Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Jack-London-Klassiker mit Harrison Ford

„Ruf der Wildnis“– Pathetisch­es und kitschiges Abenteuer mit Computerhu­nd

- Ruf der Wildnis.

EBritta Schultejan­s

Gin Hund, eine weite Reise und eine bedrohlich­e Wildnis: Der Jack-London-Klassiker „Ruf der Wildnis“kommt wieder ins Kino. Doch 85 Jahre nach der SchwarzWei­ß-Version mit Clark Gable und Loretta Young bewegt sich der Film leider auf sehr ausgetrete­nen Pfaden. Seine Disney-Herkunft merkt man ihm an – und das nicht im positiven Sinn.

Hauptfigur Buck ist in der modernen Version ein weitgehend computeran­imierter Riesenhund, der sehr menschlich­es Verhalten an den Tag legen kann. Der Bernhardin­er-Schäferhun­d-Mischling führt im warmen Kalifornie­n ein glückliche­s Leben als Hund einer wohlhabend­en Familie, die ihn nach Strich und Faden verwöhnt – bis Buck einmal zu weit geht und beim Familienfe­st die reich gedeckte Tafel zerlegt. Dafür bekommt er die Quittung: Er muss die Nacht auf der Veranda verbringen und gerät dort in die Fänge eines skrupellos­en Hundefänge­rs, der ihn als Schlittenh­und

in den hohen Norden verkauft, in eine Region im Goldrausch des späten 19. Jahrhunder­ts.

Dort sieht Buck zum ersten Mal Schnee und läuft auch zum ersten Mal John Thornton (Harrison Ford) über den Weg. Eine schicksalh­afte Begegnung, wie sich später herausstel­len soll. Aber vorher wird Buck noch Teil der Schlittenh­und-Gang des Postboten Perrault (Omar Sy), die durch die verschneit­e Wildnis hetzen, um die Briefe rechtzeiti­g ins Goldschürf­er-Dorf am Fluss Klondike zu bringen.

Nach einigen Schwierigk­eiten mit dem bisherigen Rudelführe­r Spitz übernimmt Buck schließlic­h das Kommando, rettet Frauchen aus einem vereisten See, die ganze Bande vor einer Lawine und sorgt dafür, dass die Post zum allererste­n Mal pünktlich ist. Ein wahrer HundeHeld, der sich auf seinen Instinkt verlässt – personifiz­iert durch ein schwarzes, wolfartige­s Tier, das durch seine Computeran­imation an den verwandelt­en Sirius Black im dritten Teil von Harry Potter erinnert.

Auch dieses Leben endet für Buck abrupt: Als Perrault seinen Dienst einstellen muss, fallen er und seine Hundefreun­de in die Hände des skrupellos­en und rettungslo­s vom Goldfieber ergriffene­n Hal (Dan Stevens), der bereit ist, die Hunde für seinen Reichtum zu opfern, dabei die

Rechnung aber ohne Thornton gemacht hat.

Um diese Geschichte zu erzählen, begibt Regisseur Chris Sanders sich auf sehr ausgetrete­ne Pfade. Denn bis auf die Technik ist an diesem Film, dessen Vorlage Jack London im Jahr 1903 nach seinen eigenen Erlebnisse­n im eisigen Alaska schrieb, überhaupt gar nichts modern. So pathetisch, kitschig und altbacken kommt er daher, dass er eher in die 1940er-Jahre passen würde als in die beginnende­n 20er des neuen Jahrtausen­ds.

Die menschlich­en Charaktere um den Hund herum sind so lieb- und charakterl­os, so schablonen­artig gezeichnet, dass es quälend ist. Der einzige Lichtblick sind die spektakulä­ren Landschaft­saufnahmen – wenn die denn wenigstens halbwegs echt sind. (dpa)

Regie: Chris Sanders. Mit Harrison Ford, Dan Stevens, Karen Gillan. USA 2020. 105 Minuten. FSK ab 6.

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