschein. So bekommen Mitarbeite­r dann etwa in einem bestimmten Geschäft Rabatte.

Ein Benefit, mit dem ein Unternehme­n fast alle seine Mitarbeite­r überzeugen kann: „Das ist eine sehr gute Kantine“, sagt Bergen. Beschäftig­te würden es zu schätzen wissen, wenn sie in der Firma täglich frisch gekochtes Essen in hoher Qualität und mit wenig Zusatzstof­fen angeboten bekommen. „Das fördert die Leistungsb­ereitschaf­t ungemein“, so Bergen.

Teamevents, gemeinsame Reisen oder Weiterbild­ungsangebo­te können je nach persönlich­en Vorlieben ebenfalls gute Benefits sein. „Grundsätzl­ich kommen bei Beschäftig­ten auch flexible Arbeitszei­ten gut an, um Familie und Beruf miteinande­r zu vereinbare­n“, sagt Hänig. Die Möglichkei­t, mal von zu Hause aus zu arbeiten oder den Hund mit ins Büro bringen zu dürfen, spricht viele Arbeitnehm­er an.

Bewerber können bei Vorstellun­gsgespräch­en ihre persönlich­en Wünsche in Sachen Benefits äußern. „Eine Forderungs­haltung bringt hier aber nichts, denn Privilegie­n muss man sich erst einmal verdienen“, sagt Coach Ute Gietzen-Wieland.

Das beste Benefit ist eine offene, faire und wertschätz­ende Unternehme­nskultur mit transparen­ten Entscheidu­ngswegen, sagt Bergen. Ohne ein solches Miteinande­r bringen der tollste Firmenwage­n, die beste Kantine und die attraktivs­ten Mitarbeite­rrabatte nichts.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Von hochtraben­den Versprechu­ngen wie einem Firmenwage­n sollten sich Bewerber nicht blenden lassen. Fachleute empfehlen, angebotene Benefits auf den persönlich­en Nutzen hin zu überprüfen.

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