Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Merz bei Umfrage vorn
Kramp-Karrenbauer will CDU-Vorsitz bis Sommer klären
BERLIN (dpa/sz) - Die scheidende CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will noch vor der Sommerpause geklärt haben, wer ihr im Amt des Parteivorsitzenden nachfolgen soll. Das erklärte sie am Abend in den ARD-Tagesthemen. Außerdem wolle sie in der kommenden Woche mit den drei Kandidaten sprechen. Als potenzielle Nachfolger werden Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet
gehandelt. Im aktuellen ARDDeutschlandtrend, in dem unter Unionsanhängern nach dem besten Kanzlerkandidaten gefragt wurde, lag Merz vorn. Sieben von zehn Befragten halten ihn für einen guten Kandidaten. Dahinter folgen Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (53 Prozent), Laschet (43) und Spahn (24).
Derweil hat Mike Mohring infolge des Wahldebakels angekündigt, auch als CDU-Landeschef in Thüringen zurückzutreten.
MÜNCHEN (dpa) - Es dauert nur wenige Sekunden, bis Frank-Walter Steinmeier auf das zu sprechen kommt, auf das viele im Publikum warten: Deutschlands außenpolitische Verantwortung. Vor sechs Jahren hatte er auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine denkwürdige Rede zu diesem Thema gehalten. „Deutschland ist zu groß, um Außenpolitik nur von der Seitenlinie zu kommentieren“, sagte er damals im Einklang mit dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck, der sich in einer Art Ruckrede für mehr deutsche Einmischung in die Weltpolitik einsetzte.
An diesem Freitag warten alle darauf, dass Steinmeier Bilanz zieht. Tut er aber nicht. Das Wort Verantwortung kommt zwar 17-mal in seiner 30-minütigen Rede vor. Der Blick zurück auf die vergangenen sechs Jahre fehlt aber. Steinmeier will nicht beurteilen, was er selbst bis 2017 als Außenminister oder andere nach ihm getan oder nicht getan haben. Er schaut lieber auf die Gegenwart und in die Zukunft.
Steinmeiers Bestandsaufnahme fällt recht düster aus: „Wir werden heute Zeugen einer zunehmend destruktiven Dynamik der Weltpolitik. Vom Ziel einer internationalen Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von Jahr zu Jahr weiter.“Seine Kritik an den Verantwortlichen für diese Lage macht er für einen Bundespräsidenten ungewöhnlich konkret:
Russland wirft er vor, „militärische Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder zum Mittel der Politik“gemacht zu haben.
China beschuldigt er, das Völkerrecht zu brechen und nennt das Vorgehen Pekings gegen Minderheiten im eigenen Land verstörend.
Aber auch den Bündnispartner USA bezichtigt er, die „Idee einer internationalen Gemeinschaft“über Bord geworfen zu haben.
Die eigentliche Botschaft seiner Rede richtet sich aber an Europa. Und da kommt er dann auch wieder auf die deutsche Verantwortung zu sprechen: Deutschland sollte sich „der größten Verantwortung zuwenden, die unserem Land zukommt: das geeinte Europa zusammenzuhalten“.
Dabei mahnt er ein realistischeres Selbstbild der deutschen Politik an. „Deutschland glaubt oft, hilfsbereit und solidarisch zu handeln, während andere uns vorwerfen, nationale Interessen zu verfolgen.“Das gilt zum Beispiel für die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2, die von Deutschland vorangetrieben, von den meisten anderen Europäern aber abgelehnt wird.
Eine Ruckrede, wie sie Gauck vor sechs Jahren gehalten hat, sind Steinmeiers Ausführungen aber nicht. Gauck hat mit seinem Ruf nach einer stärkeren deutschen Rolle in der Welt eine Debatte angestoßen, die bis heute anhält. Steinmeier macht deutlich, dass ihm der Ton dieser Debatte inzwischen missfällt, weil er zu stark auf das Militärische gerichtet ist. „Den Verlust von Diplomatie, der Verlust von tragenden Säulen unserer Sicherheitsarchitektur, von Rüstungskontrollverträgen und internationalen Abkommen, den können wir nicht durch Panzer, Kampfjets und Mittelstreckenraketen kompensieren.“
Das dürften sie in der Partei, für die Steinmeier mal Vizekanzler war, gerne hören. Eine andere klare Ansage des Bundespräsidenten wird der SPD dagegen missfallen. Steinmeier stellt sich klar hinter das Ziel der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Das wird wiederum Verteidigungsministerin Annegret KrampKarrenbauer (CDU) freuen, die das Ziel bis 2031 erreichen will. Die SPD hat noch nicht eingewilligt. Auch die bald scheidende CDU-Chefin hat am Freitag ihren ersten Auftritt als Verteidigungsministerin in München. Zusammen mit US-Verteidigungsminister Mark Esper bekennt sich
Kramp-Karrenbauer noch vor Beginn der Konferenz zu einer gemeinsamen Fortsetzung des Kampfes gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS). Viel mehr aber auch nicht. Und so bleiben die Details einer neuen deutschen Rolle — mehr Verantwortung, wo es sein muss auch militärisch – an diesem ersten Tag der Sicherheitskonferenz unpräzise. Mehr wird die Größe und Notwendigkeit des Schritts beschrieben, als dass sich ein deutscher Politiker dazu aus der Deckung wagen würde.
Immerhin ein bisschen aus der Deckung wagte sich Nancy Pelosi, Sprecherin des US-amerikanischen Repräsentantenhauses und mächtigste Gegnerin von Präsident Donald Trump. Am Freitag in München folgte sie zwar der Tradition des Landes, im Ausland nicht die eigene Regierung kritisieren. Indirekt tat sie es aber, indem sie den von Präsident Trump verachteten Multilateralismus und die transatlantischen Bindungen betonte und auch ausdrücklich festhielt: „Es gibt eine Klimakrise“. Außerdem sagte sie: „Die Ungleichheit bei den Einkommen ist schon fast sündhaft.“Wichtig war der Demokratin, aber auch, die Europäer vor dem chinesischen Konzern Huawei beim Aufbau des neuen 5GMobilfunknetzes zu warnen. Auf Nachfrage sagte die Demokratin: Ja, beim Umgang mit China stimme man mit Präsident Trump überein.