Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mit dem W11 auf Schumis Spuren
Wie Mercedes und Lewis Hamilton eine Saison für die Geschichtsbücher vorbereiten
SILVERSTONE (SID/dpa) - Lewis Hamilton straffte sich kurz, lächelte milde – und ließ die jüngsten Kampfansagen der aufmüpfigen Konkurrenz dann einfach ins Leere laufen. „Ich finde es lustig, so etwas zu sehen.“Kampfansagen seien für ihn „ein Zeichen der Schwäche“, sagte der sechsmalige Formel-1-Weltmeister und Mercedes-Star: „Ich bin dafür bekannt, meine Antworten auf der Strecke zu geben.“
Wenig später stieg der SerienWeltmeister dann erstmals in seinen neuen Dienstwagen. Der W11 getaufte Bolide wurde am Freitag an der Rennstrecke in Silverstone präsentiert, dieser Silberpfeil soll in den kommenden Monaten die Rekorde Michael Schumachers brechen – doch bevor die ersten Kilometer absolviert waren, hatte Hamilton seine Botschaft bereits gesendet: Der Platzhirsch fürchtet die jungen Herausforderer nicht. Und er lässt sich nicht provozieren.
Vor allem Max Verstappen darf sich angesprochen fühlen. Der Niederländer will im Red Bull endlich zum ernsthaften Titelkandidaten werden und hatte das zuletzt deutlich gemacht. „Lewis ist sehr gut, er ist ganz bestimmt einer der Besten, aber er ist nicht Gott“, sagte Verstappen. „Vielleicht ist Gott mit ihm, aber er ist nicht Gott.“
2019 waren Hamilton und Mercedes souverän zum Titel gerast. Die am 15. März mit dem Rennen in Australien beginnende Saison 2020 könnte nun eine für die Geschichtsbücher werden: Mit seinem siebten WM-Titel würde Hamilton die Bestmarke Schumachers einstellen. Zudem kann der Engländer in dieser Saison auch dessen Rekordmarken bei den meisten Siegen (91) und den meisten Podien (155) übertreffen.
„Ich spüre aber noch keinen Druck“, sagte Hamilton, der in diesem Winter an seiner körperlichen Fitness arbeitete. Bei 73 Kilogramm liege er nun, teilte Hamilton in den sozialen Netzwerken mit. Fünf Kilo mehr seien es zum Jahresstart 2019 gewesen. „Das war einer der besten Winter, den ich mit Training verbracht habe“, schrieb er nun. Im vergangenen Jahr habe er, auch damals das Gegenteil von füllig, „nicht in den Sitz“gepasst, das Auto habe aufwendig umgebaut werden müssen. Und außerdem: „Ich genieße diesen Moment. Es wurde monatelang an diesem Auto gearbeitet, und heute dürfen wir erstmals seine Flügel ausbreiten. Das ist ein Privileg.“
Als größte Konkurrenten im Titelkampf sieht Hamilton „die üblichen Jungs“und ausdrücklich auch seinen Teamkollegen Valtteri Bottas. Der finnische Vizeweltmeister ging am Freitag als Erster im neuen Auto auf die Strecke. Neben Verstappen darf grundsätzlich Ferrari mit Sebastian Vettel und Charles Leclerc zugetraut werden, Mercedes herauszufordern. In gewisser Hinsicht ist das Team mit dem Stern der Scuderia aber schon wieder ein Stück voraus. Anders als Ferrari, das seinen SF1000 lediglich enthüllt hatte, absolvierte Mercedes gleich am Tag der Vorstellung die ersten Runden.
„Es geht darum, die ersten Kilometer zu sammeln und ein Gefühl für das Auto zu gewinnen“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, „um dann gut vorbereitet nach Barcelona zu fahren.“Dort starten am kommenden Mittwoch die ersten offiziellen Testfahrten.