Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bundesrat vertagt Beschluss zur Haltung von Schweinen und Kühen
Länder bei Nutztierregeln zerstritten – Mehr Geld für Regionalverkehr – Mehr Polizeirechte bei Suche nach Pädophilen
GBERLIN - So was hat auch der Bundesrat wohl noch nicht gesehen: Während 15 Bundesländer ihre Sitze in der ersten Reihe mit Regierungschefs und Ministern besetzt hatten, blieb Thüringens Chefplatz leer. Der geschäftsführende Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) war der Länderkammer ferngeblieben. Die Verbliebenen beschlossen einiges – und vertagten ein Thema:
Straßenverkehr: Beim Überholen von Radfahrern gelten für Autofahrer künftig größere Mindestabstände. Auch winkte der Bundesrat höhere Strafen für das Parken in zweiter Reihe und auf Geh- und Radwegen durch. Keine Zustimmung bekam der Vorstoß für ein Tempolimit auf Autobahnen.
GVon Klaus Wieschemeyer
Nutztiere: Das Streitthema wurde vertagt, weil sich die Länder trotz langer Verhandlungen nicht auf einen Kompromiss einigen konnten: Umstritten sind die Sauenhaltung im Kastenstand und die Anbindehaltung von Kühen. Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) bedauerte die Nicht-Einigung. „Ein Beschluss hätte endlich für Planungssicherheit unserer Nutztierhalter gesorgt“, sagte er. Nun werde man die gewonnene Zeit „intensiv nutzen“, um für die Belange der Betriebe zu werben, so Hauk weiter. Die Zeit drängt: Kommt es zu keiner Einigung, droht einigen Landwirten ein Verbot von Schweine- und Kuhhaltung.
GWölfe: Der Abschuss auffälliger Tiere wird erleichtert, muss aber weiter einzeln genehmigt werden.
GKindesmissbrauch: Wenn Pädophile im Internet Kontakt zu Kindern suchen, haben es verdeckte Ermittler oft schwer. Künftig dürfen sich die Polizisten online als Minderjährige ausgeben, um Täter zu finden. Zudem dürfen sie auf geschlossenen Tauschplattformen Missbrauchsvideos hochladen, um Zugang zu Pädophilennetzwerken zu bekommen, beschloss der Bundesrat. Verurteilungen wegen Kindesmissbrauchs sollen nach Forderung der Länderkammer künftig lebenslang im erweiterten Führungszeugnis der Täter stehen. Erwachsene, die sich in Chats als Kinder ausgeben, um sexuellen Kontakt zu Minderjährigen zu bekommen, machen sich strafbar.
GWindräder: Windräder sollen nachts nur noch blinken, wenn sich Flugzeuge nähern.
GÖffentlicher Nahverkehr: Der Bund stockt die Mittel für Bahnhöfe und Haltestellen massiv auf. Auch gibt es mehr Regionalmittel für den Ausbau des Schienenverkehrs. Bei den Regionalmitteln hatte es bis kurz vor der Sitzung noch Streit gegeben:
GUnter anderem hatte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) beklagt, dass den Ländern viel Geld durch höhere Trassenentgelte umgehend wieder abgenommen würde. Hier will der Bund nun nachbessern.
Organspende: Bürger sollen häufiger auf das Thema angesprochen werden. Die Organentnahme bleibt aber nur mit ausdrücklicher Zustimmung erlaubt.
GHasskriminalität: Der Bundesrat will neue Identifizierungspflichten im Internet prüfen. So sollen Urheber von Hasskriminalität einfacher gefunden werden. Außerdem sollen sich Nutzer von Netzwerken und Gaming-Plattformen mit echten Personaldaten anmelden. Ob die Idee eine Mehrheit findet, ist unklar.
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