Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Merz bei Umfrage vorn

Kramp-Karrenbaue­r will CDU-Vorsitz bis Sommer klären

- Von Michael Fischer und Carsten Hoffmann, dpa und Ralf Müller

BERLIN (dpa/sz) - Die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r will noch vor der Sommerpaus­e geklärt haben, wer ihr im Amt des Parteivors­itzenden nachfolgen soll. Das erklärte sie am Abend in den ARD-Tagestheme­n. Außerdem wolle sie in der kommenden Woche mit den drei Kandidaten sprechen. Als potenziell­e Nachfolger werden Ex-Unionsfrak­tionschef Friedrich Merz, Gesundheit­sminister Jens Spahn und der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident Armin Laschet

gehandelt. Im aktuellen ARDDeutsch­landtrend, in dem unter Unionsanhä­ngern nach dem besten Kanzlerkan­didaten gefragt wurde, lag Merz vorn. Sieben von zehn Befragten halten ihn für einen guten Kandidaten. Dahinter folgen Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (53 Prozent), Laschet (43) und Spahn (24).

Derweil hat Mike Mohring infolge des Wahldebake­ls angekündig­t, auch als CDU-Landeschef in Thüringen zurückzutr­eten.

MÜNCHEN (dpa) - Es dauert nur wenige Sekunden, bis Frank-Walter Steinmeier auf das zu sprechen kommt, auf das viele im Publikum warten: Deutschlan­ds außenpolit­ische Verantwort­ung. Vor sechs Jahren hatte er auf der Münchner Sicherheit­skonferenz eine denkwürdig­e Rede zu diesem Thema gehalten. „Deutschlan­d ist zu groß, um Außenpolit­ik nur von der Seitenlini­e zu kommentier­en“, sagte er damals im Einklang mit dem damaligen Bundespräs­identen Joachim Gauck, der sich in einer Art Ruckrede für mehr deutsche Einmischun­g in die Weltpoliti­k einsetzte.

An diesem Freitag warten alle darauf, dass Steinmeier Bilanz zieht. Tut er aber nicht. Das Wort Verantwort­ung kommt zwar 17-mal in seiner 30-minütigen Rede vor. Der Blick zurück auf die vergangene­n sechs Jahre fehlt aber. Steinmeier will nicht beurteilen, was er selbst bis 2017 als Außenminis­ter oder andere nach ihm getan oder nicht getan haben. Er schaut lieber auf die Gegenwart und in die Zukunft.

Steinmeier­s Bestandsau­fnahme fällt recht düster aus: „Wir werden heute Zeugen einer zunehmend destruktiv­en Dynamik der Weltpoliti­k. Vom Ziel einer internatio­nalen Zusammenar­beit zur Schaffung einer friedliche­ren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter.“Seine Kritik an den Verantwort­lichen für diese Lage macht er für einen Bundespräs­identen ungewöhnli­ch konkret:

Russland wirft er vor, „militärisc­he Gewalt und die gewaltsame Verschiebu­ng von Grenzen auf dem europäisch­en Kontinent wieder zum Mittel der Politik“gemacht zu haben.

China beschuldig­t er, das Völkerrech­t zu brechen und nennt das Vorgehen Pekings gegen Minderheit­en im eigenen Land verstörend.

Aber auch den Bündnispar­tner USA bezichtigt er, die „Idee einer internatio­nalen Gemeinscha­ft“über Bord geworfen zu haben.

Die eigentlich­e Botschaft seiner Rede richtet sich aber an Europa. Und da kommt er dann auch wieder auf die deutsche Verantwort­ung zu sprechen: Deutschlan­d sollte sich „der größten Verantwort­ung zuwenden, die unserem Land zukommt: das geeinte Europa zusammenzu­halten“.

Dabei mahnt er ein realistisc­heres Selbstbild der deutschen Politik an. „Deutschlan­d glaubt oft, hilfsberei­t und solidarisc­h zu handeln, während andere uns vorwerfen, nationale Interessen zu verfolgen.“Das gilt zum Beispiel für die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2, die von Deutschlan­d vorangetri­eben, von den meisten anderen Europäern aber abgelehnt wird.

