Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Hirschlatter fühlen sich überrollt und wollen mitreden
Landwirtschaftliche Betriebe fürchten um Existenz – Restaurantbetreiber protestiert
Von Ralf Schäfer
GFRIEDRICHSHAFEN - Begeistert ist in Hirschlatt niemand über die Pläne, ein Gewerbegebiet direkt neben die Ortschaft zu bauen. Vor allem fragen die Bürger sich hier, warum darüber zuvor nie diskutiert wurde.
Im Restaurant „Rössle“treffen sich die jungen Hirschlatter, ein Stammtisch von Hirschlatter Bürgern, die vielfach die Nachfolge in den landwirtschaftlichen Familienbetrieben antreten. „Wir haben hier viele Betriebe, die Nachfolger haben und die sich orientieren müssen“, sagt Roland Lanz. Auch sein Sohn ist bei den jungen Hirschlattern dabei und ist in die Nachfolge des Hofes eingetreten. Von dem möglichen Gewerbegebiet ist Roland Lanz nicht begeistert. Er lehnt es aber auch nicht kategorisch ab. Ebenso wie sein Sohn Sebastian und die jungen Hirschlatter. Sie wollen darüber diskutieren.
„Wir sind hier auch Friedrichshafener. Warum ist über einen solchen Plan vorher nie gesprochen worden? Das muss doch diskutiert werden“, sagt er. Dass man in Friedrichshafen Gewerbeflächen brauche, darüber sei man sich einig, auch in Hirschlatt. Richtung See gehe schließlich nichts, aber eine solche Fläche mit rund 30 Hektar nach Hirschlatt zu verlegen, sei auch ein Ding der Unmöglichkeit.
In Hirschlatt gebe es einige landwirtschaftliche Betriebe mit Nachwuchs und Folgeunternehmen. Ein Umstand, der ansonsten bei Klein- und Mittelstandsunternehmen ganz und gar nicht selbstverständlich ist.
Man habe eine Durchfahrtsstraße, die bei Messen bereits hemmungslos verstopft sei. Wenn jetzt 30 Hektar mit einer geschätzten Arbeitsplatzzahl
von 6000 Stellen nach Hirschlatt kämen, breche nicht nur der Verkehr zusammen, auch die Folgebetriebe hätten keinerlei Chancen mehr. „Wir müssen einen Kompromiss finden. Das Gewerbe der Stadt muss sich entwickeln können, aber auch die landwirtschaftlichen Betriebe haben ihre Daseinsberechtigung“, so Lanz. Die Landwirte in Hirschlatt haben eigene Bienenstöcke, beteiligen sich am Programm „Blühende Wiese“, in dem sie Randstreifen von mehreren Hektar in Blumenwiesen verwandeln und damit die Biodiversität fördern.
Aber jetzt fühlen sie sich übergangen, von Entscheidungen überrollt, ohne mitreden zu können. So ähnlich geht es auch Vincent Skenderi, Betreiber des Restaurants Rössle. Er ist allerdings strikt gegen ein Gewerbegebiet in Hirschlatt. „Ich bin generell dagegen, wenn Bäume gefällt werden. Das kann so nicht weitergehen mit der Zerstörung der Natur.“