Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bundestag verschärft Mietpreisbremse
Zu viel gezahlte Miete kann künftig auch rückwirkend eingefordert werden
BERLIN (dpa/sz) - Der Bundestag hat angesichts der anhaltenden Wohnungsnot die Mietpreisbremse um fünf Jahre verlängert und zudem verschärft. Künftig können Mieter zu viel gezahlte Miete erstmals auch rückwirkend für bis zu zweieinhalb Jahre zurückfordern. Wo die Preisbremse gilt, darf ein Vermieter beim Bewohnerwechsel in der Regel maximal zehn Prozent mehr als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Das soll vor allem in Ballungsgebieten den Anstieg der Mieten bremsen.
Die bisherige Regelung wäre in wenigen Wochen ausgelaufen, die neue soll bis längstens Ende 2025 gelten. Bundesverbraucherministerin Christine Lambrecht (SPD) nannte die Verlängerung eine „ganz wichtige Weichenstellung“. Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind weiter Neubauten und möblierte oder umfassend modernisierte Wohnungen. Das Instrument gilt in stark nachgefragten Gegenden wie vielen Großstädten und begehrten Gemeinden im Umland. Ein Eilantrag gegen den Berliner Mietendeckel wurde in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als unzulässig verworfen.
Nach Einschätzung der Bundesregierung hat die Mietpreisbremse den Anstieg der Mieten in den vergangenen Jahren moderat verlangsamt. Erhebungen des Deutschen Mieterbunds zufolge hielten sich viele Vermieter jedoch nicht an die Begrenzung – auch, weil sie keine Strafen fürchten müssen. Gerade in den Großstädten, wo die Konkurrenz um Wohnungen groß ist, scheuen viele Menschen Konflikte mit Vermietern. Bisher mussten diese zu viel erhaltenes Geld auch nicht zurückzahlen. Die Miete wurde nur ab dem Zeitpunkt angepasst, zu dem der Mieter eine Rüge ausgesprochen hatte. Das ändert sich nun.
Der Mieterbund begrüßte die Verschärfung, kritisierte aber, sie gehe nicht weit genug. Die Mietpreisbremse müsse bundesweit gelten und nicht nur in angespannten Wohnungsmärkten, erklärte Präsident Lukas Siebenkotten. Er forderte von der Bundesregierung auch wirksame Maßnahmen gegen Mietsteigerungen in bestehenden Verträgen. So sollten Erhöhungen binnen drei Jahren auf sechs Prozent begrenzt werden.
Der Immobilienverband IVD, der etwa Makler, Sachverständige und Wohnungsverwalter vertritt, reagierte hingegen mit scharfer Kritik. „Die Politik dreht die Regulierungsschraube solange weiter, bis irgendwann der Markt komplett zum Erliegen kommt“, sagte IVD-Präsident Jürgen Michael Schick. Mietpreisbremse, Mietendeckel oder ein Mietenstopp seien Teile „einer immer mehr ausufernden staatlichen Interventionsspirale, die vom eigenen politischen Versagen auf dem Wohnungsmarkt ablenken soll“.
Baden-Württembergs Wirtschaftsund Wohnungsbauministerin Nicole Hoffmeister-Kraut begrüßte den Bundestagsbeschluss. „Die heute beschlossene Verlängerung des Geltungszeitraums der Mietpreisbremse um weitere fünf Jahre bis 2025 halte ich für einen richtigen Schritt“, sagte die CDU-Politikerin und verwies auf die Landesverordnung zur Mietpreisbremse, durch die Mieterhaushalte nicht über Gebühr belastet würden. Der Verordnungsentwurf mit einer der aktuellen Lage auf den Wohnungsmärkten angepassten Gebietskulisse sei in den letzten Zügen. „Wir werden ihn zeitnah ins Kabinett bringen und die Anhörung einleiten, sodass die Verordnung noch im ersten Halbjahr in Kraft treten kann“, kündigte Hoffmeister-Kraut an.
Die rückwirkende Rückzahlungspflicht einer überhöhten Miete durch den Vermieter ist laut HoffmeisterKraut „ein tragbarer Kompromiss“, doch der beste Schutz vor hohen Mieten sei, ein möglichst großes Angebot an Wohnraum. Hierzu müssten sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene mehr Investitionsanreize zum Bauen geschaffen werden.
Die Landesregierung hat in dieser Woche ein neues Wohnraumförderprogramm auf den Weg gebracht und setzt darauf, mit neuen Förderangeboten schnell ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Das ist der richtige Weg. Damit schaffen wir wichtige Anreize, um den Wohnungsbau im Land weiter nachhaltig anzukurbeln“, so die Ministerin.