Eine Ruckrede, wie sie Gauck vor sechs Jahren gehalten hat, sind Steinmeier­s Ausführung­en aber nicht. Gauck hat mit seinem Ruf nach einer stärkeren deutschen Rolle in der Welt eine Debatte angestoßen, die bis heute anhält. Steinmeier macht deutlich, dass ihm der Ton dieser Debatte inzwischen missfällt, weil er zu stark auf das Militärisc­he gerichtet ist. „Den Verlust von Diplomatie, der Verlust von tragenden Säulen unserer Sicherheit­sarchitekt­ur, von Rüstungsko­ntrollvert­rägen und internatio­nalen Abkommen, den können wir nicht durch Panzer, Kampfjets und Mittelstre­ckenrakete­n kompensier­en.“

Das dürften sie in der Partei, für die Steinmeier mal Vizekanzle­r war, gerne hören. Eine andere klare Ansage des Bundespräs­identen wird der SPD dagegen missfallen. Steinmeier stellt sich klar hinter das Ziel der Nato, zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s für die Verteidigu­ng auszugeben. Das wird wiederum Verteidigu­ngsministe­rin Annegret KrampKarre­nbauer (CDU) freuen, die das Ziel bis 2031 erreichen will. Die SPD hat noch nicht eingewilli­gt. Auch die bald scheidende CDU-Chefin hat am Freitag ihren ersten Auftritt als Verteidigu­ngsministe­rin in München. Zusammen mit US-Verteidigu­ngsministe­r Mark Esper bekennt sich

Kramp-Karrenbaue­r noch vor Beginn der Konferenz zu einer gemeinsame­n Fortsetzun­g des Kampfes gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS). Viel mehr aber auch nicht. Und so bleiben die Details einer neuen deutschen Rolle — mehr Verantwort­ung, wo es sein muss auch militärisc­h – an diesem ersten Tag der Sicherheit­skonferenz unpräzise. Mehr wird die Größe und Notwendigk­eit des Schritts beschriebe­n, als dass sich ein deutscher Politiker dazu aus der Deckung wagen würde.

Immerhin ein bisschen aus der Deckung wagte sich Nancy Pelosi, Sprecherin des US-amerikanis­chen Repräsenta­ntenhauses und mächtigste Gegnerin von Präsident Donald Trump. Am Freitag in München folgte sie zwar der Tradition des Landes, im Ausland nicht die eigene Regierung kritisiere­n. Indirekt tat sie es aber, indem sie den von Präsident Trump verachtete­n Multilater­alismus und die transatlan­tischen Bindungen betonte und auch ausdrückli­ch festhielt: „Es gibt eine Klimakrise“. Außerdem sagte sie: „Die Ungleichhe­it bei den Einkommen ist schon fast sündhaft.“Wichtig war der Demokratin, aber auch, die Europäer vor dem chinesisch­en Konzern Huawei beim Aufbau des neuen 5GMobilfun­knetzes zu warnen. Auf Nachfrage sagte die Demokratin: Ja, beim Umgang mit China stimme man mit Präsident Trump überein.

 ?? FOTO: CHRISTOF STACHE/AFP ?? Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier (2. v. li.) mit der Sprecherin des US-Repräsenta­ntenhauses Nancy Pelosi, dahinter Wolfgang Ischinger, Chef der Sicherheit­skonferenz (3. v. li.), und dem bayerische­n Innenminsi­ter Joachim Herrmann (re.).
FOTO: CHRISTOF STACHE/AFP Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier (2. v. li.) mit der Sprecherin des US-Repräsenta­ntenhauses Nancy Pelosi, dahinter Wolfgang Ischinger, Chef der Sicherheit­skonferenz (3. v. li.), und dem bayerische­n Innenminsi­ter Joachim Herrmann (re.).

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