Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Hollands königliche Wartesäle können vom gemeinen Volk besichtigt werden
In den Bahnhöfen von Amsterdam, Den Haag und Baarn haben die Architekten royale Räume eingeplant und mit allem Pomp für die Hoheiten ausgestattet
Von Bernd F. Meier
GAMSTERDAM - An drei niederländischen Bahnhöfen lassen sich geheime Räume entdecken – die exklusiven Wartesäle für die Königsfamilie.
Im königlichen Wartesaal des Amsterdamer Hauptbahnhofes herrscht royale Ruhe. „Kaum ein Reisender weiß, was sich hinter dem goldenen Gittertor an Gleis 2b verbirgt“, sagt Paula van Dijk. Die Architekturund Kunsthistorikerin führt Besucher durch die Koninklijke Wachtkamer, den Königlichen Wartesaal. König Wilhelm I. hatte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Eisenbahnbau und die Holländische Eisenbahngesellschaft investiert. Für den Neubau des Amsterdamer Hauptbahnhofes plante Architekt
Pierre Cuypers ab 1875 also gleich einen königlichen Wartesaal mit ein – samt überdachter Einfahrt für die royale Kutsche.
Die Koninklijke Wachtkamer ist mehr Saal als Kammer, das Innere geplant von dem österreichischen Dekorationsmaler Georg Sturm. Malereien an den Wänden zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie, dicke Teppiche mit dem Oranjeboom als Zeichen des Königshauses federn jeden Schritt weich ab.
Der Königliche Wartesaal im Amsterdamer Hauptbahnhof ist einer von insgesamt drei Wachtkamern in den Niederlanden. Auch in den Stationen Den Haag HS und in Baarn bei Utrecht gibt es die speziellen Räumlichkeiten für das Königshaus. „Der Warteraum in Baarn ist sehr klein, entsprechend der Größe des Stationsgebäudes“, erklärt Paula van Dijk. Doch es könne durchaus sein, das die Königsfamilie von hier aus eine Zugreise antritt. Ihre Residenzen Palais Soestdijk und das Schlösschen Drakensteyn liegen auf dem Gemeindegebiet von Baarn.
Die Königstreuen in Den Haag können auf den Spuren der niederländischen Herrscherfamilie durch die Stadt wandeln. Zwei Stunden etwa dauert der Spaziergang. Er führt vom Binnenhof, Sitz des Parlamentes, hinüber zur Lange Voorhout. Im 17. und 18. Jahrhundert ließen sich dort Höflinge und Lobbyisten prachtvolle Stadtvillen errichten. Heute sind hier Banken, Botschaften und das „Hotel Des Indes“angesiedelt.
Der Königliche Wartesaal im Bahnhof kann hin und wieder besichtigt werden. 1843 wurde die Station mit der Wachtkamer eröffnet. Im Stil des Neo-Klassizismus erbaut, gilt der Bahnhof mit seinem Bogendach heute als eines der schönsten Bauwerke aus dieser Zeit in Den Haag. Von hier aus ist die königliche Familie in so manchen Wintern mit ihren Salonwagen zum Skiurlaub nach Lech am Arlberg aufgebrochen. Die Salonwagen sind heute im Eisenbahnmuseum Utrecht abgestellt.
Über die Agentur Culturele Agenda kann man begleitete Touren in die Wartesäle buchen, Tel.: 0031 20/6 20 81 12, Internet: