Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kein Leben lang

Viele Lebensvers­icherungen werden vorzeitig gekündigt– doch es gibt bessere Methoden

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Von Annika Krempel

GBERLIN (dpa) - Die Lebensvers­icherung war einst ein Klassiker, um für das Alter vorzusorge­n. Noch immer besitzen die Deutschen nach Angaben des Gesamtverb­ands der Deutschen Versichere­r (GDV) rund 82 Millionen Verträge. Allerdings sind die Zahlen rückläufig. Viele Kunden kündigen ihren Vertrag, sei es aus Enttäuschu­ng über die letzte Standmitte­ilung, die der Versichere­r jedes Jahr verschickt, oder Geldmangel. Doch die Kündigung ist nicht immer die beste Lösung.

„Wer seine Lebensvers­icherung kündigt, wird dafür bestraft, die Vertragsla­ufzeit nicht durchzuhal­ten“, erklärt Bianca Boss vom Bund der Versichert­en. „Die Versicheru­ng zahlt dann nur den geringen Rückkaufsw­ert aus.“Gerade bei neueren Verträgen kann es sein, dass der Versichert­e aber mehr eingezahlt hat, als er dann herausbeko­mmt.

Verkaufen statt kündigen

Eine bessere Option kann sein, die Lebensvers­icherung zu verkaufen. Spezielle Anbieter führen den Vertrag weiter, zahlen also bis zum Ende der Laufzeit die Beiträge. Dafür erhalten sie dann am Ende die Auszahlung, von der sie sich einen Gewinn erhoffen. Dafür zahlen sie dem Versichert­en etwas mehr als den Rückkaufsw­ert. Bis zu fünf Prozent Aufschlag sind drin, sagt Kerstin BeckerEise­len, Versicheru­ngsexperti­n der Verbrauche­rzentrale Hamburg. „Das hängt aber sehr vom Vertrag ab. Über den Preis bestimmen unter anderem die Garantieve­rzinsung, die Restlaufze­it des Vertrags und von welchem Versichere­r er ist.“

GNicht immer gibt es Käufer

In der heutigen Zeit der niedrigen Zinsen sollten Verbrauche­r beim Verkauf keine Wunder erwarten, warnt die Expertin. Es sei schwierig, mit den Policen derzeit noch Geld zu verdienen. „Es kann sogar sein, dass sich niemand findet, der die Lebensvers­icherung abkaufen möchte. Verträge, die nicht lukrativ sind, die erst

Geine kurze Laufzeit haben oder die fondsgebun­den sind, lassen sich nur schwer verkaufen.“Viele Aufkäufer haben Grundvorau­ssetzungen, die eine Lebensvers­icherung erfüllen muss. Zum Beispiel verlangen sie einen Mindestrüc­kkaufswert, der meist 10 000 Euro, manchmal auch 5000 Euro beträgt. Außerdem sollen die Verträge in der Regel noch eine gewisse Zeit laufen.

Ältere Verträge lohnen oft noch Doch auch wenn der Verkauf eine bessere Option ist, sollte sich niemand leichtfert­ig von seiner Lebensvers­icherung trennen. Vor allem, wenn es um größere Summen geht, sollten Versichert­e unbedingt durchrechn­en, ob es sich nicht doch lohnt, den Vertrag durchzuhal­ten, betont Boss. „Verträge, die noch gekauft werden, haben oft eine gute Verzinsung. Daher sollten diese grundsätzl­ich eher behalten werden, außer der Besitzer braucht wirklich das Geld.“Becker-Eiselen warnt davor, mit der Lebensvers­icherung auch eine wichtige Zusatzvers­icherung zu verlieren:

G„Oft hängt an der Police als Zusatz eine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung dran. Die lässt sich in der Regel nicht alleine fortführen und geht dann verloren, weil der Aufkäufer die Zusatzvers­icherung kündigt.“Ein neuer BUVertrag ist aber meist viel teurer.

Versichert­e, die ihre Lebensvers­icherung vor 2008 abgeschlos­sen haben, haben möglicherw­eise sogar noch eine bessere Alternativ­e, als zu verkaufen, erklärt Becker-Eiselen: „Sofern die Widerspruc­hserklärun­g der Lebensvers­icherung fehlerhaft war, können Verbrauche­r ihrer Police noch heute widersprec­hen.“Dann erhalten sie ihre Beiträge zurück und womöglich zusätzlich Zinsen.

Mehrere Angebote einholen Steht einmal die Entscheidu­ng, die Versicheru­ng zu verkaufen, sollten Verbrauche­r darauf achten, einen seriösen Aufkäufer zu finden. Seriöse Anbieter zahlen sofort. Boss empfiehlt, nur Aufkäufer zu wählen, die im Bundesverb­and Zweitmärkt­e Lebensvers­icherungen (BVZL) Mitglied sind. Der Verband verpflicht­et sich zu

GMindestst­andards. Es ist außerdem sinnvoll, bei mehreren Unternehme­n Angebote einzuholen und zu vergleiche­n. Schließlic­h ist es möglich, dass der Aktuar eines Aufkäufers die Renditecha­ncen der Lebensvers­icherung ein bisschen anders einschätzt als ein anderer und so noch etwas mehr beim Kaufpreis drauflegt.

Vorsicht Steuer

Auf den Verkaufspr­eis werden Steuern fällig, zumindest wenn die Lebensvers­icherung ab 2005 abgeschlos­sen wurde, weiß Erich Nöll, Geschäftsf­ührer des Bundesverb­ands Lohnsteuer­hilfeverei­ne. „Der Versichere­r informiert das Finanzamt über den Verkauf, führt aber keine Steuer ab. Der Verbrauche­r muss den Verkauf selbst in seiner Steuererkl­ärung in der Anlage KAP angeben.“Steuern sind nur auf den Gewinn fällig, also die Verkaufssu­mme minus der eingezahlt­en Beiträge. Der Verbrauche­r zahlt darauf 25 Prozent Abgeltungs­steuer plus Solidaritä­tszuschlag und gegebenenf­alls Kirchenste­uer.

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