Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Thüringen in der Sackgasse
Wie es nach der Absage von Christine Lieberknecht als Übergangs-Ministerpräsidentin weitergeht
ERFURT (dpa) - Seit Wochen sorgt Thüringen für politische Beben – und Kopfschütteln. Nun wirkt es so, als habe sich die politische Debatte über Wege aus der Regierungskrise zurück auf Anfang bewegt. Der Vorschlag des linken Ex-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow, eine rot-rotgrüne Übergangsregierung unter seiner CDU-Amtsvorgängerin Christine Lieberknecht zu installieren und dann schnell neu zu wählen, ist am Mittwoch gescheitert. Lieberknecht zog ihre Bereitschaft zurück.
Was sind die Alternativen?
Zum einen die von der CDU abgelehnte Neuwahl. Zum anderen eine Wahl des Linke-Politikers Ramelow zum Ministerpräsidenten, bei der die CDU mindestens vier Stimmen beisteuert, damit der 64-Jährige im ersten Wahlgang durchkommt und nicht auf AfD-Stimmen angewiesen ist. Linke, SPD und Grüne haben im Parlament 42 Stimmen, die Mehrheit liegt bei 46.
GBewegt sich die CDU nun auf die Linke zu?
Am Mittwoch gab es Signale dafür – auch nach einem Appell von Lieberknecht. Die erfahrene Thüringer Landespolitikerin sagte: „Wer keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow zu einer Mehrheit im Landtag verhelfen.“Lieberknecht, die in Thüringen seit 1990 auch Ministerin, Landtagspräsidentin
Gund Parteichefin war, forderte ihre Partei auf, eine „verlässliche parlamentarische Vereinbarung mit der Linken“zu schließen.
Rief sie damit zum Tabubruch auf ? Ja. Auf dem Hamburger Parteitag 2018 hatte die Partei beschlossen: „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“Aber die Stimmen in der Thüringer CDU, die eine Lockerung in Richtung Linke wollen, werden deutlicher. CDU-Chef Mohring, der bereits nach der Landtagswahl Gespräche mit Ramelow wollte, fordert jetzt für die Landesverbände seiner Partei mehr Entscheidungsspielraum. Er stimme mit Lieberknecht überein, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Lebenswirklichkeit in einigen Bundesländern nicht übereinstimme, sagte er. Damit lehnte sich Mohring, der in den kommenden Wochen aus seinen
GÄmtern ausscheiden will, weit aus dem Fenster.
Wie reagierte die Bundespartei? Zunächst gar nicht. Eine Reaktion gab es von CSU-Chef Markus Söder. Die CDU habe sich mit ihrer Absage an eine Übergangsregierung unter Führung von Lieberknecht keinen Gefallen getan. „Zu Thüringen fällt mir gar nicht mehr viel ein“, sagte der bayerische Ministerpräsident dem ZDF. Es sei zwar richtig, dass die CDU sich weiter klar von der Linkspartei abgrenze, weil diese bis heute nicht erkläre, das die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei. „Ob die CDU-Antwort jedoch die taktisch beste war, darüber kann man streiten.“
GWas machen Linke, SPD und Grüne?
Sie pochen auf eine Neuwahl oder eine CDU-Unterstützung bei einer Wahl Ramelows. Darüber werde weiter hart mit der CDU verhandelt, sagte Grünen-Fraktionschef Dirk Adams.
G